„Future Baby“ – eine globale Spurensuche zu den Betroffenen.
„Future Baby“ – eine globale Spurensuche zu den Betroffenen.
Sehenswert – und besorgniserregend: Maria Arlamovskys Film „Future Baby“ (ab 15. April im Kino) wirft sonst meist ungestellte ethische Fragen zum Thema Fortpflanzungsmedizin auf.
Was bedeutet es, wenn tausende Embryonen in großen metallischen Behältern über Jahrzehnte tiefgefroren werden?
Werden diese Behälter im Film „Future Baby“ geöffnet und dampft der Stickstoff daraus, ist im Hintergrund stets eine Art leise tickende Babymusik zu hören.
Eine beunruhigende Frage stellt sich: Handelt es sich bei den im Labor künstlich hergestellten Embryonen nur um Zellhaufen oder nicht doch bereits um menschliches Leben, das da „irgendwie“ existiert und vor sich hintickt?
Die österreichische Regisseurin Maria Arlamovsky begibt sich in „Future Baby“ auf eine weltweite Spurensuche zum Thema Fortpflanzungsmedizin und lässt u.a. Paare mit Kinderwunsch, Forscher, Eizellenspenderinnen und Leihmütter zu Wort kommen.
Deutlich wird eine besorgniserregende Tatsache: Was ursprünglich zum Ziel hatte, den Kinderwunsch unfruchtbarer Paare zu erfüllen, hat sich zu einem globalen lukrativen Wirtschaftssektor entwickelt.
Ohne zu werten begleitet Arlamovsky eine Leihmutter zur Ultraschalluntersuchung während der Schwangerschaft oder filmt Lagerarbeiter der „Cryobank“ in Kalifornien (USA).
Hier lagert jede Art von reproduktivem Gewebe: Eizellen, Sperma aber eben auch Embryos. Direktor Scott Brown im Film: „Wir lagern sie in flüssigem Stickstoff, der sie auf minus 240 Grad Celsius hält. Sie verharren in einem Zustand von Kältestarre. Solange das Zellgewebe gefroren ist, ist es für immer haltbar.
30 Jahre, 40 Jahre, egal. Dann taut man Embryos, Spermas oder Eizellen auf, und erschafft vermutlich ein Kind.“
Israel gilt als eines der Länder mit den liberalsten Gesetzen in puncto Fortpflanzungsmedizin.
Hier tauchen Fragen auf, die skurill erscheinen, aber real sind: „Es gibt Soldaten, deren Sperma entnommen wurde, sogar nach ihrem Tod, und eingefroren wurde, weil die Familie das so wollte. Einige dieser Männer waren nicht verheiratet. Also ist die Frage, was man mit dem Sperma macht.
Welche Eizellen man verwendet, wer dann damit schwanger wird, wie die Zukunft des Babys aussieht, das mit dem Sperma eines toten Vaters gezeugt wurde.
Dasselbe kann auch mit einer Frau passieren, die ihre Eizellen eingefroren hat, und leider nicht mehr lebt. Dann erschafft man ein Baby, dessen Mutter nicht mehr lebt“, führt der israelische Reproduktionsspezialist Jaron Rabinovici aus.
Auch Kinder, gezeugt durch Samenspende, kommen zu Wort: „Als ich jünger war, wollte ich unbedingt wissen, wer mein Vater ist. Als mir die Unmöglichkeit klar wurde, war das das Schwierigste.
Nicht die Tatsache, dass meine Familie anders ist, sondern dass ich meinen Vater nicht kenne, dass ich die Hälfte meiner Wurzeln nicht kenne, die Hälfte meines genetischen Erbes“, sagt die junge Noa Shidlo aus Israel.
Regisseurin Maria Arlamovsky ist Mutter eines Adoptivsohnes und zweier Pflegekinder. „Kinder sind für mich ein wichtiger Teil meines Lebens, ein Teil, den ich – trotz aller Anstrengung – nicht missen möchte“, sagt sie.
Mit ihrem Film wollte sie erkunden, „wohin uns diese rasanten Entwicklungen der Reproduktionsmedizin, Genetik und Geburtenkontrolle führen; ich denke, wir sollten dringend beginnen, uns Fragen zu stellen – wie weit wollen wir eigentlich gehen?“
Maria Arlamovsky, geboren 1965, studierte 1984 Kleinplastik und Metallgestaltung bei Guy Lomné in Paris. Von 1991 - 2000 Studium an der Universität für Musik und darstellende Kunst, Studienrichtung Produktion. Konzeption und Organisation mehrerer Filmschauen zum Thema Frauenkörper. Eigene Dokumentarfilmarbeiten ab 1998. (Quelle: filmfonds-wien.at)
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