Kirchenneubauten (im Bild der Innenraum der Donaucitykirche), sind selten geworden, in Neubaugebieten aber weiter ein Thema.
Kirchenneubauten (im Bild der Innenraum der Donaucitykirche), sind selten geworden, in Neubaugebieten aber weiter ein Thema.
70 Jahre Bauamt der Erzdiözese Wien: Bauamtsleiter Harald Gnilsen im Gespräch über aktuelle Herausforderungen.
Vor 70 Jahren, am 12. Oktober 1945, wurde das Bauamt der Erzdiözese Wien gegründet. (siehe: Keine Stiege war ihm zu steil) Zuvor waren die Erhaltung und Errichtung der Gebäude durch den staatlichen Religionsfonds geregelt.
Mit Einführung des Kirchenbeitragssystems unter nationalsozialistischer Herrschaft lagen die finanziellen Mittel bei der Kirche. „Durch die Kriegsbeschädigungen gab es einen großen Bedarf, die Pfarren bei baulichen Maßnahmen inhaltlich und finanziell zu unterstützen“, erinnert Bauamtsleiter Architekt Harald Gnilsen im Gespräch mit dem SONNTAG an die Zeit nach dem Krieg.
Bis Ende der 1980er Jahre wurde das Bauamt der Erzdiözese Wien von Geistlichen geleitet, zuletzt vom heuer im Sommer verstorbenen Prälaten Walther Panzenböck, der auch ausgebildeter Zimmermann war.
Seit 1995 obliegt die Leitung Architekt Harald Gnilsen. Mit seinem Team aus Baureferenten, Buchhalterinnen, Sekretärinnen und einem Archivar, berät Gnilsen die Pfarren in allen baulichen Belangen.
„Die Bauprojekte werden immer komplexer. Immer mehr Normen und Gesetze müssen beachtet werden, das schränkt die Selbständigkeit der Pfarren ein“, schildert Gnilsen.
Pro Jahr betreut das Bauamt rund 600 Bauprojekte mit einem Umsatz von 30 Millionen Euro. Noch in den 1960er und 70er Jahren gab es zahlreiche Kirchenneubauten auf dem Gebiet der Erzdiözese Wien. Heute steht die Erhaltung im Vordergrund, wobei der Bau von Kirchen in Neubaugebieten wie der Seestadt Aspern „weiter ein Thema“ sei, so Gnilsen.
„Wir wollen, dass Kirchen steinerne Zeichen des Glaubens in Land und Stadt sind und als solche erhalten bleiben“, betont der Bauamtsleiter. Das habe gesellschaftspolitische Relevanz, denn „nur wer seine eigenen kulturellen Wurzeln kennt, kann auch auf andere offener zugehen“.
Dass die Erzdiözese Wien – das Budget für das Bauamt ist seit 15 Jahren gleich hoch – bei sinkender Katholikenzahl nicht auf Dauer alle kirchlichen Gebäude erhalten wird können, ist seit längerem klar.
Vor allem in der Großstadt Wien in Gegenden mit einer großen Zahl an Kirchen werde es zu einer rationaleren Nutzung der Gebäude kommen müssen, auch durch Schenkungen von Kirchengebäuden an christliche Schwesternkirchen.
Zuletzt gelang eine solche Übergabe etwa bei der Kirche St. Antonius (Pouthongasse, 1150 Wien) an die rumänisch-orthodoxen Christen (wobei es weiterhin katholische Messen in St. Antonius gibt).
Die Erhaltung alter Gebäude ist ökologisch sinnvoller als ein Neubau. „Ökologie ist für uns schon lange ein Thema“, sagt Harald Gnilsen. Das Bauamt setzt auf Materialien, die wiederverwertbar sind und im Energiebereich auf erneuerbare Energien.
Kompliziert und langwierig gestalten sich mitunter Baumaßnahmen mit dem Ziel der Barrierefreiheit von Kirchengebäuden, dann z. B., wenn das kirchliche Grundstück nur bis zur Kirchentreppe reicht und für den Bau einer Rampe ein anderer Grundeigentümer zustimmen muss.
Trotz mancher Komplikationen schätzt Harald Gnilsen seinen Job: „Für uns ist es ein Privileg, nicht für einen anonymen Bauinvestor zu arbeiten, sondern für Menschen, die wir kennen“, betont er das vertrauensvolle Miteinander von Pfarren und Bauamt.
Ebenso sei es ein Privileg „mit hochwertigen Objekten“ zu arbeiten und die Ergebnisse der Arbeit sehen zu können.
Architekt Harald Gnilsen
Leiter des Bauamtes seit 1995
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien