Wie P. Vimal skeptisch zur Synode angereist ist und jetzt seinen Optimismus wiedergefunden hat. Synodenblog von Georg Schimmerl.
Heute sitze ich in einem kleinen Café nahe dem Vatikan, der Duft von frisch gemahlenem Kaffee liegt in der Luft. Draußen sind die Straßen abgesperrt, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zu Besuch beim Papst. Hier, abseits vom Trubel, herrscht eine entspannte, angenehme Atmosphäre, fast wie in einem Wiener Kaffeeehaus. Ich treffe Pater Vimal Tirimanna, einen Moraltheologen und Redemptoristen aus Sri Lanka. Pater Vimal ist einer der Nichtbischöfe, die bei der aktuellen Synode zur Synodalität ein Stimmrecht haben. Schon seit 2021 ist er Teil der Vorbereitungskommission - seine Begeisterung und Energie sind ansteckend.
Pater Vimal erzählt, dass er mit gemischten Gefühlen nach Rom gekommen ist. Anfangs war er skeptisch. Papst Franziskus hatte beschlossen, zehn zentrale Themen von der Synode zu trennen und sie separat theologisch zu vertiefen. Ein Schritt, der für hitzige Diskussionen sorgte. "Warum spricht man ständig von den ‚heißen Eisen‘?", fragt er. „Natürlich sind diese Themen wichtig, aber dachte wirklich jemand, wir könnten all das in zwei mal vier Wochen abhandeln und einen Konsens finden?“
Für Pater Vimal geht es bei dieser Synode um etwas Grundsätzlicheres: ein neues Verständnis der Kirche. „Franziskus hat hier eine Revolution gestartet. Diese Synode ist immer noch eine Bischofssynode, aber sie wird um das ganze Volk Gottes erweitert.“ Sein anfänglicher Zweifel ist nach zwei Wochen Synode einem grundsätzlichen Optimismus gewichen. „Jetzt sehe ich, dass der Fokus tiefer geht,“ sagt er und nimmt einen Schluck von seinem Cappuccino. „Hier leisten wir echte Graswurzelarbeit. Es ist ein langfristiges Projekt.“
Gerade als wir über die ersten Ergebnisse der Synode sprechen, grüßt Pater Vimal den Kellner auf Singhalesisch. Er freut sich, einen Landsmann zu treffen. Für einen kurzen Moment wird sichtbar, wie vernetzt und global die katholische Kirche ist: Verbindungen, die über Landesgrenzen hinausgehen und auf gemeinsamen Glauben gründen.
Pater Vimal sieht die Synode als eine Rückkehr zur Tradition der Synodalität. „In der frühen Kirche spielten die Laien eine viel stärkere Rolle als heute“, erklärt er. Er erzählt von Tertullian, einem Laientheologen, der die Antike prägte, und erinnert an die Wahl des ungetauften Ambrosius zum Bischof, bei der das Volk selbst seine Stimme erhob. „Synodalität war einst gelebte Realität“, sagt er. „Doch im Mittelalter wurde die Kirche immer hierarchischer. Die Synode jetzt versucht, uns an das erste Jahrtausend zu erinnern, als das Zusammenspiel von Klerus und Laien selbstverständlich war.“
Besonders in Teilen Europas wird die Teilnahme der Getauften am kirchlichen Leben als selbstverständlich angesehen. Doch weltweit betrachtet, sind die Unterschiede groß. „In vielen Regionen dominiert noch immer ein starkes Gefälle zwischen Klerus und Laien“, sagt Pater Vimal. „Diese Synode ist angetreten, um diese Spaltung zu überwinden und eine Kirche zu fördern, die auf zwei sich ergänzenden Säulen beruht: der Hierarchie und der Gemeinschaft aller Getauften.“
Pater Vimal unterstreicht, dass die Taufe jeden Christen zu einer gemeinsamen Berufung und Verantwortung führt. „In der Taufe empfangen wir alle den Heiligen Geist und werden zu Priestern, Königen und Propheten berufen,“ betont er. „Das ist mehr als eine spirituelle Wahrheit, es ist auch strukturell von Bedeutung. Es geht nicht darum, die Hierarchie abzuwerten, sondern ein neues Gleichgewicht zu finden, in dem die Teilhabe aller Getauften im Zentrum steht.“
Papst Franziskus, so Pater Vimal, versuche mit der Synodalität den „Glaubenssinn“ aller Getauften in der Kirche zu verankern. „Es geht nicht um Demokratie im modernen Sinne“, erklärt er. „Vielmehr geht es um ein gemeinschaftliches Hören auf den Heiligen Geist, damit die Weisheit des ganzen Gottesvolkes Raum findet.“
Am Ende unseres Gesprächs kommen wir auf die langfristigen Ziele der Synode zu sprechen. „Natürlich sind die zehn Themen, die Papst Franziskus vorab herausgenommen hat, von großer Bedeutung,“ räumt Pater Vimal ein. „Aber sie erfordern eine tiefere theologische Auseinandersetzung und könnten Stoff für eigene Synoden sein. Jetzt geht es um die Basisarbeit, darum, das Fundament der Synodalität zu stärken.“
Pater Vimal ist überzeugt, dass die Synode das Fundament für eine neue, lebendige Kirche legt, in der jeder Gläubige gehört wird. „Diese Graswurzelarbeit wird die Kirche langfristig verändern“, sagt er. „Wir sind auf einem Weg, der die Kirche für alle Getauften öffnen wird. Es geht darum, jedem und jeder Gläubigen die Möglichkeit zu geben, seine Berufung voll und ganz zu leben.“
Mit einem Lächeln verabschiedet sich Pater Vimal. Sein Enthusiasmus ist ansteckend, während ich meinen letzten Schluck Cappuccino trinke, fühle ich mich inspiriert und bin gleichermaßen gespannt. Die Kirche befindet sich auf einem neuen Weg, und es scheint, als sei diese Reise nicht mehr aufzuhalten. Die Zukunft der Synodalität verspricht spannend zu werden: eine lebendige, dynamische Kirche, die die Vielfalt und Weisheit aller Getauften vereint.