Vor rund 300.000 Gläubigen sprach Papst Franziskus zum ersten Mal das Angelus-Gebet.
Vor einer gewaltigen Menschenmenge hat Papst Franziskus am Sonntagmittag, 17. März 2013, zum ersten Mal das Angelus-Gebet gesprochen. In seiner kurzen Ansprache unterstrich der neue Papst die endlose Barmherzigkeit, Geduld und Güte Gottes. "Etwas mehr Barmherzigkeit verändert die Welt, es macht sie weniger kalt und mehr gerecht", sagte er. Und er fügte hinzu: "Gott wird nie müde, zu vergeben, werden auch wir nie müde, Vergebung zu erbitten." Denn Gott sei der liebevolle Vater, der stets vergebe und Barmherzigkeit gegenüber allen übe.
Lauter Applaus brandete auf, als Franziskus um 12.00 Uhr zum ersten Mal an das Fenster seiner Wohnung oberhalb des Petersplatzes trat. "Brüder und Schwestern, guten Tag", grüßte er die Anwesenden, und fügte hinzu: "Dieser Platz hat die Dimensionen der Welt." Unterhalb des Fensters hing der bekannte rote Teppich, aber noch ohne Papstwappen. Hinter den Kulissen assistierte dem Papst der maltesische Monsignore Alfred Xuereb, der bereits als zweiter Sekretär - neben Erzbischof Georg Gänswein - für Benedikt XVI. tätig war.
Als Papstnamen habe er sich Franziskus, den Patron Italiens gewählt, berichtete der neue Papst unter dem Applaus der Menschen auf dem Petersplatz. Er wollte damit die geistige Bindung an dieses Land unterstrichen, aus dem seine Familie stamme. Aber dann habe er auch eine neue Familie, die Familie der Kirche, unterstrich der neue Papst.
In seinen Ausführungen über die Barmherzigkeit als Grundakzent der Kirche verwies Franziskus ausdrücklich auf das Buch mit dem Titel "Barmherzigkeit" von Walter Kasper. Er habe dieses Buch in den vergangenen Tages gelesen, und es habe ihm sehr gut getan - "aber glaubt nicht, dass ich Werbung für die Bücher des Kardinals mache", meinte Franziskus scherzend.
An die kurze Ansprache schloss sich das Angelus-Gebet an, auf das der Apostolische Segen folgte. Danach bedankte sich Franziskus nochmals bei allen Gläubigen, vor allem bei den Bürgern Roms und ganz Italiens. Nach 11 Minuten verabschiedete er sich mit einem einfachen "Guten Sonntag, und gutes Mittagessen".
Der römische Bürgermeister teilte nach dem ersten Angelus-Gebet von Papst Franziskus mit, dass sich nahezu 300.000 Gläubige - und damit annähernd doppelt so viele wie vom Vatikan offiziell angegeben - auf dem Petersplatz eingefunden hätten. "Das bezeugt die große Nähe der Pilger zum neuen Papst. Unzählige Römer haben mit ihrer Anwesenheit auf dem Petersplatz den neuen Papst begrüßen wollen", zitierte die Austria Presse Agentur Bürgermeister Gainni Alemanno.
Brüder und Schwestern, guten Tag! Nach dem Treffen am vergangenen Mittwoch kann ich heute wieder meinen Gruß an alle richten und ich freu mich, dass ich das am Sonntag, dem Tag des Herren, tun kann. Es ist wichtig für uns Christen, uns am Sonntag zu treffen, uns zu grüßen, miteinander zu sprechen, wie jetzt auf dem Platz, ein Platz, der dank der Medien die Dimension der gesamten Welt hat.
An diesem fünften Fastensonntag stellt uns das Evangelium die Ehebrecherin vor, die Christus vor der Todesstrafe rettet. Das Verhalten Jesu beeindruckt uns, wir hören keine Worte der Verachtung, wir hören keine Worte der Verurteilung, sondern nur Worte der Liebe und der Barmherzigkeit, die zur Umkehr einladen. Auch ich verurteile dich nicht, gehe hin und sündige fortan nicht mehr. Brüder und Schwestern, das Gesicht Gottes ist das eines barmherzigen Vaters, der immer Geduld hat. Habt ihr an die Geduld Gottes gedacht, die er für jeden von uns hat? Das ist die Barmherzigkeit, er hat immer Geduld, Geduld mit uns, er versteht uns, er wartet auf uns, er wird dessen nicht müde, uns zu vergeben, wenn wir es verstehen, zu ihm zurückzukehren mit einem reuigen Herzen. Groß ist die Barmherzigkeit Gottes, besagt der Psalm.
In diesen Tagen habe ich ein Buch eines Kardinals lesen können, von Kardinal Kasper, der ein großartiger Theologe ist, über die Barmherzigkeit. Und dieses Buch hat mir sehr gut getan – denkt aber nicht, dass ich Werbung für die Bücher meiner Kardinäle mache, so ist das nicht - aber es hat mir sehr gut getan. Kardinal Kasper sagte, dass das Spüren der Barmherzigkeit, dieses Wort, alles ändert, es ist das Beste, was wir spüren können. Es ändert die Welt, ein wenig Barmherzigkeit macht die Welt weniger kalt und gerechter. Wir müssen die Barmherzigkeit Gottes gut verstehen, dieses barmherzigen Vaters, der soviel Geduld hat. Denken wir an die Worte des Propheten Jesaja, der feststellt, dass auch, wenn unsere Sünden rot wären wie Scharlach, die Liebe Gottes sie weiß machen würde wie den Schnee. Das ist das Schöne an der Barmherzigkeit.
Ich erinnere mich, als ich noch Bischof war, im Jahr 1992, ist die Madonna von Fatima nach Buenos Aires gekommen, und wir haben eine große Messe für die Kranken gefeiert. Und ich habe die Beichte abgenommen. Und fast am Ende der Messe bin ich aufgestanden, denn ich musste eine Firmung vornehmen, und da kam eine sehr einfache alte Frau zu mir, über 80 Jahre alt. Und ich habe sie angeschaut und gesagt, "Großmutter" – denn bei uns sagt man Großmutter zu den alten Frauen – "Großmutter, wollen sie etwa beichten?" und sie sagte: "Ja", und ich sagte zu ihr: "Aber Sie haben doch nicht gesündigt!" Und daraufhin sagte sie: "Alle haben wir gesündigt". "Aber vielleicht wird der Herr Ihnen nicht vergeben!", sagte ich zu ihr. Und sie antwortete mir: "Der Herr vergibt alles, ganz sicher!" und ich sagte, "Aber wie wissen Sie das?" "Wenn der Herr nicht alles vergeben würde, würde die Welt nicht existieren", war ihre Antwort. Ich habe in mir Lust verspürt, sie zu fragen, ob sie an der Gregoriana studiert habe, denn das ist die Weisheit, die der Heilige Geist eingibt, die innere Weisheit auf die Barmherzigkeit Gottes hin.
Vergessen wir dieses Wort nicht; Gott wird nie müde, uns zu vergeben, nie! Also Vater, was ist das Problem? Das Problem ist, dass wir selbst müde werden, um Vergebung zu bitten. Er wird nie müde, uns zu vergeben. Aber wir werden manchmal dessen müde, um Vergebung zu bitten. Mögen wir dessen nie müde werden! Er ist der liebende Vater, der immer vergibt, der dieses barmherzige Herz für alle von uns hat. Und auch wir mögen lernen, barmherzig zu allen zu sein. Erbitten wir die Fürsprache Marias, die in ihren Armen die Barmherzigkeit Gottes hatte, die Mensch geworden ist.