Präsentation der Auswertung der Ergebnisse zum synodalen Prozess in der Erzdiözese Wien am 5. April 2022. Kardinal Schönborn: Kirche ist kein Selbstzweck, Jüngerschaft bedeute gesellschaftliche Verantwortung.
In Schulen, Pfarren und verschiedenen kirchlichen Gremien, aber auch mittels Fragebögen, haben sich Katholikinnen und Katholiken aller Altersgruppen in unserer Erzdiözese im Frühjahr dieses Jahres auf den von Papst Franziskus für die ganze Kirche initiierten „synodalen Weg“ gemacht. Das vom Papst vorgegebene Thema ist der Prozess selbst: „Wie kann Kirche zu einer synodalen Kirche werden, zu einer Gemeinschaft auf dem Weg, in der Bereitschaft aufeinander zu hören, eigene Einsichten zu teilen und gemeinsam zu erfassen, wie Gott heute seine Kirche will.“
3230 Personen haben die Fragebögen genutzt, zum Großteil einzeln, vielfach aber auch als Gesprächsgruppen. Ausgewertet, systematisch zusammengefasst und gestern in Beisein von Kardinal Christoph Schönborn vorgestellt, wurden die Ergebnisse von den Theologinnen und Theologen der Edina Kiss, Dominik Höchtl, Daniel Koch und Jean-Louis Forrer. Pastoralamtsleiter Markus Beranek und Andrea Geiger von der Dienststelle APG moderierten die Onlinepräsentation, an der sich auch zahlreiche Personen via Chat aktiv beteiligt haben.
Gleich vorweg: Kirche wird nach wie vor positiv und wesentlich als stabilisierende, glaubensstärkende, aber auch erfüllende Gemeinschaft wahrgenommen. Umso sensibler fallen die Reaktionen auf jede Art von wahrgenommener Ausgrenzung aus. Ob es das große Thema Rolle der Frau in der Kirche, die mangelnde Akzeptanz und Integration homosexueller Mitchristinnen und Christen geht, aber auch die konkrete Feier des Gottesdienstes, deren Sprache kaum mehr zeitgemäß und verständlich empfunden wird. Wobei vereinzelt auch der Wunsch nach mehr Beständigkeit und Tradition vorhanden ist.
Schwindende gesellschaftliche Relevanz - auch als Folge der des Problemfeldes „Missbrauch“ - werden problematisiert, während die Caritas als konstitutiver Grundvollzug der Kirche positiv bewertet wird. Zum Thema Weltgestaltung gehört unvermeidlich die schwelende Diskussion um die Rolle der Frau. Der Widerspruch zwischen überwiegend weiblicher Präsenz und weiblichem Engagement im kirchlichen Leben und ihrer begrenzten Möglichkeit an konkreter Partizipation und Mitgestaltung, vor allem im geweihten Amt, spiegelt sich in eindeutigen Forderungen nach „der aktiven und sichtbaren Einbeziehung von Frauen in das kirchliche Leben, die Liturgie und vor allem in den Bereich der Verkündigung (Predigt).“
Kardinal Schönborn wies in seinem Abschlusskommentar darauf hin, dass ihm im vorgestellten Dokument einerseits der Hinweis auf die konkrete soziale Verankerung fehle, etwa die nicht erst neuerdings aktuelle Flüchtlingsproblematik. Vor allem vermisse er den Schlüsselbegriff der Jüngerschaft. Jüngerschaft ziele ab auf die Sendung der Kirche. Die Kirche, so der Erzbischof ist kein Selbstzweck, sie ist nicht um ihrer selbst, sondern um der Menschen willen da. Und in vielen Gemeinschaften und Gemeinden sei das auch gelebte Realität. In Anlehnung an Papst Franziskus erinnerte er an die Sendung der Christen, an die Ränder der Gesellschaft hinauszugehen.
Dass das konkrete Leben in den Gemeinden künftig nicht mehr einfach von einem Hierarchen bestimmt und gelenkt, sondern nur gemeinsam getragen und vom Gemeindeleiter letztverantwortet werden kann, bestätigten Erzbischof und Pastoralamtsleiter unisono.
Das vorliegende Dokument fließt ein in den Beitrag der österreichischen Bischofskonferenz für die Bischofssynode 2023. Zugleich wird mit der Person des Wiener Erzbischofs auch die Erfahrung der Ortskirche physisch „in Rom vertreten sein“ und Gehör finden.
Andrea Geiger, die mit Pastoralamtsleiter Beranek durch den Abend führte, hob aber hervor, dass der laufende Prozess nicht in erster Linie eine „Hausaufgabe für Rom“ war, sondern Teil des weiteren diözesanen Entwicklungsprozesses sei.