Johnny Mhanna spielt gemeinsam mit rund 40 Männern, Frauen und Kindern, wozu sie alle der Krieg gemacht hat: Flüchtlinge.
Johnny Mhanna spielt gemeinsam mit rund 40 Männern, Frauen und Kindern, wozu sie alle der Krieg gemacht hat: Flüchtlinge.
Flüchtlinge spielen Elfriede Jelineks „Die Schutzbefohlenen“ und kommen mit den Zuschauern ins Gespräch.
Johnny liebt Mozart. Sein Lieblingsfilm ist „Amadeus“. Ende August kam der Schauspieler aus Damaskus nach Österreich.
Seither sieht man in ihm den „Flüchtling“, nicht den Künstler. Jetzt aber steht Johnny Mhanna wieder auf einer Bühne. „Man sagt, für Schauspieler ist das Theater die zweite Heimat“, so der Syrer, „das spüre ich hier in Wien. Auf dieser Bühne bin ich glücklich.“
Johnny Mhanna spielt gemeinsam mit rund 40 Männern, Frauen und Kindern, wozu sie alle der Krieg gemacht hat: Flüchtlinge.
Sie bringen Auszüge aus Elfriede Jelineks „Die Schutzbefohlenen“, verwoben mit ihren Biographien.
Der Text ist eindringlich: „Es kommen viele gar nicht erst an“, klagt der Chor der Flüchtlinge und ruft im Meer Ertrunkene oder in Autos Erstickte in Erinnerung. „Wir sind es, denen die europäische Politik jede Würde stiehlt“, sagen sie.
Und: „Wir schenken euch ... etwas, das ihr im Begriff seid zu verlieren: die Menschlichkeit.“
Die Zeilen gehen noch mehr unter die Haut, weil jene, die sie sagen, das alles tagtäglich erleben.
Entstanden ist das Theaterprojekt durch Kunstschaffende, die sich unter dem Namen „Die schweigende Mehrheit sagt JA“ für Solidarität mit Menschen in Not einsetzen.
„Mein Leben hat sich verändert, als ich zur Vorbereitung auf die Theaterproduktion „Boatpeople“ in Graz nach Lampedusa gefahren bin“, sagt Bernhard Dechant, einer der engagierten Künstler, „wir haben ein Boot knapp vor der Küste kentern gesehen, drei Menschen sind ertrunken.“
Im Stück „Schutzbefohlene performen Jelineks Schutzbefohlene“ spielt Bernhard Dechant einen Angestellten der Betreiberfirma im Erstaufnahmelager Traiskirchen, gemeinsam mit Tina Leisch ist er für Konzept und Regie verantwortlich.
„Wir wollen zeigen, dass die Menschen, die auf der Bühne stehen, mehr sind als ,Flüchtlinge‘.“ Für Bernhard Dechant ist die Aufführung deshalb nicht wichtiger als das Gespräch, das sich anschließend zwischen den Menschen auf der Bühne und jenen im Zuschauerraum entwickeln soll.
„Ich merke immer wieder, wenn die Leute aufeinander treffen, ist keine Angst mehr da und auch kein Vorurteil. Sie reagieren menschlich, zeigen Wärme, Nähe und helfen.“
So war es auch am 19. Oktober im „Schwarzenberg“ im 4. Bezirk Wiens. Nach der Vorstellung erzählte eine Irakerin, sie wünsche sich, dass ihr Mann nach Österreich kommen dürfe, sie eine Wohnung finden und gemeinsam mit ihren beiden Kindern wie eine „normale“ Familie leben können.
Eine junge Mutter aus dem Publikum bot spontan ihre Hilfe an. Zwei bis dahin Fremde umarmten einander, Tränen flossen.
Diese Begegnung hat auch Rahmatallah Noori tief bewegt. Im Stück wie im Leben möchte der junge Afghane Sänger werden. „Meine Heimat, müde von Unterdrückung, ohne Stimme ... jeder hat nach der Reihe dein Herz gebrochen“, singt er bei der Performance.
Er durchlebe dabei alle Schmerzen seines Lebens, sagt er, der nur den Krieg kennt. „Ich singe alle schlechten Gefühle heraus, dann wird es besser.“
„Auf der Bühne werden wir alle Menschen“, freut sich sein Freund Abdulla Nurani. Gemeinsam mit den anderen wiegt er sich zu den Klängen von „Wien, du Stadt meiner Träume“.
„Sie träumen von Wien, von Österreich. Das ist unsere Heimat,“ meint Yap Sun Sun, sie arrangiert die Musik in der Produktion und kam vor 13 Jahren – nicht als Flüchtling – hierher, „für diese Leute kann es auch Heimat sein.“
Der Schöpfer des berühmten Wienerliedes Rudolf Sieczynski hatte übrigens auch keine österreichischen Ahnen.
„Schutzbefohlene performen Jelineks Schutzbefohlene"
13. November, 19 Uhr im Werk X
14. Dezember, 19 Uhr, Schauspielhaus Wien
Alle Termine: www.schweigendemehrheit.at
Für Ehrenamtliche, die in ihrer Pfarre oder Gemeinde Deutschunterricht für Flüchtlinge geben bzw. organisieren möchten, bietet die Erzdiözese Wien in Kooperation mit dem Österreichischen Integrationsfonds kostenlose Workshops an.
Es werden Anregung zu Unterrichtsmaterialien und wichtige Informationen rund um Zielgruppen und Sprachniveaus gegeben.
An jedem Workshop können 20 TeilnehmerInnen dabei sein.
Termine:
Verbindliche Anmeldung und weitere Informationen bei
Barbara Kornherr,
E-Mail: b.kornherr@edw.or.at
Tel: 01/512 35 03-3964
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien