Im Hochbarock, um das Jahr 1700, war den Kunstschaffenden nichts zu ausschweifend und wenig zu prächtig. Die Herrscher regierten absolut, die katholische Kirche betrieb die Gegenreformation. Mit der Prachtentfaltung der Kunst verherrlichten sich die Fürsten selbst, die Kirche aber verherrlichte Gott. Eindrucksvolles Beispiel dafür ist das Stift Melk. "Es ist ein Audienzsaal Gottes", sagt Altabt Burkhard Ellegast. "Da war den Mönchen im Barock nichts schön und glänzend und golden genug."
Am 18. November 1700 wurde in Melk Berthold Dietmayr zum Abt gewählt. Er war erst 30 Jahre, doch er schmiedete große Pläne: Dietmayr wollte die religiöse, politische und geistige Bedeutung seines Klosters hervorstellen - und das weithin sichtbar durch einen Neubau. In Jakob Prandtauer fand er den Baumeisters seines Vertrauens. Doch nicht alle Melker Mönche waren von dieser Idee begeistert, sagt die Kunsthistorikerin Huberta Weigl. Unzufriedenheit machte sich unter ihnen breit: "In Melk probte der Konvent einen Aufstand gegen den Abt. Wer in Melk zu Baubeginn 1702 eintrat, lebte Zeit seines Lebens auf einer Baustelle. Da wurde sechs Tage lang gehämmert, die Mönche lebten im Staub und im Dreck." Andererseits brachte der Neubau den Benediktinern auch eine unglaubliche Verbesserung der Lebensqualität: Statt Schlafsäle aus dem Mittelalter bekamen sie eigene Zimmer, außerdem war das Stift endlich beheizbar.
Jakob Prandtauer wurde im Jahr 1660 in Stanz in Tirol geboren. Gesichert ist lediglich sein Taufdatum, der 16. Juli. "Man kann annehmen, dass er an diesem Tag oder etwas früher zur Welt kam", meint Huberta Weigl. Prandtauer war ein Bergbauernbub, der das Maurer- und Bildhauerhandwerk lernte. Wie es damals üblich war, ging er nach der Lehre auf Wanderschaft. 1689 kam er nach St. Pölten. Er arbeitete viel, baute Pfarr- und Gutshöfe, entwarf Brücken. Heute lebt er aber vor allem als Baumeister von Klöstern und Stiften weiter: Ab 1702 barockisierte er das Stift Melk, er plante außerdem die neue Wallfahrtsbasilika auf dem Sonntagberg, entwarf Kloster und Kirche für die Karmelitinnen in St. Pölten und baute die Klosteranlagen in St. Florian und in Garsten. Auch Herzogenburg und Kremsmünster entstanden auf seinem Reißbrett.
Zu Prandtauers 350. Geburtstag, der heuer begangen, sind ihm in der Prandtauerstadt St. Pölten drei Ausstellungen gewidmet: Im Stadtmuseum St. Pölten geht es um seine Profanbauten. Die sakralen Entwürfe zeigt das Dommuseum, dem "Leben im Barock" widmet sich die Ausstellung im niederösterreichischen Landesmuseum. Zusätzlich ist das Stift Melk mit der Schau " Happy Birthday Jakob Prandtauer" dem Meister auf der Spur.