"Es sind immer die Gleichen, die von Armut betroffenen sind: alte Menschen und Kinder", sagt Caritaspräsident Michael Landau: "Caritas bedeutet: Not sehen und handeln, ohne Wenn und Aber."
"Es sind immer die Gleichen, die von Armut betroffenen sind: alte Menschen und Kinder", sagt Caritaspräsident Michael Landau: "Caritas bedeutet: Not sehen und handeln, ohne Wenn und Aber."
Die Caritas bittet bei ihrer Kinderkampagne um Spenden für von Armut betroffene Kinder in Osteuropa.
Mehr europäische Solidarität für benachteiligte Menschen, besonders in Osteuropa, forderte Caritaspräsident Michael Landau, der mit einer Journalistengruppe Sozialeinrichtungen in Rumänien besuchte, die ihren Fokus auf die Hilfe für Kinder und ältere Menschen legen: "Es wird mehr und nicht weniger Europa benötigt", forderte der Caritaspräsident.
Diözesane Caritasorganisationen führen diverse Projekte im Banat, in Siebenbürgen, als auch in Transsylvanien. Zusammenarbeit und Unterstützung erfahren sie dabei von der Caritas der Diözese Graz-Seckau, der Diözese Linz, als auch der Diözese Innsbruck. In den Projekten geht es um Nachtasyle für obdachlose Menschen, Kindertagesstätten, Frauenhäuser, und die Betreuung von älteren kranken Menschen. Insgesamt gibt es 80 Projekte in ganz Rumänien.
"Caritasarbeit im Kern meint, Not sehen und handeln, ohne Wenn und Aber", so Landau. Es seien immer die gleichen von Armut betroffenen Gruppen: alte Menschen und Kinder. Die Caritas lege jedes Jahr im Februar mit der Kinderkampagne den öffentlichen Blick nach Osten. "Wir wollen den Fokus auf Not, die es gibt lenken, in der Überzeugung, das wir etwas ändern können", so Landau.
In den vergangenen 20 Jahren, seit dem Ende der totalitären Systeme, habe sich viel zu Gunsten der Kinder in Osteuropa verändert. Mehr Kinder in Mittel- und Osteuropa erlebten ihren fünften Geburtstag. Kinder, die in schwierigen familiären Verhältnissen geboren wurden, würden weniger oft in Heime abgeschoben und Großeinrichtungen seien verschwunden, nennt Landau auf der positiven Habenseite. Aber noch immer seien zu viele Kinder in Gefahr, vergessen zu werden.
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen "UNICEF" spreche, so Michael Landau, "von den unsichtbaren Kindern Osteuropas, die trotz aller Bemühungen vergessen werden". Dies seien Kinder in Heimen, Kinder mit Behinderungen, Kinder von Emigranten, die in Stich gelassen werden und somit Sozialwaisen geworden sind, aber auch Romakinder oder Kinder aus abgelegenen ländlichen Gebieten. Die Situation dieser Kinder habe sich noch nicht verbessert. Es gebe Formen von Unterernährung und Bildungsmangel, die mit der Situation in manchen Gebieten, südlich der Sahara vergleichbar seien.
In Rumänien lebe heute noch jedes zweite Kind in Armut, wobei Kinder am Land stärker von Armut betroffen seien, als Kinder im städtischen Gebiet, erklärte der Caritaspräsident. Nach Angaben von Eurostat ist Rumänien das ärmste Land der Europäischen Union, was Armut und die soziale Ausgrenzung von Kindern betrifft. Dies zeige sich daran, so Landau, dass die Kinder von den Eltern auch gerne in die Schule geschickt würden, aber es fehle an vielem, daher sei Unterstützung und Begleitung wichtig. Landau: "Eltern schicken ihre Kinder mit zuvor frisch gewaschener aber noch feuchter Kleidung in die Schule, denn sie haben keine Waschmaschine". In dieser Situation sei eine Waschmaschine im Sozialzentrum, eine große Hilfe.
Eine Armutsstudie des rumänischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Soziale Integration zeige, so Landau, "dass Kinder von arbeitslosen Eltern das höchste Armutsrisiko tragen". Denn nur 20 Prozent der Bevölkerung verdient mehr als das mittlere Gehalt von 355 Euro pro Monat, das Bruttomindesteinkommen beträgt in Rumänien 850 Lei, umgerechnet netto 141 Euro. Rund 3 Millionen rumänische Staatsangehörige leben außerhalb des Landes. Die globale Krise hat die Einkommen und die Unterstützung der zuhause gebliebenen stark beeinträchtigt. Das Kinderschutzamt von Rumänien berichtet von 80.000 elternlosen Kindern in Rumänien. (Stand 1.1.2013)
Laut Caritaspräsident Michael Landau stelle "Bildung den Schlüssel für eine nachhaltige Entwicklung und einen Weg aus der Armut dar". Dabei helfen Caritaseinrichtungen in Rumänien in der Betreuung der Kinder nach dem Schulunterricht, mit dem Ausgeben einer warmen Mahlzeit und Lernhilfen in der Freizeit. Um Kindern ein gutes Aufwachsen in ihren Familien zu ermöglichen und damit die Institutionalisierung zu verhindern, würden unterschiedliche Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen umgesetzt. Man versuche die Kinder solange wie möglich bei ihren Eltern zu belassen.
Eine spezielle schwierige Situation stelle jene für die Volksgruppe der Roma dar. Denn seit der EU-Erweiterung im Mai 2004 wurde diese Volksgruppe "zur größten Minderheit innerhalb der Europäischen Union", erinnerte Landau. Nach Schätzungen leben derzeit rund 10 Millionen Roma in Europa, 80 Prozent dieser Menschen sind unter 18 Jahre alt. "In vielen Ländern Europas gehören die Roma zu den am stärksten benachteiligten und von Armut betroffenen Bevölkerungsgruppen", so Landau.
Seit 1.1.2014 gibt die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit für alle neuen EU-Länder, Arbeitskräfte aus Bulgarien und Rumänien haben uneingeschränkten Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt, dies habe auch "zu einer zum Teil heftigen Debatte über den Zuzug von EU-Bürgerinnen und über die Sozialsysteme in den reicheren EU-Ländern geführt", erinnerte der Caritaspräsident. Daher sei für die Caritas klar, "dass wir mehr und nicht weniger Europa brauchen". Es gehe um Aufgaben, die europäische Lösungen erforderten. Die Caritas sei dabei gefordert in der Offenheit ihrer Angebote, die für viele Menschen in Not auch aus anderen europäischen Ländern die erste und mitunter einzige und letzte Adresse darstellen würden. Michael Landau erwähnt in diesem Zusammenhang neben der "Zweiten Gruft" in Wien auch neue Entwicklungen in Linz und Salzburg, wo Pilotprojekte gestartet wurden.
Auch "Behutsamkeit in der Sprache" sei erforderlich, unterstrich Landau, und nennt die Abkehr von Kampfbegriffen wie "Sozialtourismus". Es gehe seiner Meinung nach nun darum, die Weichen zu stellen, von einer reinen Wirtschaftsunion zu einer echten "Sozial- und Solidaritätsunion". Diesbezüglich forderte Landau auch "so etwas wie Maastrichtkriterien für das Soziale" ein. Die Erreichung der Budgetziele allein dürfe es nicht sein. Bei allem Bekenntnis zur Sparsamkeit, dürfe nicht passieren, "dass die Schwächsten für eine Wirtschaftskrise zahlen, die sie nicht verursacht und von der sie auch nicht profitiert haben", so Landau und forderte "eine Globalisierung des Verantwortungsbewusstseins" ein. Denn so Landau: "Klar sind auch Wohlstandsinseln in einem Meer von Armut auf Dauer nicht stabil. Das heißt, das zusammenwachsende Europa muss akzeptieren, dass man nicht nur wirtschaftlich zusammenwachsen kann, sondern auch in der sozialen Dimensionen zusammenwachsen muss".
Mehrere Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen seien dabei gefordert, darunter die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Sicherung der Bildung, die Reduzierung von Diskriminierungen, sowie keine Kürzungen gesundheitspolitischer Leistungen. Weiters gute Formen der Perspektivenberatung, niederschwellige Angebote im Bildungsbereich und die Schaffung von Notversorgung. Landau fordert auch eine Aufstockung des europäischen Sozialfonds, die Bekämpfung der Armut in den Ländern selbst, auch dort wo Armutsmigration spürbar werde. "Wir können nicht alles ändern, aber fast alles, wenn wir es miteinander ändern wollen, um dieses Bemühen bitten wir in Österreich, aber auch Europaweit", sagte Caritaspräsident Landau in Tirgu Mures.
Mit den Spendengelder der Caritas werden hilfsbedürftige Kinder direkt in Rumänien unterstützt.