Mit einem Dekret namens "Io resto a casa" (Ich bleibe zu Hause) sind alle 60 Millionen Einwohner Italiens von Dienstag, 10. März, an aufgefordert, die eigenen vier Wände möglichst nicht zu verlassen.
Mit einem Dekret namens "Io resto a casa" (Ich bleibe zu Hause) sind alle 60 Millionen Einwohner Italiens von Dienstag, 10. März, an aufgefordert, die eigenen vier Wände möglichst nicht zu verlassen.
Italiens Ministerpräsident Conte hat das ganze Land zur Seuchensperrzone erklärt - Auch die Bewegungsfreiheit der Bürger Roms ist dadurch deutlich eingeschränkt. Die Kirche will die Gläubigen in der Krise aber keinesfalls alleinlassen. Von Kathpress-Korrespondent Alexander Pitz.
Auf den ersten Blick wirkt alles recht normal in Rom: strahlender Sonnenschein, frühlingshafte Temperaturen, geöffnete Cafes. Doch einiges ist anders an diesem Dienstagmorgen. In der Nacht zuvor gab Ministerpräsident Giuseppe Conte eine düstere Pressekonferenz. Mit eindringlichen Worten erklärte er ganz Italien, und damit auch die Ewige Stadt, zur größten Seuchensperrzone Europas. "Unsere Gewohnheiten müssen sich ändern, wir müssen alle etwas aufgeben zum Wohl des Landes", lautet der Appell des Regierungschefs.
Mit einem Dekret namens "Io resto a casa" (Ich bleibe zu Hause) sind alle 60 Millionen Einwohner von Dienstag an aufgefordert, die eigenen vier Wände möglichst nicht zu verlassen. Ausnahmen gelten nur bei "triftigen Gründen". Mit dieser drastischen Aktion will Italien endlich die rasante Ausbreitung des Coronavirus eindämmen. Inzwischen haben sich - trotz aller bisherigen Vorkehrungen - fast 10.000 Menschen infiziert, mehr als 460 sind gestorben.
Von Panik ist in der italienischen Hauptstadt dennoch wenig zu spüren. Zwar gibt es Medienberichte über Hamsterkäufe in einigen Supermärkten, aber in den meisten Straßen zeigt sich ein ruhiges Bild. In der Via Trionfale im Herzen Roms sind Bauarbeiter an einer Kreuzung mit Presslufthämmern zugange. Der Autoverkehr fließt - wenn auch mit deutlich weniger Fahrzeugen als sonst.
Und freilich legt jeder Römer individuell aus, was ein "triftiger" Grund zum Verlassen des Hauses sein könnte. Vor dem Blumen-Großmarkt Mercato dei Fiori sind zwei ältere Ordensschwestern dabei, einen schweren Pflanzenkübel gemeinsam ins Auto zu wuchten. Ob sie denn keine Angst vor dem Coronavirus hätten? "No, no!", ruft eine der Damen im vollen Habit und winkt genervt ab.
Doch nicht alle bringen angesichts der Epidemie derart viel Gottvertrauen mit. Der Wirt der Snack Bar "Daniele" in der Nähe des Petersplatzes serviert den Mittagscappuccino vorsichtshalber mit Gummihandschuhen. "Sicher ist sicher", sagt er. Wie alle Restaurant-und Bar-Betreiber der Stadt muss er nun bereits ab 18 Uhr schließen. Eine weitere Maßnahme, um Menschenansammlungen zu vermeiden.
Aus demselben Grund versperren Beamte der italienischen Polizei Touristen den Zugang zum Petersplatz. Der gehört zwar zur Vatikanstadt, aber aufgrund der Lateranverträge mit dem Heiligen Stuhl von 1929 ist Italien für die Sicherheit des Platzes zuständig. "Der Durchgang ist nur zu Arbeitszwecken gestattet", erläutert ein Carabiniere mit Sonnenbrille. Dies soll bis 3. April so bleiben. Doch die neuen Regeln werden mal mehr, mal weniger streng gehandhabt. Ein Rentner, der partout den Petersdom besichtigen will, mag die Sperre nicht akzeptieren. Nach einem kurzen Wortgefecht lassen ihn die Polizisten passieren.
Ohnehin wird die Vorgabe der Regierung, bis Anfang April auch "alle religiösen Feiern" auszusetzen, in etlichen Kirchen allenfalls widerwillig befolgt. Dem Vernehmen nach stieß die Anordnung bei der Italienischen Bischofskonferenz zunächst auf erheblichen Widerstand. Doch schließlich sagten die Bischöfe zu, das Verbot zum Schutz der öffentlichen Gesundheit mitzutragen.
Papst Franziskus will die Gläubigen in der Krise aber keinesfalls alleinlassen. Am Dienstag rief er in seiner Eigenschaft als Bischof von Rom alle Priester auf, den Betroffenen beizustehen: "Mögen sie den Mut haben, hinauszugehen zu den Erkrankten, um ihnen die Kraft des Wortes Gottes und die Eucharistie zu bringen."
Der Wiener Priester Franz Xaver Brandmayr, Leiter der deutschsprachigen Anima-Gemeinde in Rom, fühlt sich diesem Ruf verpflichtet. Er steht für einen pragmatischen Umgang mit den Seuchenschutzvorgaben. Seine Kirche unweit der Piazza Navona steht Pilgern weiterhin offen. "Um 18 Uhr zelebriere ich eine private Messe am Volksaltar", sagt er. Niemand könne ihn hindern, dabei laut zu sprechen, so der 63-Jährige. "Und niemand kann die Gläubigen daran hindern, in der Kirche zu beten."