"Ich sehe hier, mit wie wenig Mittel wirksam Hilfe möglich ist. Gemeinsam können wir diesen Kindern helfen", sagt Caritaspräsident Michael Landau nach dem Besuch im Ernährungszentrum von Sr. Godelive in Gitega/Burundi.
"Ich sehe hier, mit wie wenig Mittel wirksam Hilfe möglich ist. Gemeinsam können wir diesen Kindern helfen", sagt Caritaspräsident Michael Landau nach dem Besuch im Ernährungszentrum von Sr. Godelive in Gitega/Burundi.
"Es braucht ehrliches Interesse und einen Marshallplan für Afrika", appelliert Caritas-Präsident Landau nach Lokalaugenschein in Burundi und Ruanda an österreichische Regierung.
Die afrikanischen Länder Burundi und Ruanda stehen im Zentrum der diesjährigen Hungerkampagne der Caritas, mit der das kirchliche Hilfswerk 150.000 Kinder retten will. Das kündigte Caritas-Präsident Michael Landau nach einem Lokalaugenschein in den beiden zu den ärmsten Ländern der Welt zählenden Staaten an. Gleichzeitig rief Landau dazu auf, Afrika differenzierter zu sehen: "Es braucht ein ehrliches Interesse, denn Afrika ist unser Nachbar, wir spüren seine Sorgen auch in Europa. Gleichzeitig ist Afrika ein Hoffnungskontinent, die Länder Afrikas können unser Partner von morgen sein."
Mit der am Sonntag, 24. Juni 2018, startenden Hungerhilfeaktion will die Caritas 150.000 Kindern ein Leben ohne Hunger ermöglichen. Burundi und Ruanda zählen zu den ärmsten Ländern der Welt, obwohl sie nicht von Dürre und Trockenheit betroffen sind. Hunger, Unterernährung und hohe Kindersterblichkeit sind in den beiden fruchtbaren Ländern die Folge von Armut und - v.a. in Burundi - von jahrzehntelangem Bürgerkrieg. Insgesamt ist in Afrika südlich der Sahara jedes dritte Kind chronisch unterernährt.
Der Spendenaufruf zur Hungerkampagne der Caritas geht einher mit einem Appell an Österreichs Regierung. Sie könne noch stärker die oft zitierte "Hilfe vor Ort" in die Tat umsetzen, sagt Caritaspräsident Landau. Die Erhöhung der Mittel für die Austrian Developement Agency "hinke derzeit nach", erinnert Landau. Außerdem schlägt er eine Ausweitung der Humanitären Hilfe für den Auslandskatastrophenfonds vor. Angesichts von Hunderttausenden unterernährten Kindern in Ländern wie Burundi und Ruanda, angesichts von aktuell 69 Mio. Flüchtlingen weltweit müsse die humanitäre Hilfe mehr Dotierung bekommen. "Wir haben es heute mit immer länger andauernden Krisen zu tun, daher ist auch eine längerfristige Perspektive wichtig."
Die EU-Ratspräsidentschaft sollte der Bundeskanzler dazu nützen, Schritte zu setzen, um die Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern voranzutreiben - "im Sinn eines Zukunftspaktes oder Marshallplanes mit Afrika", so Landau.
Mit einer Gruppe österreichischer Journalisten verschiedener Medien - unter ihnen auch Kathpress - hatte Landau in dieser Woche Partnerprojekte der Caritas Österreich in Burundi und Ruanda besucht. Die beiden bäuerlich geprägten, dicht besiedelten Länder (jeweils ca. 11 Mio. Einwohner) umfassen zusammen etwa die Hälfte der Fläche Österreichs. Sie gehören zu den am wenigsten entwickelten Ländern (Least Developed Countries), mit hoher Kindersterblichkeit und schwachem Bildungs- und Gesundheitssystem. Beide Länder blicken auf eine Geschichte von Gewalt und Massenmord zurück.
Trotzdem ist die Situation heute sehr unterschiedlich. Ruanda hat in den 24 Jahren seit dem Völkermord, bei dem 1994 mehr als 800.000 Menschen ermordet wurden, eine rasante wirtschaftliche Entwicklung durchgemacht und gilt als "Vorzeigeland" in Afrika.
Burundi, wo bei Massakern 1973 und 1993/94 mehre Hundertausend Menschen ermordet wurden, leidet bis heute an bürgerkriegsartigen Zuständen. Es hat das drittniedrigste BIP und ist das fünftärmste Land der Welt. "Einer der Gründe könnte sein, dass Ruanda doppelt so viel an Entwicklungshilfe erhält wie Burundi", sagt Landau.
Das Problem in prinzipiell fruchtbaren Ländern südlich der Sahara ist nicht der akute, sondern der chronische Hunger. Seine Wurzeln sind Armut und politische Unsicherheit. Die "Stunting-Raten" sind hoch: Das bedeutet, dass Kinder über Monate hinweg zu wenig und v.a. kaum Nahrhaftes (Eiweiß, Vitamine) zu essen erhalten. Sie sind zu klein für ihr Alter, chronisch unterernährt, körperlich und geistig unterentwickelt und anfällig für Krankheiten.
"Es ist für mich beklemmend, die Mütter mit Kindern zu sehen, die viel zu klein für ihr Alter sind, und große Augen haben. Welche Perspektiven haben diese Kinder und ihre Mütter", so Landau nach dem Besuch im Ernährungszentrum von Sr. Godelive Miburo in der Diözese Gitega/Burundi, wo seit über 20 Jahren Familien mit unterernährten Kinder unterstützt werden.
"Ich sehe aber auch, mit wie wenig Mittel wirksam Hilfe möglich ist. Gemeinsam können wir diesen Kindern helfen", zeigt sich Landau begeistert von der Ziegenverteilung im Rahmen der Caritas-Aktion "Schenken mit Sinn". Etwa 400 alleinerziehende Frauen, Witwen und Pflegemütter kommen im Jahr zu den Verteilungen. Durch die geschenkte Ziege, die jährlich etwa zwei Junge wirft, entsteht Dünger für ihre Felder und eine finanzielle Reserve für Schulgeld oder medizinische Versorgung.
Wie langfristig Ernährung sichergestellt werden kann, machte der Besuch des Landwirtschaftsprogrammes "Pradur" in der Region Muramvya (Diözese Bujambura) deutlich. 3.200 bäuerliche Familien pflanzen u.a. Bananen nach moderner, ertragsteigernder Methode an und wissen einen holzsparenden Lehmofen zu bauen, der beim Kochen die traditionelle offene Feuerstelle ersetzt. Verbessertes Saatgut, Trainings für die Verarbeitung und Vermarktung ihrer Produkte sowie die Selbsthilfe-Spargruppen sind weitere Teile des Programms.
Die politische Unsicherheit in Burundi hat seit 2015 über 400.000 Menschen veranlasst ihr Land zu verlassen. Im UN-Camp Mahama in Ruanda, an der Grenze zu Burundi und Tansania, leben derzeit über 57.000 burundische Flüchtlinge. Die Caritas der Diözese Kibungo betreut im Camp Mahama chronisch kranke, ältere und behinderte Menschen durch medizinische und psychosoziale Beratung und zusätzliche Lebensmittel. Die internationalen Mittel sind zuletzt gekürzt worden.
Die Caritas kann ihre Programme im Camp zwar derzeit noch durchführen. Der Generalsekretär der Caritas Österreich, Christoph Schweifer betont aber, es sei schwierig, Hilfe über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten. "Wir sind auf Spendengelder angewiesen. Diese fließen aber nur wenn eine Krise akut ist", so Schweifer. Langfristige Hilfe brauche immer staatliche Unterstützung.
Den Abschluss der Reise des Caritaspräsidenten bildete eine Kranzniederlegung am Genozid-Memorial Gisozi in Kigali.
Spendenmöglichkeit und Infos zur Hungerkampagne:
www.caritas.at/aktuell/kampagne/spenden-gegen-den-hunger/