Samstag 11. Januar 2025
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Risiko – und eine Frage glaubenden Vertrauens

(13.11.2011) Interview mit Dr. Wolfgang Müller über die kommende PGR-Wahl.


 

Dr. Wolfgang Müller ist PGR-Referent im Seelsorgeamt der ED Salzburg und Sprecher der ARGE der PGR-Referenten Österreichs.

 


 

 

Sind die Pfarren schon „fit für die PGR-Wahl“, die in wenigen Monaten diesmal unter dem Motto „Gut, dass es die Pfarre gibt“ stattfindet?

Dr. Wolfgang Müller: Bei 3000 Pfarren in den zehn österreichischen Diözesen mit insgesamt ca. 45.000 gewählten, berufenen und amtlichen Pfarrgemeinderats-Mitgliedern lässt sich diese Frage so kaum beantworten. Zu unterschiedlich sind die Situationen.
Wenn Sie damit meinen, ob die Vorbereitung in Gang ist, dann kann ich sagen: Ja, meine KollegInnen und ich haben alles getan, um die Wege zu bereiten. Irgendwann geht es einem dann allerdings wie dem Teamchef. Spielen muss die Mannschaft. Und ich bin mir ziemlich sicher, „die Mannschaft“ wird auch diesmal „die Qualifikation“ schaffen!

Wie läuft die Kandidatensuche an, wie ist das Feedback aus den Pfarren?

Müller: Wir suchen KandidatInnen, die sich für fünf Jahre in den Dienst der Pfarre stellen. Das kann keine einfache Frage sein. Es gehört daher gewissermaßen zur „Folklore“, dass vor der Wahl die Sorge umgeht, ob wir wieder genügend Leute finden werden. Die Wahl macht ganz real die Probe aufs Exempel.


Wir wissen aber auch aus früheren Wahlgängen, dass erst dieser Druck dazu führt, dass viele Menschen angesprochen werden, und wir hatten bisher immer Erneuerungsraten über 45%! Das heißt, durch den Wahlvorgang übernehmen auf einen Schlag ca. 15.000 Menschen ganz neu Mitverantwortung in unserer Kirche. Welcher Vorgang sonst schafft das? Sich darauf einzulassen, ist immer ein Risiko – und eine Frage des glaubenden Vertrauens.

Wie wichtig ist es, ein klares Bild von den Gestaltungsmöglich-keiten als PGR innerhalb der Pfarrgemeinde zu transportieren? Welche Aufgaben können in welchem Maße eigenverantwortlich übernommen werden?

Müller: Wir befinden uns in einer Zeit der Umbrüche, was die Gestalt von Kirche angeht. Dazu passt der Aufbruch der Wahl ganz gut. Niemand kann heute seriös sagen, wohin die Entwicklung gehen wird, wohin Gott uns führen will. In einer Situation der Unübersichtlichkeit brauchen wir vor allem KundschafterInnen, PfadfinderInnen, Menschen, die bereit sind, auf Glauben hin aufzubrechen. Offensichtlich lässt uns der Geist heute die Berufung aller Getauften neu erkennen. Und vor solchen Leuten sollten wir dann auch keine Angst haben, sondern sie in ihrer Handlungsfähigkeit stärken.

Wie wichtig ist es, bei der Kandidatensuche darauf zu achten, dass die Menschen trotz steigender Zeitnot auch zuhören können, teamfähig sind und Freude an Kommunikation haben.

Müller: Freude ist ein gutes Stichwort. Grundsätzlich soll man Freude haben an der Aufgabe – auch wenn es natürlich einmal schwierige Zeiten gibt. Wir machen, was wir wollen – nicht, weil uns der Sachzwang keine andere Chance lässt. Im Pfarrgemeinderat geht es um die Verwirklichung des Doppelgebotes der Liebe im pfarrlichen Leben. Ohne die Fähigkeit zur Begegnung geht das wohl kaum.

Die Lebenswelt der Menschen ist ständig im Wandel. Wie kann es gelingen, dass die neuen Pfarrgemeinderäte noch näher an die Menschen herankommen und Wege entwerfen, den Glauben mit der modernen Lebenswelt in Verbindung zu halten?

Müller: Das ist eine Frage, ob man sich diese Freiheiten nimmt. Denn das pfarrliche Leben durch das Kirchenjahr hindurch drängt sich als Vollbeschäftigungsprogramm auf. Das ist eine Versuchung. Das Entdecken neuer Wege, die Pfadfinderei also, braucht aber freie Experimentierräume und Projekte. Diese dürfen dann nicht zu schnell „verzweckt“ werden. Andererseits ist es spannend, Gewohntes auf seine Bedeutung für heute zu befragen und neu zu erschließen.

Die letzte PGR-Studie zeigt einen Wandel in der Motivation unter den Pfarrgemeinderäten:  Eine Hälfte ist  „aus Liebe zur Kirche / zu Christus / aus dem Glauben heraus“ PGR-Mitglied geworden. Die andere Hälfte besteht aus jenen, insbesondere jungen Gläubigen, deren Motivation im Einsatz für bestimmte Anliegen, bestimmte Projekte liegt und im Wunsch, mitzugestalten und etwas für die Pfarre zu bewirken. Wie ist PGR-Arbeit mit so unterschiedlichen Einstellungen möglich?  

Müller: Warum sollte das ein Problem sein? Das ist doch eine wunderbare Ergänzung. Verschiedenheit ist eine Herausforderung. Viel schwieriger finde ich jene Situationen, in denen man sich „furchtbar einig“ ist, weil das meist in Sackgassen endet. Gott beschenkt uns mit ganz verschiedenen, manchmal gar widersprüchlichen Gaben. Er lässt vieles gelten. Daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen.

Interview: Wolfgang Linhart

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