Mindestens 1,2 Milliarden Menschen benötigen einen Mikrokredit: „Oikocredit Austria“ hilft in
71 Ländern der Erde, vorzugsweise in ländlichen Regionen, vornehmlich Frauen. Die Rückzahlquote: Fast 99 Prozent.
Günter Lenhart, stv. Vorsitzender von „Oikocredit Austria“.
Wie kann den Klein- und Mittelbetrieben mit einem Kredit geholfen werden?
Lenhart: Oikocredit vergibt über seine Mikrofinanzpartner Kleinstkredite (Mikrokredite) im Bereich von 50 bis 200 Dollar, in der Regel in der Landeswährung, vor allem im ländlichen Bereich und vorzugsweise an Frauen. Die Kreditvergabe erfolgt auf Vertrauensbasis, ohne Sicherstellungen und Verträge. Die Finanzkrise betrifft diesen Bereich in den 71 Ländern, in denen wir tätig sind – Asien, Afrika, Südamerika, Osteuropa – so gut wie nicht, da es sich hier um eine Starthilfe für die Ärmsten handelt, die mit diesen kleinen Beträgen einen Marktstand errichten oder eine Kleintierzucht beginnen können.
Wie viele Menschen weltweit bräuchten einen Mikrokredit? Wie sicher werden die Kredite zurückgezahlt?
Lenhart: Mindestens 1,2 Milliarden Menschen benötigen eine Starthilfe durch einen Mikrokredit, um sich selbst mit ihrer Hände Arbeit und den dafür nötigen Hilfsmitteln aus der Armut befreien zu können. Oikocredit erreicht mit seinen 850 Partnern in den 71 Ländern und den 150 Oikocredit-Beratern vor Ort fast 30 Millionen Menschen und hilft mit einem Kreditvolumen von knapp 460 Millionen Euro den Menschen in den benachteiligten Regionen dieser Welt. Die Kreditnehmer, die oft zum ersten Mal Bargeld in die Hand bekommen, setzen ihren ganzen Ehrgeiz ein, pünktlich zurückzuzahlen und schaffen es zu fast 99 Prozent, weil sie damit sicherstellen wollen, einen Folgekredit zu erhalten und ihre Geschäftstätigkeit auszuweiten, um langfristig ihr Einkommen zu sichern und ihre Lebensverhältnisse zu
verbessern.
Was unterscheidet die Mikrokredite von jenen Kapitalanlagen, die aufgrund abgehobener Gewinnerwartungen nichts mehr mit realen Wirtschaftskreisläufen zu tun haben?
Lenhart: Mikrokredite sind Geldmittel die ein reales Geschäft ermöglichen und keinen Platz für Spekulationsgeschäfte bieten. Die „Rendite“ ist geringer, die soziale Wirkung sehr hoch. Bei Oikocredit kommt noch dazu, dass Anleger einen Genossenschaftsanteil erstehen, der bei ganzjähriger Veranlagung zumeist mit einer zwei prozentigen Dividende honoriert wird und die wissen, dass der mögliche Mehrertrag in lokale Beratung und Überprüfung der sozialen nachhaltigen Wirkung investiert und nicht als höhere Dividende ausgezahlt wird.
Seit wann und wo ist Oikocredit aktiv? Gibt es eine Kontrolle?
Lenhart: Oikocredit International ist 1975 vom Ökumenischen Weltkirchenrat gegründet worden und seit 1990 in Österreich durch ein Büro vertreten. Die Aufbringung der Geldmittel erfolgt in 16 Ländern, die Kreditvergabe in über 71 Ländern. Gemeinsam mit der Grameen Foundation hat Oikocredit ein umfassendes Prüfsystem etabliert, dass die soziale und nachhaltige Verbesserung der Lebensverhältnisse der MikrokreditnehmeriInnen überprüft und dokumentiert („Progress out of Poverty Index“ Messungen und Überprüfung des „Social Impact“).
Wer kann Mitglied werden? Was muss man tun?
Lenhart: Die Mitgliedschaft und Anteilszeichnung erfolgt mit Übersendung eines Formulars, das unter http://www.oikocredit.org/at/geldanlage-und-formulare/anteile-kaufen ausgedruckt oder online ausgefüllt werden kann.
Der Mitgliedsbeitrag per Jahr beträgt ab 2011 20 Euro, eine Veranlagung ist ab 200 Euro möglich und kann jederzeit leicht per Überweisung um jeden Betrag aufgestockt oder zurückgefordert werden.
Die Dividende bei ganzjähriger Veranlagung beträgt zumeist 2 Prozent, es gibt keine Depotgebühr, keine Ankaufs- oder Verkaufsspesen und keine Kursschwankungen.
Interview: Stefan Kronthaler
Oikocredit Austria, 1040 Wien, Möllwaldplatz 5/1.
Internet: www.oikocredit.at