Marienkrönung (Besitz des Herzogs von Urach).
Marienkrönung (Besitz des Herzogs von Urach).
Das Belvedere in Wien zeigt in einer einzigartigen Ausstellung das Werk des „Meisters von Schloss Lichtenstein“.
Seinen wirklichen Namen kennt die Kunstgeschichte nicht: Er wird Meister von Schloss Lichtenstein genannt, weil sich zwei seiner großen Altarflügeltafeln seit den 1840er Jahren auf der neugotischen Burg Lichtenstein bei Reutlingen in Baden-Württemberg befinden: „Marientod“ und „Marienkrönung“.
„Er ist einer der bedeutendsten mitteleuropäischen Maler des 15. Jahrhunderts“, sagt Agnes Husslein-Arco, Direktorin des Belvedere. „Mit sechs Tafeln beherbergt das Belvedere den größten geschlossenen Bestand des sonst schon in der Zeit vor 1825 in der ganzen Welt verstreuten Werkes des Wiener Malers.“ Nun wurden insgesamt 20 kostbare Tafelgemälde von Schloss Lichtenstein und anderen Sammlungen erstmals in einer Ausstellung zusammengeführt. Eine Tafel aus Philadelphia konnte aus konservatorischen Gründen nicht transportiert werden. Zwei Berliner Bilder verbrannten in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges. Sie werden durch Reproduktionen ersetzt. Diese Zusammenführung bietet bis 23. Februar 2014 den Besuchern die Gelegenheit, das Werk in seiner Gesamterscheinung zu betrachten.
Die in Vorbereitung der Ausstellung erfolgten Untersuchungen setzten allen bisherigen Spekulationen, ob und wie die einzelnen Bilder zusammengehören, ein Ende. „23 der 26 ursprünglich zusammengehörenden Tafelbilder stammen von einem einzigen monumentalen Flügelaltar“, erklärt Husslein-Arco. Im ganz geschlossenen Zustand des Altars war die Passionsserie zu sehen, einmal geöffnet wurde ein Marien- und Jugend-Jesu-Zyklus sichtbar, ganz geöffnet konnten die Gläubigen die großformatigen Marientafeln der Festtagsseite bestaunen.
„Es ist dies der größte Bestand eines Altarwerkes aus der Wiener Gotik, größer als der Albrechtsaltar und der Schottenaltar“, sagt Kuratorin Veronika Pirker-Aurenhammer. Sie hofft insgeheim, dass vielleicht noch die restlichen drei Tafeln auftauchen könnten. Die Zeit um 1450 sei eine bedeutende Epochenschwelle in der Kunst der Gotik, so Pirker-Aurenhammer. „Die auf ästhetische Reize angelegte Malerei wird plötzlich von einem Realismus abgelöst."
ml