P. Bernhard Eckerstorfer: Meine Ereartung an die Synode: eine Kirche, die mehr mit dem Evangelium übereinstimmt.
P. Bernhard Eckerstorfer: Meine Ereartung an die Synode: eine Kirche, die mehr mit dem Evangelium übereinstimmt.
P. Bernhard Eckerstorfer, Rektor von Sant'Anselmo, spricht über geschützte Räume für offene Dialoge und die Bedeutung von Vielfalt und spiritueller Erfahrung in einer sich wandelnden Kirche. Von Georg Schimmerl aus Rom.
Die Kirche auf die Spuren Jesu zu bringen, sie also wieder „evangeliumsgemäßer“ zu machen und weniger spektakuläre "Schlagzeilen" zu erwarten, das erhofft sich P. Bernhard Eckerstorfer von der aktuellen Bischofssynode im Vatikan. Der Benediktiner aus der oberösterreichischen Abtei Kremsmünster trägt seit 2019 die Verantwortung für die päpstliche Hochschule Sant'Anselmo auf dem römischen Aventin. Seit 2022 ist er auch als Konsultor beim vatikanischen Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung tätig.
Sant’Anselmo ist auch außerhalb der katholischen Kirche ein gefragter Ort der Begegnung und des Austauschs, an dem angehende Mönche und Nonnen ihre theologische Bildung vertiefen und sich auf ihre zukünftigen Aufgaben vorbereiten.
Aus seiner Erfahrung als Mönch und nun als Leiter einer Hochschule mit klösterlicher Atmosphäre betont er die zentrale Bedeutung von geschützten Räumen für offene Kommunikation und spirituelles Wachstum. Benediktinerklöster sind nicht nur Orte der Stille und des Gebets, sondern auch Orte des Dialogs. Bedingung dafür ist der geschützte Rahmen der monastischen Klausur. Dieser schafft Raum für einen freien und zugleich respektvollen Dialog. Im sicheren Umfeld der Klausur kann man der Wahrheit und Realität näherkommen, geschützt vor äußeren Interessen oder gar Interventionen.
Eckerstorfer ist überzeugt, dass in der Öffentlichkeit und in der Kirche unterschiedliche Kommunikationsweisen zum Tragen kommen. In der Öffentlichkeit neigen Menschen dazu, vorsichtiger und polarisierender zu sprechen, da sie sich der Reaktionen und Bewertungen der Außenwelt bewusst sind. Die freie Rede erfordert daher einen geschützten Raum, in dem echte, offene Kommunikation stattfinden kann. Wenn dieser geschützte Raum fehlt, kommt es schnell zu unproduktiven Polarisierungen. Deshalb hält er die Entscheidung des Papstes, die Synode in einer gewissen Reserviertheit gegenüber der öffentlichen Meinung zu halten, für richtig. Franziskus hat Vertrauen als eine Schlüsselkomponente für die Lebendigkeit der Kirche betont. Er möchte, dass die Kirche sich auf den Weg Jesu konzentriert. Dabei wäre die öffentliche Meinung oder gar „Pressuregroups“ gerade nicht von Vorteil. Werden öffentliche Interessen und Erwartungen in Entscheidungsprozesse einbezogen, führt das fast naturgemäß zu Konflikten und mittelmäßigen Kompromissen.
Dass das für Kommunikatoren und Medien eine Herausforderung sei, ist klar. Allerdings erwartet er sich gar keine spektakulären Ergebnisse. Seine Hoffnung ist vielmehr, dass die Kirche auf diesem gemeinsamen Weg, in den ja alle eingebunden sind, sich wieder stärker auf die Spuren Jesu begibt, das heißt an der Person, der Verkündigung und der Praxis Jesu Maß nimmt. Eckerstorfer zieht eine Parallele zwischen der Methode der Synode und den drei Erkenntnisquellen, wie sie schon von den Mönchen in der ägyptischen Wüste praktiziert worden sind: Die erste Erkenntnisquelle ist die stille innere Konversation mit Gott, die sich im Inneren jedes einzelnen abspielt. Die zweite Quelle ist die Tatsache, dass einem die wichtigsten Dinge im Leben oft von anderen gesagt werden. Das entspricht dem Dialog und dem Zuhören auf der Synode. Die dritte Erkenntnisquelle schließlich sind äußere Umstände und Ereignisse, die gedeutet werden müssen. Heute nennt man das die „Zeichen der Zeit“ als Quelle der Gotteserfahrung.
Was die Rolle der Mönche und Nonnen in einer synodalen Kirche angeht, verweist Eckerstorfer auf die Tatsache, dass das Mönchtum seit seinen Anfängen eine kritische Position gegenüber der Kirche eingenommen hat. Das hat nichts mit Überheblichkeit zu tun, sondern mit dem Wunsch, dem Weg Jesu, dem Schwung des Anfangs der Verkündigung treu zu bleiben und der Verweltlichung der Kirche eine Alternative aufzuzeigen. Auch heute sehen sich Klöster als ein Korrektiv gegenüber der Erstarrung und der bürgerlichen Behäbigkeit der Kirche.
Bernhard Eckerstorfer ist jedoch vorsichtig, wenn es darum geht, die klösterliche Verfassung als Modell für die gesamte Kirche zu übertragen. Er weist darauf hin, dass Klöster bewusst eine hierarchische Struktur haben, in der die letzte Entscheidungsgewalt trotz aller demokratischen Binnenstrukturen beim Abt oder Klostervorsteher liegt. Dies ist Teil des Selbstverständnisses der Mönche, die sich einer Regel verpflichten und Gehorsam als wesentlichen Wert betrachten. Das benediktinische Prinzip "der Liebe zu Christus nichts vorzuziehen" beinhaltet auch eine Haltung des Gehorsams und der Zurücknahme eigener Interessen, die nicht ohne weiteres auf die gesamte Kirche übertragbar ist.
Ein weiterer interessanter Aspekt, den P. Eckerstorfer anspricht, ist die Stärke der Benediktinerkonföderation. Diese Konföderation besteht aus 350 eigenständigen Klöstern, die sich auf regionaler und internationaler Ebene in „Kongregationen“ in verschiedene nationale oder überregionale Kongregationen organisieren, die jeweils einen Repräsentanten wählen. Allen Kongregationen steht ein gewählter Abtprimas als Primus inter Pares vor. Obwohl der Abtprimas keine Macht hat, in die Angelegenheiten der Klöster direkt einzugreifen, hat er eine moralische Autorität, vertritt gegenüber den einzelnen Kloster die gesamte Konföderation und ist in der Lage, in schwierigen Situationen in Absprache mit dem zuständigen vatikanischen Dikasterium Lösungen zu vermitteln.
Einheit in der Vielfalt ist ein Charkteristikum der Benediktiner. Ein Beispiel dafür ist etwa die Herausforderung, die traditionell ausgerichteten Klöster darstellen, die im Vergleich die höchste Zahl an Neuzugängen aufweisen. Das ist natürlich eine Anfrage an alle, der es sich zu stellen gilt. Eckerstorfer selbst hat solche Klöster bewusst besucht und gelernt, eigene Vorbehalte zu korrigieren: Viele dieser Klöster, die an traditionellen liturgischen Formen festhalten, sind vital sowie modern und sprechen daher junge Menschen an. Das kann man neidlos anerkennen, auch wenn Stil und Formen nicht der eigenen Spiritualität entsprechen. Er empfindet es als Bereicherung und Stärke, dass innerhalb der Benediktinerkonföderation dieser Pluralismus konfliktfrei besteht. Eine synodale Kirche, so Eckerstorfer, sollte offen sein für verschiedene spirituelle Ausdrucksformen und sich von "verstörenden Realitäten" ansprechen lassen, anstatt starren Traditionen zu folgen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt von Sant'Anselmo, der Eckerstorfer am Herzen liegt, ist die ökumenische und interreligiöse Prägung der Hochschule. Dieser Aspekt resultiert aus den Wurzeln des Mönchtums in einer noch ungeteilten Kirche und der menschlichen Sehnsucht nach einem inneren Mönchtum. Die Suche nach Gott ist ein zentraler Begriff im benediktinischen Mönchtum und spricht die Sehnsucht der Menschen nach spiritueller Erfüllung an. Eckerstorfer betont, dass Mönche nicht als bessere oder "radikalere" Christen angesehen werden sollten. Stattdessen sehen sie sich als Vertreter dessen, was letztendlich jeder Mensch in sich selbst spürt: Die Suche nach Gott, die den Menschen bewusst oder unbewusst ausmacht.