„Es geht um die Freude und Lebendigkeit, die die Menschen erleben, aber auch um Ehrfurcht und Dankbarkeit“.
„Es geht um die Freude und Lebendigkeit, die die Menschen erleben, aber auch um Ehrfurcht und Dankbarkeit“.
Viele von uns genießen die Ballsaison und werfen sich ins Tanzgeschehen. Es gibt auch eine religiöse Dimension des Tanzes, die heute verstärkt wiederentdeckt wird.
Oh Mensch, lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel mit dir nichts anzufangen“, lautet eines der berühmtesten Zitate von Augustinus. Ob im Himmel getanzt wird? In Österreich steuert derzeit die Ballsaison auf den Höhepunkt zu. Anlass für uns, uns die Beziehung von „Kirche und Tanz“ näher anzuschauen.
„Tanz und Religion sind von alters her eng miteinander verknüpft“, erzählt die Tanzpädagogin und Kreistanzleiterin Ulli Bixa dem SONNTAG: „Der sakrale Tanz war immer ein Mittel, mit Gott in Verbindung zu treten, ihn zu verehren und zu loben. Man hat bis zum Mittelalter im Christentum den Körper im Gebet miteinbezogen.“
Bekanntestes biblisches Beispiel der Gottesverehrung durch Tanz ist König David bei der Überführung der Bundeslade nach Jerusalem: „David und das ganze Haus Israel tanzten und sangen vor dem Herrn mit ganzer Hingabe und spielten auf Zithern, Harfen und Pauken, mit Rasseln und Zimbeln ... Und David tanzte mit ganzer Hingabe vor dem Herrn her“ (2. Sam 6). David tritt in seinem Tanz in eine so enge Beziehung zu Gott, dass ihm die Kritik seiner Frau Michal – er habe sich durch das Tanzen lächerlich gemacht – nichts anhaben kann.
Tanz galt in der Bibel auch als Opfergabe. „Es wird öfters darauf verwiesen, dass Gott eine Vorliebe für das gesungene bzw. das getanzte Gebet gegenüber den Schlachtopfern hat“, sagt Ulli Bixa. Gott bevorzugt also Tanz und Gesang gegenüber den Brandopfern. Im Tanz als Gebet erfährt der Tanzende die religiöse Dimension der Bewegung und wird aktiver Teilnehmer am Schöpfungswerk Gottes.
Ulli Bixa leitet seit vielen Jahren Seminare zu „Kreistanz“ und „Tanz als spiritueller Praxis“ u. a. in kirchlichen Bildungshäusern. Die Niederösterreicherin ist ausgebildete integrative Tanzpädagogin und absolvierte den „Lehrgang für Weltreligionen“, dessen Leitung sie später inne hatte.
Ihre Liebe zum sakralen Tanz entdeckte Ulli Bixa 1990 bei einem Tanzseminar mit Maria-Gabriele Wosien (bekannt ist Wosiens Buch „Tanz als Gebet. Feiert Gottes Namen beim Reigen“). „Maria-Gabriele Wosien und ihr Vater Bernhard Wosien haben ganz wesentlich zur Wiederentdeckung des sakralen Tanzes in den letzten Jahrzehnten beigetragen“, sagt Bixa.
Noch im frühen Christentum waren Tanz und Gebetsgebärden in der Glaubenspraxis selbstverständlich. Durch die zunehmende Abwertung des Leiblichen im Mittelalter verkümmerten diese religiösen Ausdrucksformen.
Was genau ist mit „Sakraler Tanz“ oder „Tanz als Gebet“ heute gemeint?
Bixa: „Es geht nicht darum, mit dem sakralen Tanz eine Aufführung oder Performance zu machen. Das Anliegen des sakralen Tanzes ist es, den Weg einer spirituellen Entwicklung zu weisen.“ D. h. „Tanz als Gebet“ wird nicht (in erster Linie) als liturgischer Teil eines Gottesdienstes verstanden, sondern als ein spiritueller Übungsweg, den man z. B. als kleine Gruppe in der Pfarre unter Anleitung regelmäßig beschreitet.
In Bixas Seminaren herrscht eine dichte, meditative Atmosphäre. Gebet und Tanz vereinen in sich die Grundhaltungen der Hinwendung und der Hingabe. „Ich habe im Sakralen Tanz immer wieder Lebensfreude, Ehrfurcht und mich selbst als Geschöpf im Hier und Jetzt erfahren dürfen“, berichtet eine Teilnehmerin von Bixas Seminarreihe „Tanz als spirituelle Praxis“ (ab Februar 2017 im Bildungshaus Großrussbach).
Besondere Ausdruckskraft kommt dem Kreistanz zu. Ulli Bixa: „Hier werden viele heilsame Erfahrungen gemacht: Die Tanzenden fühlen sich eingebunden in ein größeres Ganzes und getragen von einer Gemeinschaft, entwickeln Vertrauen in eine Balance aus Bindung und Freiheit. Und es geht auch um das Umwandeln einer Mitte mit der Bitte, sie möge uns aufleuchten.“
Ulli Bixa verwendet in ihren Seminaren traditionelle Musik aus den Völkern (Osteuropa, Griechenland...) sowie sakrale und klassische Musik. Inspirationsquelle für die Choreografien sind häufig Ikonen sowie sakrale Kunstwerke.
„Es geht um die Freude und Lebendigkeit, die die Menschen erleben, aber auch um Ehrfurcht und Dankbarkeit“, so Bixa. Ziel sei es nicht, das für sich selbst zu machen, sondern „diese Haltung, die man beim Tanzen schult, in die Gemeinschaft einzubringen und ein Bewusstsein zu entwickeln, dass sich die Liebe Gottes in der Gemeinschaft verwirklicht.“
Tanzpädagogin und Kreistanzleiterin
Ulli Bixa
Infos unter:
www.choretaki.com/profil/ulli-bixa
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