José Carlos de Sousa lebte jahrelang als Dichter im Schutz der Kolonnaden. Sein leben am Rand und zugleich im Zentrum ist wie ein Bild für "Synodalität". Ein Blogbeitrag von Georg Schimmerl
"Ich rede nicht viel
auf den Straßen und Plätzen der Stadt.
Ich schaue,
ich höre
und manchmal schreibe ich,
um nicht allein zu sein auf dieser Welt“
Diese Zeilen stammen von José Carlos de Sousa, einem Dichter, der als Obdachloser unter den Kolonnaden des Petersplatzes gelebt hat. Carlos verstarb kürzlich hier in Rom. Seine Trauerfeier fand heute Morgen am Rand der Synode statt, geleitet von Kardinal Konrad Krajewski und Kardinal Leonardo Ulrich Steiner dem Erzbischof von Manaus. Carlos' Leben unter den Kolonnaden ist ein Sinnbild dafür, dass der Rand zunehmend zum Zentrum wird.
Kardinal Steiner, der Erzbischof von Manaus, brachte zu Mittag seine Perspektive aus dem Amazonasgebiet mit in die Synode. Er sprach offen über die pastorale Notlage in seiner Diözese, deren Territorium so groß wie Portugal ist und in der viele Gemeinden wegen des akuten Mangels an Priestern über Jahre hinweg keine Eucharistie feiern können. Das Leben der kleinen Gemeinden wird wesentlich von Frauen getragen: die Katechese, die Gottesdienste, die Caritas - so ziemlich alles, was kirchliches Leben ausmacht.
Steiner brachte auch offen seine persönliche Enttäuschung zum Ausdruck, die er nach der Amazonas-Synode empfand, als keine Lösung zur Lockerung des Zölibats für seine Region beschlossen wurde. Er zeigte zwar klares Verständnis für den Papst, der stets auf die Einheit der gesamten Kirche Rücksicht nehmen muss. Aber die Herausforderungen seiner Diözese sind akut – und sie verlangen nach Lösungen, die den Menschen vor Ort helfen. , Und zusätzlich zu den bestehenden Problemen kommen weitere, zum Beispiel hat die seit Monaten anhaltende Trockenheit Flüsse unpassierbar und damit den Zugang zu vielen Gemeinden unmöglich gemacht.
José Carlos de Sousas Leben und Kardinal Steiners Bericht zeigen, dass die Themen abseits der Mitte der Synode gerade diese prägen. Die Kirche wird daran erinnert, dass ihre Zukunft davon abhängt, den Menschen an den Rändern zuzuhören und sie ins Zentrum zu stellen. Die Synode hat diesen Prozess angestoßen, darum sind sich alle einig: Es gibt keinen Weg zurück! Alle hören einander zu und lernen voneinander.
Kardinal Hollerich hat heute Morgen dennoch etwas „Gas gegeben“ indem er die Synodalen aufforderte, dem Papst konkretere Vorschläge vorzulegen. Noch ist völlig offen, wie diese aussehen könnten. Aber die Spannung steigt, gerade jetzt in der Schlussphase der Volversammlung.
Eines zeichnet sich ab, auch darauf hat Hollerich heute hingewiesen: Was gerade in Rom passiert, darf, soll, ja muss sich in der Folge in den Ortskirchen fortsetzen. Wenn das der konkrete Auftrag am Ende der Synode ist und sich die Kirche als ganze darauf verpflichtet, ist der Prozess der Synodalität nicht nur nicht mehr zu stoppen. Es fängt dann erst richtig an, spannend zu werden.