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27.01.2020 · Glaube · Kunst&Kultur

Das verborgene Leben der Familie Jägerstätter

Schon während das bäuerliche Leben der Familie in herrlichen Bildern gezeigt wird, ist Vieles im Film mehrdeutig und vorausdeutend: Wenn Franz Jägerstätter säend über den Acker geht, muss man unweigerlich an das Gleichnis vom Sämann aus dem Evangelium denken.

Der Film „Ein verborgenes Leben“ – ab 31. Jänner in unseren Kinos – schildert in beeindruckender Weise, was die Werhdienstverweigerung Franz Jägerstätters für ihn und seine junge Familie bedeutete.

Star-Regisseur Terrence Malick ist ein vielschichtiges religiöses Meisterwerk gelungen, das bei den Filmfestspielen von Cannes mit dem Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet wurde. 

 

 

Was ging im Inneren des Franz Jägerstätter an Kraftanstrengung und Mut zum Widerstand vor, dass er diesen Weg trotz unzähliger Angebote, einen anderen einzuschlagen, bis zum Ende ging?

 

Terrence Malicks sehenswertes Filmdrama „Ein verborgenes Leben“ kreist um diese Frage und führt uns Zuseher in den entscheidenden Jahren ganz nah an den Innviertler Bauern heran, der sich aus seinem christlichen Glauben heraus weigerte, für die Nationalsozialisten in den Krieg zu ziehen und dafür hingerichtet wurde.

 

„Ein verborgenes Leben“ wartet mit Starbesetzung auf: August Diehl verkörpert Franz Jägerstätter, dessen Frau Franziska spielt Valerie Pachner. In weiteren Rollen: Tobias Moretti als Dorfpfarrer, Franz Rogovski als Jägerstätters Freund in der Haft, Bruno Ganz ist als Richter in seiner letzten Rolle zu sehen.


„Außergewöhnlich und herzzerreißend“, „ein intensives Porträt tatsächlicher christlicher Hingabe“ und eine „verdammende Studie, wie sich religiöse Institutionen dem Bösen unterordnen können“, nannte der Filmkritiker der Los Angeles Times, Justin Chung, den Film.


Sehenswertes bildgewaltiges Epos

Auch die Jägerstätter-Biografin Erna Putz findet „Ein verborgenes Leben“ des US-Regisseurs trotz einiger historischer Ungenauigkeiten beeindruckend und sehenswert, wie sie Kathpress mitteilte.

 

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Es handle sich um ein bildgewaltiges Epos, in dem der mehrfach ausgezeichnete Filmemacher mit vielen auch nonverbalen Botschaften und Symbolen den scharfen Kontrast zwischen der liebevoll-gläubigen familiären und dörflichen Lebenswelt des Innviertler Ehepaares Jägerstätter einerseits und der wie Gewitterwolken heraufziehenden verblendeten Nazi-Ideologie und ihren gewalttätigen Folgen andererseits veranschaulicht.

 

„Ein verborgenes Leben“ führt zu Beginn in eine wunderschöne Landschaft. Gedreht wurde nicht in St. Radegund, sondern in Südtirol – die beeindruckende Gebirgslandschaft ist somit historisch nicht korrekt.

 

Schon während das bäuerliche Leben der Familie in herrlichen Bildern gezeigt wird, ist Vieles im Film mehrdeutig und vorausdeutend: Wenn Franz Jägerstätter säend über den Acker geht, muss man unweigerlich an das Gleichnis vom Sämann aus dem Evangelium denken. Wenn er gedankenvoll die Sense schärft, kommen wir nicht umhin, an das Fallbeil zu denken, durch das er sterben wird.

 

Das glückliche und von der großen Liebe zwischen Franz und Franziska geprägte Familienleben wird bald überschattet, die einander so innig Verbundenen auseinandergerissen. Franz verweigert den Wehrdienst für Hitler – nichts und niemand kann ihn umstimmen. Auch vom Diözesanbischof, der sich „vernünftig-besonnen“ mit dem Regime arrangiert, erfährt er keine Unterstützung und bleibt auf sich allein gestellt.


Franz Jägerstätter begründete seinen Widerstand auch mit einem Traum, den er gehabt habe: von einem Zug, mit dem alle Menschen mitfahren wollen, vor dem ihn aber eine Stimme mit den Worten „Dieser Zug fährt in die Hölle!“ warnte. Dieser Traum wird im Film zwar angesprochen, aber (anders als bei Axel Corti) nie ausformuliert.  


Radegund war kein „Nazi-Nest“

Der oberösterreichischen Theologin und Jägerstätter-Biografin Erna Putz fielen einige Inhalte auf, in denen Malick wohl aus dramaturgischen Gründen von geschichtlich unleugbaren Tatsachen abweicht.

 

Am gravierendsten dabei: Anders als im Film dargestellt, wäre Franz Jägerstätter bereit gewesen, während des Krieges Sanitätsdienst in der deutschen Wehrkraft zu leisten (das Gericht ging darauf jedoch nicht ein).

 

Historisch unrichtig ist nach den Recherchen der Biografin auch die nach der Inhaftierung feindselige Haltung der Dorfbewohner gegenüber den Jägerstätters – sogar die drei kleinen Töchter werden im Film schikaniert. Radegund sei kein „Nazi-Nest“ gewesen und Jägerstätter angesehen im Ort.

 

Richtig dargestellt sei, dass der Ortspfarrer Franziska Jägerstätter auf der Reise zu ihrem inhaftierten Mann in Berlin begleitet habe. Tobias Moretti überzeugt hier als Geistlicher, der angesichts des Todesurteils für eines seiner Schäfchen vollkommen hilflos ist.


Trotz dieser historischen Abweichungen bleibt „Ein verborgenes Leben“ ein tief beeindruckender und extrem religiös geprägter Film. Selten wurde wohl in einem starbesetzten Kino-Epos so viel gebetet, wenn etwa die Frauen die Arbeit auf dem Feld für das Gebet unterbrechen oder Jägerstätter in der Zelle betend zum Himmel aufblickt.

 

Während die Kamera den unendlich langen Gängen und tristen Treppenhäusern des Gefängnisses folgt, hören wir Psalmen, abwechselnd gebetet von Franz und Franziska, sowie herzzerreißende Zitate aus den Briefen, die von der Sehnsucht der Jägerstätter-Kinder nach ihrem Vater berichten. „Ein verborgenes Leben“ erzählt nicht zuletzt auch von der Zerstörung einer Familie.


Jägerstätter-Tochter: „wirklich berührend“

Die mittlere der drei Jägerstätter-Töchter, die 1938 geborene Maria Dammer, nannte den Film im Interview mit der Linzer Kirchenzeitung „großartig gemacht und wirklich berührend, aber für uns als Familie auch belastend“. Die brutalen Passagen im zweiten Teil des Films über die Haft ihres Vaters in Berlin-Tegel seien für sie „bedrückend“.

 

Trotzdem finde sie es wichtig, dass so viel über ihren Vater gesprochen wird. Auch heutige Menschen sollten erfahren, „dass man nicht alles nachmachen soll, was einem so vorgegeben wird, sondern überlegen, ob das auch richtig ist“.

 

Genau dies sei die Haltung des Märtyrers gewesen: „Nicht auf das schauen, was die anderen sagen, sondern sich selbst informieren und nachdenken, was ist richtig und was nicht.“


SONNTAGS-Fazit: Ein starker und absolut sehenswerter Film, ein religiöses Filmkunstwerk aus der Hand eines Star-Regisseurs.

erstellt von: Der SONNTAG / Agathe Lauber-Gansterer
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Weitere Informationen:

Filmtrailer

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Kurzbiografie

Sel. Franz Jägerstätter

Franz Jägerstätter wird am 20. Mai 1907 in St. Radegund, Oberösterreich als Kind der ledigen Bauernmagd Rosalia Huber geboren.

 

Die Mutter heiratete 1917 den Bauern Heinrich Jägerstätter, der bei der Hochzeit das Kind seiner Frau adoptiert.

 

1935 lernt er Franziska Schwaninger, Bauerntochter aus dem benachbarten Hochburg, kennen und sie heiraten am Gründonnerstag 1936. Sie bewirtschaften gemeinsam den Hof.

 

Franz Jägerstätter ist ab 1941 Mesner in St. Radegund. Aus der Ehe gehen drei Töchter hervor.

 

1940 wird Jägerstätter zum Militärdienst einberufen, wird aber jeweils als unabkömmlich eingestuft und kann nach wenigen Tagen auf den Hof zurückkehren. Einer weiteren Einberufung leistet er nicht mehr Folge.

 

Am 1. März 1943 erklärt er nach seiner erneuten Einberufung in Enns, „dass er auf Grund seiner religiösen Einstellung den Wehrdienst mit der Waffe ablehne (…)“. Jägerstätter wird in das Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis im Linzer Ursulinenhof gebracht und Anfang Mai in das Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis Berlin-Tegel überstellt.

 

Am 6. Juli 1943 wird Franz Jägerstätter wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt und am 9. August 1943 hingerichtet. 

 

Papst Benedikt XVI. sprach Franz Jägerstätter 2007 selig.

 

Franziska starb 100-jährig 2013.



Der SONNTAG vergibt 3 x 2 Karten für den Besuch des Films in Wiener Kinos.

 

Zuschriften an: redaktion@dersonntag.at (Kennwort „Ein verborgenes Leben).


weitere Informationen zu

 

Der SONNTAG
die Zeitung der Erzdiözese Wien
Stephansplatz 4/VI/DG
1010 Wien
T +43 (1) 512 60 63
F +43 (1) 512 60 63-3970

E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at

 

 

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