Montag 6. Januar 2025
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Sein Herz war eine „Apotheke“

(25.9.2011) Ein Portrait des heiligen Johannes von Avila

Klug, mutig, feinfühlend – warum Papst Benedikt XVI. den Patron der spanischen Priester zum „Kirchenlehrer“ machen will. Ein Portrait des heiligen Johannes von Avila von Univ. Prof. Marianne Schlosser.


 

Was genau heißt:„Kommunizieren“?

 

„Wollt ihr, dass Gott ganz euer sei? Dann seid gänzlich sein!

Wenn er sich selbst euch schenkt, dafür, dass ihr euch ihm schenkt, dann wagt ihr es nicht?

Genau das heißt kommunizieren.“

 
„Als Luis de Granada ihm (Johannes v. Avila) von seinen pastoralen Erfolgen erzählte, antwortete er ihm, geistliche Kinder würden nicht so sehr mit Worten als mit Tränen und Gebet gezeugt und aufgezogen.“
 
Johannes von Avila
(1499-1569)


 

Teresa von Avila bat ihn um ein Gutachten zu ihrer Autobiographie. Unter seinen Schülern waren Johannes von Gott (der Gründer der Barmherzigen Brüder) und Franz Borja SJ.

 

Er stand in Briefkontakt mit fast allen Persönlichkeiten des geistlichen Lebens seiner Zeit; viele von ihnen erbaten brieflich seinen Rat.‒

 

Doch als sein Name als Patron des Weltjugendtages 2011 genannt wurde, verwechselte ihn manche Zeitungsnotiz mit Johannes vom Kreuz: Juan de Avila,‒ 1894 selig- und 1970 heiliggesprochen, 1946 zum Patron des spanischen Diözesanklerus erklärt,‒ wird demnächst zum „Doctor ecclesiae“ erhoben.


Juan wurde 1499 (1500) in Almodóvar del Campo geboren. Seine Vorfahren väterlicherseits waren jüdischer Abstammung. Zuerst studierte er Rechtswissenschaften in Salamanca, dann Philosophie und Theologie in Alcalá. Nach der Priesterweihe (1525) wollte er eigentlich in die Mission gehen. Nachdem ihn aber sein Bischof nicht fort ließ, widmete er sich mit ebenso großem Eifer der Evangelisierung seiner Heimat, durch Predigt und persönliche Unterweisung von Gläubigen.


Vielleicht geschah es aus Neid, dass ihn einige Kleriker bei der Inquisition häretischer Lehren und verdächtiger Praxis anklagten. Zwei Jahre (1531-1533) saß Juan im Gefängnis, bis er für unschuldig erklärt wurde. Er machte keine Anstrengungen sich zu verteidigen, verfiel auch nicht in bittere Grübelei, nein, er begann mit den Vorarbeiten zu einem Buch, das sein Hauptwerk werden sollte.

Kirche ist schön, wenn sie Christus zeigt

Der Titel „Audi filia“ („Höre Tochter“) ist dem Psalm 45 entnommen, der die Hochzeit des Königs besingt. Nach ältester christlicher Tradition spricht dieser Psalm prophetisch von der Vermählung Christi mit der Kirche, aber auch mit der Seele jedes gläubigen Menschen.

 

In der innigen Verbindung mit Christus besteht die Vollkommenheit und Freude des christlichen Lebens, so lehrt Juan. Die Seele soll hören lernen auf die Stimme Dessen, der sie wirklich liebt. Dann wird sie die „schöne Braut“ sein, von der der Psalm spricht. Das gleiche gilt für die Kirche als ganze: Sie ist schön, indem sie die Schönheit Christi durchscheinen lässt. ‒


„Audi filia“ ist eines der ersten Bücher über das geistliche Leben, das für eine breitere Leserschaft bestimmt war: Juan stellt allen Gläubigen die Mittel des geistlichen Weges vor Augen: Selbsterkenntnis, Gebet, Buße, vor allem aber den Blick auf die barmherzige Liebe Christi. Wer diese Liebe erkennt, in dem erwacht auch die Liebe zum Mitmenschen.


In den letzten Jahren seines Lebens (1554-1569) erlaubte die angegriffene Gesundheit dem „Apostel Andalusiens“ keine anstrengenden Predigtreisen mehr. Juan führte ein zurückgezogenes, aber keineswegs untätiges Leben. Aus dieser Zeit datieren die meisten seiner Werke.

 

Neben den Büchlein „Über die Gottesliebe“ und „Über das Priestertum“ sind 80 Homilien erhalten. Dazu kommen 16 umfangreichere geistliche Vorträge (Pláticas): über die Eucharistie, den Heiligen Geist, die Jungfrau Maria. 14 dieser Vorträge sind an Priester gerichtet. Hier liegt sozusagen der zweite Schwerpunkt seiner geistlichen Lehre.

Erneuerung der Priester

Er wusste, dass die Erneuerung der Kirche, wie sie das Trienter Konzil anstrebte, mit der Erneuerung der Priester verbunden ist. Juan machte Vorschläge zur Reform der Ausbildung, besonders aber war ihm die Vertiefung der Berufung ein Anliegen: Die Eucharistie, deren Feier dem Priester aufgetragen ist, ist der unüberbietbare Ausdruck jener maßlosen Liebe, mit der Christus sein Leben für die Menschen gibt. Wer diese Liebe vermitteln darf, der ist dazu gerufen, sein Leben mit Dem zu vereinigen, der in einmaliger Weise „Priester und Opfergabe zugleich“ ist. Das Leben in eheloser Keuschheit ist die Verleiblichung dieser Hingabe.


Zum Leben nach dem Vorbild Christi gehört für Juan auch die Armut. Er selbst lebte sehr bescheiden. Eines allerdings besaß er, eine beachtliche Bibliothek. Er war überzeugt, dass ernsthaftes Studium der Heiligen Schrift, der Kirchenväter und der Konzilien notwendig sind für den priesterlichen Dienst. Die Predigt ruhe nämlich auf zwei Säulen: dem Gebet und dem Studium.


Kein Wunder, dass er vielfach um Rat gebeten wurde. 250 Briefe legen Zeugnis ab von der Klugheit und Feinfühligkeit dieses Seelsorgers: Sein Herz sei eine „Apotheke“ für alle Arten von Kummer oder Krankheit der Seele, schrieb sein Schüler und Biograph Luis de Granada OP. Auf Juans Grab steht als Berufsbezeichnung: „Messor eram“‒, „ein Arbeiter in der Ernte des Herrn war ich“.
    

Marianne Schlosser

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