Mittwoch 11. Dezember 2024
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Meine Frau hat Demenz

(16.03.2014) Gesprächsgruppe für betroffene Männer gegründet.

Wenn Männer ihre Partnerinnen pflegen, tun sie das aus Liebe, sagt Raphael Schönborn.  Gemeinsam mit der Caritas hat der diplomierte psychiatrische Gesundheits- und Krankenpfleger eine Gesprächsgruppe für Männer gegründet, deren Frau Demenz hat.


 

 

Josef liebt seine Frau. Von ganzem Herzen. Seit 1964 sind Trude und er verheiratet. „Glücklich“, wie er betont. Josef ist vor 15 Jahren mit 63 in Pension gegangen. Davor war er als Maschinenschlosser tätig. „Ich hab immer viel gearbeitet“, sagt er stolz: „Überstunden waren eine Selbstverständlichkeit. Ich wollte alles richtig machen und meiner Familie auch etwas bieten.“ Seine Frau Trude hat ihm, wie er sagt „immer den Rücken frei gehalten“. Hat den gemeinsamen Sohn praktisch im Alleingang erzogen. „Sie hat das großartig gemacht“, sagt Josef heute: „Ich konnte mich auf meine Arbeit konzentrieren, wusste immer, Trude hat alles im Griff.“


Vor 5 Jahren ist ihm das erste Mal aufgefallen, dass Trude Dinge vergisst. „Sie hat mir mehrmals hintereinander die gleiche Frage gestellt“, erzählt Josef. Dann fielen ihr einfache Worte nicht mehr ein. „Sie hat mich ,Kaffeeknödel‘ einkaufen geschickt, hat aber Kaffeebohnen gemeint“, erinnert sich Josef.


Josef geht mit Trude zum Arzt. Die Diagnose: Demenz. Der Arzt lässt Josef über die Prognose nicht im Dunkeln. „Es war uns von Anfang an bewusst, dass sich Trudes Zustand nicht mehr verbessern wird, nur noch verschlechtern“, sagt Josef.


Heute, einige Jahre nach der Diagnose, kann Trude kaum mehr etwas alleine machen – braucht fast überall Hilfe. Gepflegt wird sie von Josef. Tag für Tag und Nacht für Nacht. „Ich lieb sie halt“, sagt Josef mit einem Lächeln: „Sie war immer für mich da, da kann ich sie doch jetzt nicht im Stich lassen.“ Müde sei er zwar schon ab und zu, gibt Josef zu, aber er sei es ja gewohnt hart zu arbeiten. „Ich hab doch mein Leben lang nichts anderes gemacht.“


Stark unterschätzt

Wie Josef geht es allen Männern, die ihre Partnerinnen pflegen, weiß der psychiatrische Krankenpfleger Raphael Schönborn, der mit seinem Unternehmen für soziale Dienstleistungen speziell Menschen mit Demenz und deren pflegende Angehörige unterstützen möchte. „Wenn Männer Pflege oder Betreuung übernehmen, dann machen sie das aus Liebe“, sagt er: „Männer wollen etwas zurückgeben.“


In Österreich sind ein Viertel aller pflegenden Angehörigen heute Männer, in Deutschland ist es bereits ein Drittel. Trotzdem werden Männer in der Angehörigenpflege immer noch stark unterschätzt. „Pflegende Männer werden öffentlich nicht wahrgenommen und daraus folgt: wenn man sie nicht sieht, dann bekommen sie auch keine Aufmerksamkeit und nicht die Unterstützung, die sie brauchen“, weiß Raphael Schönborn. Zwar gäbe es natürlich Selbsthilfegruppen für Angehörige, aber die werden meist von Frauen besucht und die Themen, die besprochen werden, sind damit weiblich geprägt. „Da wird viel über Gefühle gesprochen und das schreckt Männer vorerst mal ab“, ist Raphael Schönborn überzeugt: „Männer sprechen lieber darüber, wie Pflege und Betreuung funktionieren, wie man einen reibungslosen Ablauf sichern kann.“ Über ihre Gefühle zu sprechen, Scham, Angst oder Überforderung zu thematisieren, sei für Männern genauso wichtig wie für Frauen, „allerdings liegen diese Themen unter der Oberfläche und da kann man erst heran, wenn ein Vertrauensverhältnis aufgebaut ist.“


Vor einigen Monaten hat Raphael Schönborn deshalb gemeinsam mit der psychosozialen Angehörigenberatung der Caritas eine Gesprächsgruppe nur für Männer deren Frau Demenz hat, ins Leben gerufen. Hier bekommen pflegende Männer all jene Informationen, die für sie wichtig sind, finden aber auch Ansprache und Unterstützung von Gleichgesinnten.  Wer Interesse hat, kann jederzeit zu dieser Gruppe dazu stoßen. Eine telefonische Anmeldung bei Raphael Schönborn erleichtert den Einstieg: „Wenn ich weiß, wo der pflegende Angehörige steht, wie es ihm geht und was er sich erhofft, kann ich ihn besser in die Gruppe einführen und er wird mehr für sich selbst mitnehmen können.“

     Andrea Harringer

 

 

Nähere Infos bei Raphael Schönborn Tel: 0680 / 501 63 09,

E-Mail: office@raphael-schoenborn.at

www.raphael-schoenborn.at

Kursangebot: Betreuende Angehörige entlasten

 

Einen Kurs zur Betreuung von Menschen mit Demenz für freiwillige Begleiterinnen und Begleiter bietet die Caritas der Erzdiözese Wien ab April. Das Kursangebot richtet sich an Frauen und Männer, die mithelfen wollen, betreuende Angehörige zu entlasten. Ziel des Kurses ist es, dass die Teilnehmenden lernen Menschen mit Demenz stundenweise zu beaufsichtigen und zu beschäftigen.


Der Kurs beginnt am 26. April und endet am 8. Juli. Die Einheiten finden an drei Samstagen sowie dienstags (17 bis 20 Uhr) statt. Die Teilnahme am Kurs setzt die Bereitschaft zur Mitarbeit im Freiwilligen-Begleitungsteam der Caritas voraus. Im Anschluss an den Kurs treffen sich die Teilnehmenden monatlich mit der Koordinatorin, regelmäßige Fortbildungen und Supervision sind selbstverständlich.


Veranstaltungsort: Servicestelle Angehörige und Demenz, Strozzig. 5, 1080 Wien,

 

Teilnahmegebühr: Euro 160,00 (wer als Freiwillige/Freiwilliger ein halbes Jahr mitarbeitet, bekommt die Hälfte refundiert).

 

Nähere Infos bei der Kursleiterin Christina Mittendorfer: Tel. 0664 / 621 72 30 oder E-Mail: christina.mittendorfer@caritas-wien.at

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