Zum Auftakt seines Besuchs im Kongo fordert Franziskus ein Ende von Gewalt und Ausbeutung in dem diamantenreichen Bürgerkriegsland. Für die Situation macht er "wirtschaftlichen Kolonialismus" verantwortlich, aber auch Gier der Eliten. Ausdrücklich prangert der Papst die "Geißel der Kinderarbeit" an.
Papst Franziskus hat in Afrika zum Ende von Ausbeutung und Gewalt aufgerufen sowie Respekt vor einer eigenständigen Entwicklung des Kontinents verlangt.
Menschen seien wertvoller als alle Güter, die der Boden hervorbringe, sagte er zu Beginn einer mehrtägigen Reise am Dienstag, 31. Februar 2023, in der Demokratischen Republik Kongo unter Anspielung auf den Rohstoffreichtum des Landes. Das kongolesische Volk solle seine Identität, Würde und Berufung in die eigenen Hände nehmen. Noch immer leide das von Kriegen geplagte Land "unter Konflikten und Zwangsmigration sowie unter schrecklichen Formen der Ausbeutung, die des Menschen und der Schöpfung unwürdig sind".
Er komme "im Namen Jesu als ein Pilger der Versöhnung und des Friedens", sagte Franziskus in seiner ersten Rede in der Hauptstadt Kinshasa vor Staatspräsident Felix Tshisekedi und weiteren Vertretern aus Politik und Gesellschaft sowie Diplomaten. "Mit Gottes Hilfe sind die Menschen fähig zu Gerechtigkeit und Vergebung, zu Eintracht und Versöhnung", so der Papst. Gewalt und Hass dürften keinen Platz haben, weil sie die Entwicklung lähmten und in eine dunkle Vergangenheit zurückführten.
Der Papst geißelte einen neuen "wirtschaftlichen Kolonialismus". Das "Gift der Habsucht" habe die Diamanten des Kongo zu Blutdiamanten werden lassen, sagte Franziskus, der dabei die Gleichgültigkeit reicher Staaten verurteilte. Drastisch wies er deren Eigeninteressen in die Schranken: "Hände weg von der Demokratischen Republik Kongo, Hände weg von Afrika! Die Erstickung Afrikas muss aufhören: Es ist kein Bergwerk, das ausgebeutet, und kein Boden, der zur Plünderung freigegeben ist."
Die Diplomatie müsse Wachstumschancen für die Menschen statt der Kontrolle von Gebieten und Ressourcen in den Mittelpunkt stellen, mahnte Franziskus, ohne konkret etwa auf wirtschaftsstrategische Projekte Chinas oder westlicher Industriestaaten einzugehen. Der internationalen Gemeinschaft warf er vor, zu wenig gegen die Gewalt im Kongo zu tun: "Wir können uns nicht an das Blut gewöhnen, das seit Jahrzehnten in diesem Land fließt und Millionen von Toten fordert", so der Papst.
Gegenüber der Führungsschicht des Landes wandte er sich gegen eine Politik zugunsten der eigenen Ethnie oder von Partikularinteressen. Die Regierenden mahnte Franziskus zu diamantenklarer Transparenz und Vermeidung von jeglicher Korruption: "Man darf sich nicht von denen manipulieren oder kaufen lassen, die das Land in Gewalt belassen wollen, um es auszubeuten und verwerfliche Geschäfte zu machen."
Mit Blick auf die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im kommenden Dezember, bei denen sich Präsident Felix Tshisekedi eine zweite Amtszeit sichern will, verlangte Franziskus eine "freie, transparente und glaubwürdige" Abstimmung. In Friedensprozesse sollten Frauen, Jugendliche und Randgruppen stärker eingebunden werden.
Bildung nannte der Papst den "Weg in die Zukunft". Es gelte mehr in sie zu investieren, weil nur gut ausgebildete Gesellschaften stabil seien. In dem Zusammenhang prangerte Franziskus die "Geißel der Kinderarbeit" an: "Zu viele sterben, weil sie in den Minen Sklavenarbeit verrichten müssen", beklagte er.
Franziskus rief zum Schutz der weitläufigen und für das Weltklima wichtigen Regenwaldgebiete im Kongo auf. Es handle sich um "eine der größten grünen Lungen der Welt, die es zu erhalten gilt". Dabei dürfe man dem Land jedoch keine "externen Modelle aufoktroyieren". Wie auch bei früheren Diskussionen um das Ökosystem des Amazonas und Nutzungsrechte für Indigene kritisierte der Papst Klimaschutz- und Entwicklungsprogramme, "die für diejenigen, die helfen, nützlicher sind als für diejenigen, denen geholfen wird".
Vor der Rede im Präsidentenpalast war Papst Franziskus von Präsident Tshisekedi mit militärischen Ehren willkommen geheißen worden. Danach unterhielten sich die beiden eine halbe Stunde unter vier Augen. Franziskus hält sich bis Freitag in Kinshasa auf. Es ist der erste Papstbesuch seit 37 Jahren in dem zentralafrikanischen Staat. Vor allem der Kampf um Rohstoffe und rivalisierende militärische Gruppen haben dort bis zu 5,5 Millionen Binnenvertriebene hervorgebracht, mehr als in jedem anderen Land Afrikas. Der mittlerweile 86-jährige Papst plante ursprünglich im vergangenen Juli in den Kongo zu reisen, musste die Visite aber aus gesundheitlichen Gründen verschieben.