Wenn Menschen durch die Kirchenmusik in ihrem Inneren angesprochen werden, dann werden sie auch offen für den Glauben. Wenn ich etwas höre und es berührt mich, dann frage ich natürlich: Was wird dort gesagt? Um wen geht es hier?
Wenn Menschen durch die Kirchenmusik in ihrem Inneren angesprochen werden, dann werden sie auch offen für den Glauben. Wenn ich etwas höre und es berührt mich, dann frage ich natürlich: Was wird dort gesagt? Um wen geht es hier?
Friedrich Lessky, Musikpädagoge, Chorleiter und Kirchenmusiker, spricht mit dem "SONNTAG" zum Fest der hl. Cäcilia am 22. November, über seinen großen Lebenstraum „Kirchenmusik“.
Friedrich Lessky erklomm im zarten Alter von 13 Jahren die Orgel. Ein Kindheitstraum ging in Erfüllung.
Der musikalisch hochbegabte Bub hatte nach dem Ministrieren die Lieder, die er in der Kirche gehört hatte, zu Hause auf dem Klavier nachgespielt.
Lessky, geboren 1934 in Ried im Innkreis, war bereit für die Musik seine Familie und seine Heimatstadt zu verlassen und den Fuß in die Großstadt Wien zu setzen, damals russische Besatzungszone.
„Als ich über die Enns-Brücke fuhr, hatte die Mutter Angst, einen Sohn nach Wien zu verlieren“, erinnert er sich im Gespräch mit dem SONNTAG. Der Vater war im Krieg vermisst, sein Bruder und seine Schwester blieben bei der Mutter.
Friedrich Lessky kam in Wien bei den Barmherzigen Brüdern unter. Die Novizen waren im Krieg ausquartiert worden und ihre Zellen standen leer. Die Ordensmänner ließen ihn nicht an der Orgel spielen. Das Instrument galt als Heiligtum.
So widmete sich Lessky dem Ministrieren und er studierte: Musikpädagogik, Geschichte und Orgel. „Die Orgel kam damit ins Zentrum meines Lebens und ist es bis heute“, sagt der vielfach geehrte Kirchenmusiker (u. a. erhielt er das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich).
Lessky baute ab 1964 das Wiener Musikgymnasium auf und leitete es viele Jahre. Die Liebe zur Musik gab er auch an seine Söhne weiter. Lessky wirkt heute an vier Wiener Kirchen als Organist und Chorleiter. Von Alter Musik über die Klassik und Romantik bis zur Moderne reicht sein Repertoire.
erzählt er u. a. über seinen Weg zu seinem großen Lebenstraum „Kirchenmusik“, den großen Umbruch durch die Liturgiereform des II. Vatikanums, das notwendige Feingefühl in der Musikpädagogik, Kirchenmusik als Hinführung zum Glauben und den Aufstieg der Frauen.
Wie kamen Sie zur Kirchenmusik?
Friedrich Lessky: Als Kind war für mich beim Ministrieren die Verbindung zur Musik durch die Liturgie gegeben. Schon damals war für mich nur eines interessant – einmal möchte ich auf einer Orgel spielen.
Dazu musste ich zunächst Klavier lernen. Mein Musiklehrer am Gymnasium setzte mich als Organist ein. Das war eine Zeit, in der wir im Advent noch zwei Roraten in der Früh hatten. Da bin ich direkt in die Kirchenmusik hineingewachsen.
Was bedeutete für Sie als Kirchenmusiker die Liturgiereform des II. Vatikanums?
Friedrich Lessky: Nach dem Konzil herrschte ein großer Aufbruch und ein großer Umbruch. Das war für mich als Kirchenmusiker ungeheuer wertvoll, weil wir aus dem engen Korsett des Lateinischen herausgekommen sind und das andere dazu machen konnten. Jetzt durften wir auch einen Bach aufführen.
Die Kirchenmusik bekam durch das Konzil einen ganz neuen Aspekt durch die Einbeziehung auch des Volkes in den Chorgesang bei einem Hochamt.
Waren Sie immer gläubig? Hatten Sie jemals Zweifel?
Friedrich Lessky: Ich war immer gläubig. Ich bin in einem Milieu aufgewachsen, in dem der Gottesdienstbesuch selbstverständlich war und man die Kirche geschätzt hat. Durch die Kirchenmusik war ich in so enger Verbindung mit dem Glauben und der Kirche, dass mich manches nicht gestört hat.
Wie kann man Kindern die Liebe zur Musik weitergegeben?
Friedrich Lessky: Ein allgemein gültiges Rezept gibt es nicht. Es gibt Musikpädagogen, deren Kinder total uninteressiert an Musik sind. Man kann von Glück reden, wenn sich eine Begabung zeigt und man die Begabung auch fördern kann.
Ein Kind zeigt seine Talente, dann ist es gut, ihm die Möglichkeit zu geben, ein Instrument zu lernen und sich dann auch dafür zu interessieren, zu fragen: Wie gefällt dir das? Wie geht es dir damit?
Aber man darf keinen Zwang walten lassen, sondern man muss das Kind behutsam begleiten. Ein völlig unmusikalisches Kind gibt es nicht. Ich weiß aus Erfahrung: Jedes Kind kann singen lernen. Niemals darf man sagen „Du singst falsch!“, dann ist es schon aus.
Gibt es einen Feind der Kirchenmusik?
Friedrich Lessky: Ja, das sind Menschen, die den Gottesdienst ganz puritanisch sehen und sagen: Wir brauchen keine Kirchenmusik. Vieles hängt vom verantwortlichen Geistlichen ab. Wenn dieser Interesse hat, wird auch die Kirchenmusik eine entsprechende Bedeutung haben und umgekehrt.
Es gibt auch Menschen im Pfarrgemeinderat, die sagen: Das brauchen wir nicht. Dann besteht die große Gefahr, dass es dann keine Kirchenmusik mehr gibt.
Kann Kirchenmusik Menschen zum Glauben führen?
Friedrich Lessky: Ja, wenn man Menschen durch die Kirchenmusik in ihrem Inneren ansprechen kann, dann werden sie auch offen für den Glauben. Wenn ich etwas höre und es berührt mich, dann frage ich natürlich: Was wird dort gesagt? Um wen geht es hier?
Ich kenne eine ganze Reihe von Menschen, die kirchenkritisch sind, aber durch die Kirchenmusik immer wieder mit der Kirche in Kontakt treten.
Was wollen Sie jungen Kollegen und Kolleginnen mitgeben?
Friedrich Lessky: Ich würde ihnen mitgeben, dass man sehr glückliche Stunden erleben kann, die einem einen inneren Frieden geben, weil man durch das Orgelspielen die Menschen hinführt zu Gott.
Ein junger Organist sollte immer daran denken: Das was ich hier tue, tue ich in erster Linie zur Ehre Gottes. Wenn ich das vor Augen habe, kann ich hier sehr glücklich werden. Man sollte, auch wenn es manchmal schwer ist, diesen Beruf des Organisten in der Kirche ernst nehmen, und man soll nicht verzweifeln, wenn einmal etwas nicht gelingt.
Wie steht es um die Frauen in der Kirchenmusik?
Friedrich Lessky: Frauen in der Kirchenmusik waren lange Zeit verboten – es durften nur Knaben und Männer singen.
Ich kenne heute sehr viele Organistinnen, aber die Tradition wirkt noch nach. Als unser Musikgymnasium 1964 gegründet wurde hatten wir fast keine weiblichen Schüler – weil Frauen keine Chance hatten in ein Orchester zu kommen. Das verursachte uns Probleme beim Chorsingen.
Heute ist es genau umgekehrt. Jetzt haben wir wesentlich mehr Schülerinnen. In Kirchenmusikorchester spielen oft nur Frauen. Kein Orchester kommt heute ohne Frauen aus.
Wenn wir nicht den weiblichen Nachwuchs hätten, wären wir in großen Schwierigkeiten. In der Kirchenmusik haben wir die Frauen schon hervorragend integriert...
Friedrich Lessky
baute ab 1964 das Wiener Musikgymnasium
Mozart-Interpretationspreis für junge Künstler (1974)
Ehrenzeichen vom hl. Stephanus in Bronze der Erzdiözese Wien (1979)
Berufstitel Hofrat (1988)
Päpstliches Ehrenkreuz Pro Ecclesia et Pontifice (1989)
Komturkreuz des päpstlichen Silvesterordens (1992)
Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1995)
Erinnerungsmedaille in Silber der Musikuniversität Wien (1999)
Großes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (2001)
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Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien