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Kritik an Wiener Bettelverbotsgesetz hält weiter an

(29.07.2010) Die Folgen des Bettelverbots sind die Verlagerung der sozialen Problematik und eine Kriminalisierung von Bedürftigen, kritisieren - zwei Monate nach dem in Kraft treten des Verbots des "gewerbsmäßigen Bettelns" - die Caritas und die "BettelLobbyWien".

Seit nunmehr zwei Monaten ist das Verbot des "gewerbsmäßigen Bettelns" in Wien in Kraft, das bei Verstoß mit 700 Euro Strafe oder einer Woche Freiheitsentzug geahndet wird. Trotz angeblich rückläufiger Bettlerzahlen hält die Kritik an dem Gesetz an. So erneuerte die Caritas ihre Kritik an einer unklaren Begriffsdefinition. "Durch ein gewerbsmäßigen Bettelverbot haben wir de facto ein generelles Bettelverbot", unterstrich der Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien, Werner Binnenstein-Bachstein, am Mittwoch, 28. Juli 2010.

 

Ein Verbot löst nicht das Problem

Für die Caritas stelle das neue Gesetzt keine Lösung des Problems von Armut und Obdachlosigkeit dar. Vielmehr sei die Politik aufgefordert, "hinzusehen und nicht die Augen zu verschließen", so der Sozialexperte. Der Pressesprecher der Wiener Caritas, Klaus Schwertner, fügte hinzu, dass es noch zu früh sei, um klare Veränderungen - also Verschlechterungen oder gar Verbesserungen - durch die neue Gesetzeslage zu attestieren.

Bereits im Vorfeld der Novelle zum Wiener Landessicherheitsgesetzes hatte der Wiener Caritasdirektor Michael Landau immer wieder gemahnt, Betteln als "sichtbarste Form der Armut" zu verstehen. Ein generelles Verbot löse laut Landau keine Probleme.

 

Unklare Begrifflichkeit

Kritik an der unklaren Begrifflichkeit äußerte auch der Theologe und Aktivist der "BettelLobbyWien", Ferdinand Koller. Indem gewerbsmäßige Bettelei als Initiative zur "Verschaffung einer fortlaufenden Einnahmequelle" verstanden werde, sei "eigentlich jede Form des Bettelns - nicht nur die angeblich gewerbsmäßige - verboten.

"Das Gesetz stellt eine willkürliche Aktion dar", so Koller. Tatsächlich seien viele Bettler von ihren bisherigen Standorten gewichen, von einer Bettelmafia - wie medial vereinzelt kolportiert - könne jedoch keine Rede sein.
 

Kinderhandel nimmt zu

Norbert Ceipek, Leiter des Opferschutzzentrums "Drehscheibe Augarten", das aufgegriffene bettelnde Kinder und Opfer von Menschenhandel betreut, betonte, dass es zwar einen Rückgang an bettelnden Kindern gebe, dies sei jedoch nur die halbe Wahrheit. So würden die Kinder stattdessen in die Kriminalität oder gar in die Kinderprostitution gedrängt, so Ceipek. Dies stelle die "Schattenseite" etwa des seit 2008 in Wien gültigen Bettelverbots für Kinder dar. So sei der Kinderhandel allein im Jahre 2009 etwa um 50 Prozent gestiegen.

Anders die Einschätzung von Seiten der Polizei: So sei laut Johann Golub von der Pressestelle der Wiener Polizei zu beobachten, "dass die gesetzliche Novellierung greifen dürfte". Es sei ein deutlicher Rückgang an Bettlern in Wien zu verzeichnen. Auch hat man von Seiten der Polizei offenbar kein Problem mit der von Caritas und "Bettel-Lobby" monierten Begriffsdefinition. Wer ständig immer am gleichen Ort bettelt, betreibe gewerbsmäßige Bettelei, heißt es von Seiten der Pressestelle der Polizei.

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