Mit Ende der Beratungen im Oktober ist die Weltsynode nicht vorbei. Papst Franziskus hatte den Prozess frühzeitig um ein weiteres Jahr verlängert. So findet 2024 noch ein Treffen auf Weltebene im Vatikan statt.
Mit Ende der Beratungen im Oktober ist die Weltsynode nicht vorbei. Papst Franziskus hatte den Prozess frühzeitig um ein weiteres Jahr verlängert. So findet 2024 noch ein Treffen auf Weltebene im Vatikan statt.
Ein Experiment mit offenem Ausgang. Nach einer lokalen und einer kontinentalen Phase folgt von 4. bis 29. Oktober das erste von zwei für 2023 und 2024 vorgesehenen Treffen auf Weltebene im Vatikan.
Papst Franziskus hat die katholische Weltsynode über die Synodalität einberufen. Gemeinschaft, Sendung und Teilhabe sind die drei Säulen des seit Herbst 2021 laufenden Prozesses mit dem sperrigen Namen. Nach einer lokalen und einer kontinentalen Phase folgt von 4. bis 29. Oktober das erste von zwei für 2023 und 2024 vorgesehenen Treffen auf Weltebene im Vatikan. Aber was will und kann der Papst mit dem katholischen Großprojekt bewirken?
In dem zunächst auf zwei, mittlerweile auf drei Jahre angelegten mehrstufigen Dialog soll die katholische Kirche vor allem einen anderen Beratungs- und Entscheidungsstil einüben. Im kommenden Oktober - also am Ende des zweiten Jahres, treffen sich 365 stimmberechtigte Teilnehmende aus allen Erdteilen in Rom, um über neue Wege der Teilhabe zu sprechen. Erstmals haben dabei auch ungeweihte Kirchenmitglieder, darunter Frauen, ein Mitsprache- und Stimmrecht.
Neben neuen Methoden sollen in der einmonatigen Konferenz auch Themen diskutiert werden, die Änderungen in der katholischen Lehre mit sich bringen könnten. Beschlüsse dazu sind aber zunächst nicht vorgesehen. Viel Wert legen die Organisatoren - allen voran der Papst - auf den geistlichen Aspekt. Begleitet werden die Beratungen von Gebeten und Gottesdiensten. Es gilt herauszufinden, welche Entscheidung Gottes Willen entsprechen könnte. Unvoreingenommenes Zuhören und das anschließende Reflektieren darüber sollen geübt werden.
Stets betont das zuständige Synoden-Sekretariat die Offenheit des Prozesses. Eine typisch katholische Form der Synodalität müsse noch gefunden werden, räumte der Inhalte-Koordinator der Veranstaltung, Kardinal Jean-Claude Hollerich, ein. Dazu soll die kommende Synode ein Weg sein.
Der stimmungsvolle Einstieg in die Beratungen findet schon am 30. September statt. Auf dem Petersplatz ist dann ein großes ökumenisches Abendgebet geplant. Geleitet unter anderen von der Gemeinschaft von Taize, werden dazu Tausende junge Menschen in Rom erwartet.
Am 1. Oktober ziehen sich die Synodalen zunächst zu Besinnungstagen in ein Haus in Sacrofano nördlich von Rom zurück. Am 4. Oktober wird die Synode mit einer feierlichen Messe eröffnet, am 29. Oktober mit einer solchen beendet. Dazwischen finden die Beratungen statt, basierend auf dem im Juni veröffentlichten Arbeitspapier (Instrumentum laboris). Am Ende der vierwöchigen ersten Sitzungsperiode der Synode - der zweite Teil folgt 2024 - wird ein Synthesepapier als Zusammenfassung der Beratungen erstellt und veröffentlicht.
Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl tagt die Synode diesmal in der großen Audienzhalle im Vatikan. Beraten wird im Plenum und in Gruppensitzungen. Nach sprachlicher und inhaltlicher Präferenz werden die Arbeitsgruppen aus jeweils rund zwölf Personen zusammengesetzt. 14 der Sprachgruppen ("Circoli Minori") werden auf Englisch arbeiten, acht auf Italienisch, sieben auf Spanisch, fünf auf Französisch und eine auf Portugiesisch.
Die Beratungen umfassen drei Phasen. Zu Beginn werden sich alle Gruppen mit dem ersten Teil des Arbeitspapiers "Für eine synodale Kirche" auseinandersetzen. In den folgenden zwei Wochen arbeiten die Teams dann an den drei weiteren Modulen des Dokuments: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung.
Jede Gruppe erhält zu jedem dieser Themen eines von fünf Arbeitspapieren mit speziellen Fragestellungen. Aufgrund der etwa 30 geplanten Teams werden sich immer mehrere Sprachgruppen mit einer Frage beschäftigen. Unterstützt werden die Gruppen von einem Moderator. Die Ergebnisse werden regelmäßig auch im Plenum besprochen.
In der Schlusswoche wird - ebenfalls abwechselnd in Kleingruppen und im Plenum - daran gearbeitet, die Resultate in einem gemeinsamen Synthesebericht zusammenzufassen. Am 28. Oktober folgen eine abschließende Lesung und die Genehmigung des Papiers. - Für die gesamten Beratungen bekommen die Teilnehmer auch technische Unterstützung: Sie erhalten laut Synodensekretariat ein Tablet, mit dem sie Dokumente lesen können, Informationen austauschen und abstimmen werden.
Papst Franziskus hat 365 stimmberechtigte Mitglieder für die Synode nominiert. Ergänzt werden sie durch 61 internationale Berater, darunter etwa die an der Katholischen Privat-Universität (KU) Linz lehrende Pastoraltheologin Klara Csiszar, 9 Gastteilnehmer und zwölf Ökumene-Vertreter - insgesamt also etwa 450 Personen. Hinzukommen rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Synodensekretariats.
Neben Bischöfen und Ordensoberen haben Priester, Diakone und Ordensleute sowie erstmals in größerem Umfang auch ungeweihte Katholikinnen und Katholiken Stimmrecht. Die Nicht-Bischöfe machen bei der Versammlung ungefähr ein Viertel aus. Etwa jede siebte Stimme ist weiblich. Mit 73 Prozent sind die Bischöfe klar in der Überzahl. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass sie bei Abstimmungen eine Dreiviertelmehrheit bilden. Unter ihnen sind Männer mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen zur Zukunft der katholischen Kirche. So hat Franziskus auch einen der schärfsten Kritiker seines Projekts berufen: den deutschen Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller. Der Papst will möglichst viele mitnehmen bei der Klärung der Frage, wohin die "gemeinsame Reise" der katholischen Kirche geht. Haben auch die Kritiker ein Mitspracherecht, sind sie Teil des Prozesses und könnten ihn am Ende mittragen.
Die Veranstaltung im Oktober ist kein Einzelereignis. Vor dem Treffen auf Weltebene wurden die Gläubigen in allen Ländern befragt, dann folgten Beratungen auf kontinentaler Ebene. Die jeweiligen Ergebnisse flossen in Arbeitspapiere ein. Ausdrücklich soll das finale Dokument eine Ergänzung zu den übrigen sein.
Grundsätzlich bleibt die Weltsynode kirchenrechtlich eine Bischofssynode - trotz teilnehmender Nicht-Bischöfe. Seit 1965 dient diese in regelmäßigen Abständen und zu bestimmten Themen als Beratungsorgan für den Papst.
Am Ende kann die Synode abstimmen und dem Papst Empfehlungen vorlegen, die letzte Entscheidung liegt aber bei ihm. Er kann sie in einem verbindlichen "Nachsynodalen Schreiben" festhalten. Nicht immer hat er sich an die Empfehlungen der Synode gehalten. Meint er es mit mehr Teilhabe in der Kirche ernst, wird er diesmal vielleicht anders handeln.
Nicht geplant sind Reformen etwa zu einem Weiheamt für Frauen oder einer Lockerung der Ehelosigkeit bei Priestern. Die Organisatoren warnen vor zu hohen Erwartungen in diesem Zusammenhang. Allerdings kann die Synode eine Vorbereitung für folgende Beratungstreffen sein. Wenn sie gelingt, könnten kommenden Bischofssynode in neuer Form mit umfangreicherer Beteiligung stattfinden - und dann zu konkreten Fragen auch der kirchlichen Lehre abstimmen.
Aus Österreich sind Kardinal Christoph Schönborn sowie der Bischofskonferenz-Vorsitzende und Salzburger Erzbischof Franz Lackner stimmberechtigte Mitglieder der Synodenversammlung. Erzbischof Lackner bezeichnete es im Vorfeld der Bischofssynode als zentrale Aufgabe "auf den sensus fidei des gesamten Gottesvolkes zu hören" und begrüßte entsprechend auch die Teilnahme stimmberechtiger Laien. Freilich brauche es seine Zeit, "bis die Synodalität in die DNA der Kirche hineingeht". Die im Arbeitspapier aufgeworfenen Themen wie Armut, Gerechtigkeit, Klimaschutz, Friede oder auch die Teilhabe der Frauen in der Kirche seien "tatsächlich die Fragen der Welt" und würden in Rom umfassend behandelt werden, zeigte sich Lackner überzeugt.
Kardinal Schönborn verlieh im Sommer im Gespräch mit österreichischen Journalisten in Rom seiner Hoffnung Ausdruck, dass im Zuge der Synode der Blick weit gehalten wird und es nicht nur zu einer Fixierung auf einige wenige konfliktive Fragen kommt. Ansonsten drohe "die Gefahr der Nabelschau" und dass man kirchlich "bei einer zu großen Selbstbeschäftigung stehen bleibt". Der von Papst initiierte Prozess für eine synodale Kirche basiere auf einer Form der "Unabgeschlossenheit" und Offenheit. Die Ämterfrage liege gewiss "auf dem Tisch", räumte Schönborn ein. Auch im Blick auf die Rolle der Frauen in der Kirche sprach er sich für eine Stärkung aus.
Nicht stimmberechtigt, aber in der Gruppe von rund 60 ernannten theologischen Beraterinnen und Beratern, die die Synodenmitglieder mit ihrer Expertise unterstützen sollen, nimmt die Linzer Pastoraltheologin Klara Csiszar an der Synode teil. Sie erklärte im Vorfeld den Wunsch, dass die Delegierten in Rom als "mutige Sprachrohre ohne Besserwisserei und Arroganz" auftreten, berichten, wo ihre Ortskirchen stehen und ihre Vorstellungen dazu schildern, was es für eine gute Zukunft der Kirche braucht. Spannungen gelte es dabei auszuhalten und unterschiedliche Zugänge und Glaubenserfahrungen kennenzulernen, "aber immer im Vertrauen zueinander", so die Theologin.
Mit Ende der Beratungen im Oktober ist die Weltsynode nicht vorbei. Papst Franziskus hatte den Prozess frühzeitig um ein weiteres Jahr verlängert. So findet 2024 noch ein Treffen auf Weltebene im Vatikan statt.
Dort werden dieselben Teilnehmer die endgültigen Handlungsempfehlungen für den Papst beschließen. Beobachter rechnen damit, dass es dazwischen weitere Beratungen in den Ortskirchen geben wird. Nach der Versammlung der Synode im Jahr 2024 wird der Papst über die Empfehlungen entscheiden.