Das Schauspiel erinnert an eine Familienaufstellung, durch die deutlich wird, dass diese Menschen keine Beziehung zu einander haben. Sie reden aneinander vorbei, sehen einander nicht an.
Das Schauspiel erinnert an eine Familienaufstellung, durch die deutlich wird, dass diese Menschen keine Beziehung zu einander haben. Sie reden aneinander vorbei, sehen einander nicht an.
Michael Thalheimer inszeniert an der Burg Friedrich Hebbels Familientragödie „Maria Magdalena“.
Da stehen sie. Tochter, Sohn, Mutter. In einem schmalen, hohen, dunklen Kasten. Weit über ihnen blitzt silbern ein Kreuz. In der Enge des Kastens stehen sie zusammen. Doch jeder ist allein. Unheil verkündend poltert das Familienoberhaupt Meister Anton (Tilo Nest) heran.
Die Tragödie nimmt ihren Lauf: Sohn Karl (Tino Hillebrand) wird des Diebstahls bezichtigt. Die Mutter (Regina Fritsch) trifft der Schlag. Tochter Klara (Sarah Viktoria Frick) wird von ihrem Verlobten Leonhard (Lucas Gregorowicz) verlassen. Um seinen guten Ruf gebracht, setzt Meister Anton Klara unter Druck. Sie müsse die Familienehre wahren, andernfalls werde er sich das Leben nehmen. Doch Klara ist schwanger. Ihr heimgekehrter Jugendfreund (Albrecht Abraham Schuch) liebt sie. Aber nicht genug, um das Kind eines anderen zu akzeptieren. Er fordert Leonhard zum Duell. Klara hat nur die Wahl, ihrem Vater die „Schande“ zu gestehen oder die Ehre ihrer Familie durch Selbstmord zu retten.
Als Friedrich Hebbel (1813 - 1863) „Maria Magdalena“ schrieb, wehrte er sich gerade heftig gegen die Heiratspläne seiner langjährigen Gönnerin Elise Lensing. Sie hatte mit Hebbel einen Sohn und war wieder schwanger von ihm.
„Maria Magdalena“ war Hebbels erfolgreichstes Werk. Regisseur Michael Thalheimer trifft mit seiner starren Inszenierung den Ton des düsteren Stücks. Das Schauspiel erinnert an eine Familienaufstellung, durch die deutlich wird, dass diese Menschen keine Beziehung zu einander haben. Sie reden aneinander vorbei, sehen einander nicht an. Mit wenigen Ausnahmen. Olaf Altmanns Bühnenbild zeigt die Beklemmung der Protagonisten. Der große dunkle Kasten gerät gleich der „heilen Welt“ des Patriarchen ins Wanken. Er ist ein Käfig, gegen dessen Mauern Klara verzweifelt und vergeblich anrennt. Ein Grab, das die Ausweglosigkeit allgegenwärtig macht.
Trotz stimmiger Umsetzung, trotz guter Schauspieler vermag die Tragödie nicht zu berühren. Vielleicht schafft soviel Distanz auf der Bühne auch Distanz zum Publikum.