Das Interesse war enorm. Rund 100 Seelsorgerinnen und Seelsorger - Priester, Diakone, Pastoralassistentinnen - kamen am Freitag, 21. Februar, zum Studientag zum Thema „Konfrontation mit (sexualisierter) Gewalt in der Seelsorge“ ins Don Bosco Haus in Wien XIII.
Am Vormittag referierte der Theologe und Psychologe Wunibald Müller über psychische und menschliche Voraussetzungen für verantwortungsvollen Umgang mit Nähe und Distanz in der Seelsorge. Er sensibilisierte für mögliche Missbrauchssituationen.
Bei Diskussionen in Kleingruppen kam verbreitete Unsicherheit zur Sprache: Wie gehe ich damit um, wenn ein Jungscharkind mich umarmt? Wo ist die Grenze zu Missbrauch? Wunibald Müller erläuterte, Missbrauch sei eine Handlung, die vom Opfer nicht gewollt ist oder nicht kontrolliert werden kann. Es sei wichtig, sich selbst gut zu kennen und sich über seine Motive im Klaren zu sein. Bleibt eine Umarmung eine Umarmung, oder will einer von beiden mehr daraus machen?
Ein Teilnehmer, Gerold Braunsteiner, Psychotherapeut und Theologe, regte für Seelsorger mehr Selbsterfahrung und Supervision an. Mehrere Anwesende bedauerten, dass vor allem Priester das Angebot zur Supervision kaum wahrnähmen. Wunibald Müller bezeichnete Supervision als „Bereicherung, Privileg und ganz große Entlastung“.
Nachmittags sprach Téo van der Weele, Theologe, Seelsorger und Trauma-Therapeut, über seine pastorale Begleitung von Opfern sexuellen Missbrauchs. Sexuell missbraucht zu werden, sei das Schlimmste, das jemandem zustossen könne, meinte van der Weele. Die Opfer bräuchten viel Zeit zur Heilung. Wesentliche Elemente seiner Begleitung seien Zuhören und Segnen.
Am Studientag nahmen viele Priesterseminaristen und zukünftige Diakone teil. Markus Muth, Subregens des Erzbischöflichen Priesterseminars Wien, sagte, Selbsterfahrung und Supervision seien wichtig. Allerdings mache keine Ausbildung potentielle Täter unschädlich. Im Seminar spüre man die Verantwortung für die Auswahl. Man arbeite nicht mit einer Unterstellung, aber mit offenen Augen.
fis