Die größte Beratungsrunde der katholischen Kirche seit Jahrzehnten hat weitreichende Beschlüsse gefasst. Sie votierte für Öffnungen, für Dezentralisierung und für mehr Mitbestimmung der Basis, mit Zustimmung des Papstes.
Die katholische Kirche hat auf ihrer Weltsynode in Rom zahlreiche Beschlüsse gefasst, die zu grundlegenden Reformen führen sollen. Dazu gehört, dass sie die Frage der Zulassung von Frauen zu Weiheämtern offenhalten will. Zudem stimmte die Versammlung für eine Dezentralisierung der katholischen Weltkirche und eine stärkere Beteiligung der Basis an wichtigen Entscheidungen. Auch die Forderungen nach mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht für Kirchenobere erhielten breite Mehrheiten.
Überraschend gab Papst Franziskus die Beschlüsse der Synode unmittelbar nach der Abstimmung zur Veröffentlichung frei. Er verzichtete darauf, sie in einem eigenen päpstlichen Schreiben noch einmal einer Überprüfung und Auswahl zu unterziehen. Einige der Ergebnisse werde er jedoch noch einmal den Bischöfen der katholischen Weltkirche vorlegen und mit ihnen über ihre Umsetzung beraten, erklärten Vertreter des Synodensekretariats bei der Vorstellung der Ergebnisse am Samstagabend.
In ihren Beschlüssen sprach sich die Weltsynode ferner für größere Spielräume bei dezentralen Entscheidungen in der katholischen Kirche aus. Das bisherige Verfahren für die Anerkennung von Beschlüssen lokaler Kirchenversammlungen müsse reformiert werden, heißt es in dem Text.
Nur bei Fragen, die dogmatischen oder moraltheologischen Charakter haben oder die Sakramente betreffen, solle künftig weiterhin ein römisches Placet erforderlich sein. In allen anderen Fällen könne eine stillschweigende Zustimmung durch Rom angenommen werden.
Die Weltsynode votierte zudem für mehr Mitsprache von Laien bei der Auswahl neuer Bischöfe. Die Synodenversammlung hoffe, dass das Volk Gottes bei der Wahl der Bischöfe ein größeres Mitspracherecht bekomme, heißt es in dem Abschlussdokument der Weltsynode.
Als Begründung dafür nennt die Versammlung den notwendigen Respekt vor der Vielfalt. Die christliche Botschaft könne nicht auf einzelne theologische, liturgische, pastorale oder disziplinäre Formen reduziert werden, so das Dokument.
Im Detail geht es bei der Forderung um sogenannte Partikularkonzile, auf denen die Ortskirchen eines Landes oder einer Weltregion theologische oder kirchenpolitische Fragen besprechen. Bisher müssen Beschlüsse dieser Versammlungen vom Vatikan "approbiert" werden. Erst danach treten diese Beschlüsse in der jeweiligen Region in Kraft. Bisher können sich die vatikanischen Behörden unbegrenzt Zeit lassen, bevor sie auf solche Beschlüsse reagieren. Die Weltsynode fordert nun eine kirchenrechtliche Fristsetzung für die vatikanische Überprüfung. Wird die Frist überschritten, würde der Beschluss ohne Weiteres in Kraft treten.
Zum Thema Missbrauch in der Kirche spricht sich der beschlossene Text für mehr Prävention aus. "Es ist wichtig, dass die Kirche in der ganzen Welt eine Kultur der Prävention und des Schutzes fördert und die Gemeinden zu sichereren Orten für Minderjährige und schutzbedürftige Personen macht", so die Synode. Die Missbrauchskrise habe "unsägliches und oft lang anhaltendes Leid über die Opfer sowie über ihre Gemeinden gebracht", so der Text weiter. Ein Grund für den Missbrauch in der Kirche sei der Klerikalismus.
Die Synode forderte ferner, den "Überlebenden von sexuellem, spirituellem, wirtschaftlichem, institutionellem, Macht- und Gewissensmissbrauch durch Mitglieder des Klerus oder Personen mit kirchlichen Ämtern mit besonderer Sorgfalt und Sensibilität" zuzuhören. Die Kirche müsse zudem ihre eigenen Versäumnisse eingestehen und sich um die Opfer kümmern.
er Vatikan soll sich weiter mit dem Diakonat der Frau befassen. Das fordern die DTeilnehmer der katholischen Weltsynode in ihrem am Samstagabend vorgelegten Abschlussdokument. In dem vom Papst bereits freigegebenen Papier schreiben sie: "Auch die Frage des Zugangs von Frauen zum diakonischen Dienst bleibt offen." In dieser Hinsicht seien weitere Überlegungen erforderlich. In dem Absatz zu dieser Thematik kritisierten die Synodalen eine nicht ausreichende Anerkennung von Frauen in verschiedenen Bereichen des kirchlichen Lebens. Der Passus, der am Abend neben 154 weiteren Punkten des Abschlussdokuments zur Abstimmung stand, erhielt mit 97 Gegenstimmen eine vergleichsweise knappe Mehrheit.
In dem Text appelliert die Versammlung, die etwa zu einem Achtel aus Frauen besteht, "alle Möglichkeiten, die das geltende Recht in Bezug auf die Rolle der Frau bereits vorsieht, voll auszuschöpfen, insbesondere dort, wo sie noch unerforscht sind". Es gebe keinen Grund, warum Frauen keine Führungsrollen in der Kirche übernehmen sollten. Frauen stellten die Mehrheit der Kirchenbesucher, seien in Kirchengemeinden aktiv, leiteten Schulen, Krankenhäuser und Heime. Zudem trügen sie zur theologischen Forschung bei und seien in verantwortlichen Positionen in kirchlichen Einrichtungen, Bistümern und im Vatikan vertreten.
Ein Umdenken forderten die Synodalen zudem bei der Glaubensvermittlung: Der Beitrag von weiblichen Heiligen sowie von Theologinnen und Mystikerinnen solle hier sichtbarer werden. Das gelte von Predigten bis hin zu offiziellen kirchlichen Dokumenten.
Streckenweise hatte die Frauenfrage die vierwöchigen Beratungen über Mitwirkungsmöglichkeiten in der katholischen Kirche dominiert. Der Papst selbst bezeichnete sie als "noch nicht reif", erteilte dem Frauendiakonat aber keine definitive Absage. Weitere Studien zu dem Thema sind in Arbeit.
Mit der Verabschiedung des 50 Seiten langen Schlussdokuments endete die finale Phase eines vierjährigen Beratungsprozesses. Vorausgegangen waren Konferenzen auf lokaler, kontinentaler und globaler Ebene sowie weltweite Befragungen in den Ortskirchen. Bei den Beratungen in Rom waren erstmals sogenannte Laien, darunter auch Frauen, mit Rede- und Stimmrecht beteiligt.
Das Abschlussdokument in deutscher Übersetzung: