Drei Wochen nach dem Jahrhunderthochwasser in Südosteuropa werden die Zerstörungen sichtbar. Die Caritas International hilft beim Wiederaufbau.
Drei Wochen nach dem Jahrhunderthochwasser in Südosteuropa werden die Zerstörungen sichtbar. Die Caritas International hilft beim Wiederaufbau.
Die Caritas Serbien plant mit internationaler Unterstützung Nothilfe um über eine Million Euro alleine im nächsten Monat, ein Drittel davon aus Österreich.
Drei Wochen nach dem Jahrhunderthochwasser in Südosteuropa sind die Fluten verschwunden; zurückgeblieben ist eine immense Zerstörung, die allmählich sichtbar wird. Alleine in der 25 Kilometer südwestlich von Belgrad gelegenen 72.000 Einwohner-Stadt Obrenovac haben die Fluten 60.000 Menschen vorübergehend obdachlos gemacht. Die Caritas Serbien will innerhalb des nächsten Monats 75 Tonnen Lebensmittel, Hygieneartikel und Nutztierfutter im Gegenwert von über einer Million Euro in Zusammenarbeit mit der internationalen Caritas für über 7.000 betroffene Familien bereit stellen, kündigte der katholische Erzbischof von Belgrad und Caritas-Serbien-Präsident Stanislav Hocevar in Valjevo gegenüber "Kathpress" an. 360.000 Euro davon kommen aus Österreich.
Obrenovac ist jene Stadt, die es bei den Jahrhundertfluten am schlimmsten getroffen hat. 95 Prozent der Stadtfläche stand innerhalb kurzer Zeit unter Wasser, als die Fluten in den frühen Morgenstunden am 14. Mai kamen. Teile der Stadt waren noch bis vor wenigen Tagen überflutet. Anfang dieser Woche konnten die Familien zum ersten Mal in ihre Häuser zurückkehren, schilderte Neboijsa Simic, Einwohner der Stadt, die Lage gegenüber "Kathpress" bei einem Lokalaugenschein vor Ort. Erst jetzt wird das wahre Ausmaß der Katastrophe erkenntlich: Viele der Häuser sind abbruchreif. Wo noch etwas zu retten war, haben die Säuberungs- und Aufräumarbeiten begonnen.
Alleine in Serbien sind mehr als 1,6 Millionen Menschen betroffen, mehr als 50 starben beim schlimmsten Hochwasser seit Beginn der Aufzeichnungen. Der Gesamtschaden wird auf mehr als eine Milliarde Euro beziffert, berichtete Darko Tot, Katastrophenhilfe-Koordinator der Caritas Serbien. Genaue Zahlen könne man aber noch nicht liefern, da viele der Ortschaften erst seit kurzem wieder zugänglich sind. "Im Moment versuchen wir, die Schäden in den einzelnen Haushalten in unseren Schwerpunktgebieten rund um Sabac, Valjevo, Obrenovac, Krupanj und Ub zu dokumentieren. Erst dann kann man genau planen, wie man die Betroffenen in der Phase des Wiederaufbaus unterstützt."
Für die erste Nothilfephase stellt die Caritas Serbien im nächsten Monat Lebensmittel, Hygieneprodukte und Nutztierfutter mit einem Gegenwert von einer Million Euro für rund 7.000 Familien bereit. Die am schwersten betroffenen Regionen liegen auf dem Gebiet der Caritas der Erzdiözese Belgrad.
Für viele Menschen sei die katholische Hilfsorganisation dort der einzigen Ansprechpartner, erklärte Tot. Vor allem in den ländlichen Gebieten, die weitab von den Hilfsgüter-Verteilungszentren in den größeren Städten liegen, sei die Lage dramatisch. "Viele dieser Menschen haben keine Möglichkeit, zu den Zentren zu gelangen. Die Caritas bringt die Hilfsgüter deshalb von ihren Büros in Belgrad, Valjevo, Sabac und Aleksinac aus direkt zu den Menschen vor Ort."
Ohne die Unterstützung der internationalen Caritas wäre das Vorhaben nicht zu bewerkstelligen, stellte der Belgrader Erzbischof Stanislav Hocevar klar. Rund 30.000 Euro kämen davon aus Serbien selber, den Rest stamme von Caritas-Organisationen aus Österreich und anderen europäischen Ländern. Der Erzbischof hob vor allem die Rolle der Caritas Österreich gegenüber "Kathpress" hervor. Noch vor 100 Jahren hätten sich Serbien und Österreich im ersten Weltkrieg feindlich gegenüber gestanden. "Heute ist Österreich eines der ersten Länder, die uns in dieser schweren Zeit unterstützen."
In Österreich habe es eine "Welle der Solidarität" gegeben, betonte Caritas-Auslandshilfe-Chef Christoph Schweifer. Dies sei einerseits den vielen bosnisch- oder serbischstämmigen Österreichern zu verdanken, aber auch dem Gefühl vieler Menschen, "dem Nachbarland helfen zu wollen". Diese Unterstützung der Bevölkerung habe die Hilfe von der ersten Stunde an durch die Caritas Österreich erst ermöglicht. In der Caritas Serbien habe man seit den frühen 1990er-Jahren einen "starken Partner".
In rund vier Wochen soll die erste Nothilfe-Phase, in der vor allem Lebensmittel und Hygieneartikel verteilt werden, abgeschlossen sein, so Hocevar. Nach diesen ersten Hilfsmaßnahmen sei es wesentlich, schnell mit dem Wiederaufbau der Häuser zu beginnen. "Wir rechnen damit, dass diese Phase mindestens sechs Monate dauern wird." Nach wie vor seien rund 25.000 der 60.000 aus Obrenovac evakuierten Menschen in Belgrad in Notunterkünften der Regierung untergebracht, der Rest habe Unterschlupf bei Verwandten und Freunden gefunden.
Hocevar appellierte, auch weiterhin zu spenden. Man stehe erst am Beginn der Aufräumarbeiten. "Die Unterstützung darf nicht nachlassen." Bemerkenswert sei auch die Solidarität der Menschen in Serbien. "Nachbarn helfen Nachbarn. In vielen Pfarren werden Sach-und Geldspenden gesammelt." Dass die Fluten eine Strafe Gottes wären - orthodoxe Priester hatten sich zuvor in serbischen Medien dahingehend geäußert - wies der Erzbischof zurück. Die Katastrophe sei viel mehr eine Chance, die Solidarität zwischen den Menschen und Ländern wieder verstärkt in den Mittelpunkt zu rücken, so der Erzbischof.
Die Hilfe der kirchlichen Einrichtungen wird unabhängig von ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit geleistet, betonte der Belgrader Apostolische Nuntius Orlando Antonini gegenüber "Kathpress" in Valjevo. Caritative Organisation ließen die "wahre Natur der Kirche offenbar werden". Auch der Papst habe in einer ersten Reaktion 50.000 Euro für die betroffenen Menschen in Serbien, im Kosovo und in Bosnien bereit gestellt. Bisher seien viele Organisationen dem Ruf des Papstes gefolgt, allen voran die internationalen Caritas-Organisationen.
Antonini hob auch die enge Zusammenarbeit der katholischen Organisationen mit lokalen Gemeinschaften, anderen caritativen Organisationen und der serbisch-orthodoxen Kirche hervor.
Keine große Unterstützung beim Wiederaufbau erwartet Caritas-Katastrophenhilfe-Koordinator Tot von der serbischen Regierung. Die staatliche Hilfe konzentriere sich vor allem auf medienwirksame Auftritte in den größeren Städten, so seine Kritik. Das Versprechen von Premierminister Aleksandar Vucic, jeder Betroffene solle bis Ende September wieder in einem Haus wohnen können, seien mehr Lippenbekenntnisse als ernst zunehmende Aussagen, betonte auch Andreas Zinggl von der Caritas-Katastrophenhilfe Österreich, der seit zwei Wochen vor Ort tätig ist.
Die Gelder aus dem Ausland seien zunächst für den Wiederaufbau der Infrastruktur und eine lückenlose Wiederherstellung der Energie- und Wasserversorgung reserviert. Auch von den Versicherungen sei nicht viel zu erwarten. "Die meisten Menschen können sich hier die teuren Zusatzversicherungen für Flutschäden nicht leisten."
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Kennwort: Hochwasser Südosteuropa
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