Dr. Alfred Trendl Präsident des Katholischen Familienverbandes Österreich
Das Bildungsvolksbegehren ist momentan kein Thema (mehr), der nächste PISA-Test droht. Wie aktuell ist das KFÖ-Bildungsprogramm „Bildung jetzt!“? Warum geht nichts weiter?
Trendl: Das Ziel – gut ausgebildete, selbstbewusste junge Menschen – hängt nicht nur von Reformen in der Schule ab, sondern von der Prioritätensetzung in der ganzen Gesellschaft.
Bildung als hoher Wert ist in der Gesellschaft zu verankern und zu fördern. Einzelne Ziele sind:
Im Bildungsbereich setzt sich der Katholische Familienverband für umfassende Reformen ein:
Sie fordern eine Inflationsanpassung der Familienleistungen bzw. eine zehnprozentige Erhöhung der Familienbeihilfe. Gibt es positive politische Signale?
Trendl: So wichtig finanzielle Maßnahmen sind, zuerst sind der Wert von Familien und die Freude am Familienleben zu betonen. Familie zu leben ist sinnerfüllend, heißt Verantwortung für andere zu tragen und von diesen auch getragen zu werden.
Um einen Teil der vielfältigen Aufgaben abgelten zu können, die Familien für die Gesellschaft erbringen, gibt es Familienbeihilfe. Aber: Der Grundbetrag beläuft sich seit 11 Jahren unverändert auf 105,4 Euro.
Durch die fehlende Inflationsanpassung verliert die Familienbeihilfe ständig an Wert. Das ist ungerecht! Eine zehnprozentige Erhöhung der Familienbeihilfe – als erster Schritt – ist daher längst überfällig.
Sie fordern auch ein steuerfreies Existenzminimum für jedes Familienmitglied. Wie soll das konkret aussehen?
Trendl: Unser Steuersystem baut auf Leistung auf: Wer ein höheres Einkommen hat, zahlt mehr Steuern. Trotzdem ist das Existenzminimum eines jeden Steuerpflichtigen – derzeit 11.000 Euro pro Jahr – steuerfrei gestellt. Für Kinder muss ähnliches gelten.
Eltern, die gesetzliche Sorgepflichten für ihre Kinder haben, müssen für diese Kinder auch ein Existenzminimum steuerfrei gestellt bekommen. Andernfalls sind Eltern schlechter gestellt als Menschen ohne Sorgepflichten. Existenzrecht geht vor Steuerpflicht.
Dass der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) zum Löcherstopfen der Pensionskassen verwendet wird, ist seit Jahren bekannt. Ist eine FLAF-Reform in Zeiten der Finanz-Krise überhaupt möglich?
Trendl: Ja, ich bin überzeugt, dass eine FLAF-Reform möglich ist. Wurde die zweckentfremdete Mittelverwendung – und die deswegen notwendige FLAF-Reform – bisher nur von Familienorganisationen wie dem Katholischen Familienverband gefordert, bekommen wir für diese Reform nun erstmals Unterstützung vom Familienminister.
Es ist schlicht ungerecht, dass etwa Geldmittel von mehr als 800 Millionen Euro (!) jährlich dem FLAF entzogen und in die Pensionsversicherung umgeleitet werden. Während verschiedene Bevölkerungsgruppen versuchen, Einsparungen im eigenen Bereich abzuwehren, erhalten die Familien seit 2010 jedes Jahr rund 300 Millionen Euro an Familienleistungen weniger. Ich denke, dass eine Politik, die zu Solidarität in der Gesellschaft einlädt, sodass alle zu einer Verringerung des Budgetdefizits beitragen, Erfolg haben kann.
Wie können Gesetze auf ihre Familienfreundlichkeit hin abgeklopft werden („Familiy mainstreaming“)?
Trendl: Auswirkungen neuer Gesetze auf Familien hin zu überprüfen, ist schon bei der Gesetzwerdung ein Schritt, Familienfreundlichkeit von Lippenbekenntnissen in die gesellschaftliche Wirklichkeit zu übertragen. „Familiy mainstreaming“ ist ein auch auf europäischer Ebene verwendeter Begriff, um zu zeigen, dass notwendige gesellschaftliche Veränderungen immer auch in Hinblick auf Familien zu bedenken sind und dann dementsprechend entsprechend zu handeln ist.
Interview: Stefan Kronthaler