Er sei kein Star und Supermann, so Papst Franziskus, sondern ein "normalen Mensch, der lacht, weint, ruhig schläft und Freunde hat". Hinter Idealisierungen stecke letztlich auch eine Art Aggression.
Er sei kein Star und Supermann, so Papst Franziskus, sondern ein "normalen Mensch, der lacht, weint, ruhig schläft und Freunde hat". Hinter Idealisierungen stecke letztlich auch eine Art Aggression.
Franziskus gab italienischer Tageszeitung "Corriere della Sera" ausführliches Interview. Darin würdigt er das entschiedene Vorgehen Benedikts XVI. in den Skandalen um den sexuellen Missbrauch.
Papst Franziskus zeigt sich besorgt über den Zustand der Familie. Die Kirche müsse darauf eine Antwort geben, sagte Franziskus in einem Interview der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera", am Mittwoch, 5. März 2014, aus Anlass des 1. Jahrestags seiner Wahl (13. März 2013). Jedoch sei eine "Reflexion in die Tiefe" erforderlich. Daher habe er die Familie zu einem Thema des jüngsten Konsistoriums sowie der beiden kommenden Bischofssynoden gemacht. Nach einer "tiefen Reflexion" könne man dann auch "ernste Sondersituationen angehen, auch die der wiederverheirateten Geschiedenen", so der Papst.
Ausdrücklich lobte Franziskus den Vortrag von Kardinal Walter Kasper zur Familienseelsorge vor dem Konsistorium. Kasper habe einen ausgezeichneten und tiefgründigen Vortrag gehalten. Die Situation der wiederverheirateten Geschiedenen bildete einen von fünf Punkten.
Zu kritischen Reaktionen seitens einiger Kardinäle sagte Franziskus, er wäre besorgt gewesen, wenn es nicht zu einer intensiven Diskussion gekommen wäre, die letztlich zu einer Bereicherung beigetragen habe.
Weiter sprach sich der Papst in dem Interview für eine Stärkung der Rolle der Frau in der Kirche aus. Dabei gehe es nicht nur um eine notwendig stärkere Präsenz in kirchlichen Entscheidungspositionen; dies wäre nur eine "funktionale Beförderung". Vielmehr müsse man über die Rolle der Weiblichkeit in der Kirche nachdenken: "Die Kirche hat den weiblichen Artikel; sie ist von ihren Ursprüngen her weiblich".
Franziskus verwies auf den Schweizer Theologen Hans Urs von Balthasar (1905-1988), der das marianische Prinzip in der Kirchenleitung - neben dem des Petrus - betont habe. Der Laienrat unter Kardinal Stanislaw Rylko sei derzeit dabei, dieses Thema gemeinsam mit vielen Expertinnen zu bearbeiten.
Die Enzyklika "Humanae vitae" von Papst Paul VI. (1963-1978) aus dem Jahr 1968 mit ihrem Äußerungen zur Empfängnisverhütung bezeichnete Franziskus als "prophetisch". Das Schreiben empfehle dem Beichtvater "viel Barmherzigkeit mit Blick auf die konkrete Situation". Zugleich habe Paul VI. den Mut gehabt, gegenüber einer Mehrheit die moralische Disziplin zu verteidigen und eine vorherrschende Kultur zu bremsen, so Franziskus.
Franziskus würdigte in dem Interview das entschiedene Vorgehen seines Vorgängers Benedikt XVI. in den Skandalen um sexuellen Missbrauch. Die Kirche habe hier sehr viel, "vielleicht mehr als andere" Institutionen unternommen. Auch darüber hinaus lobte der Papst seinen emeritierten Vorgänger. Benedikt XVI. sei "keine Statue in einem Museum", sondern eine Institution, dessen Weisheit ein Geschenk Gottes sei und dessen Rat er sich einhole.
Im Blick auf medial betonte Unterschiede zwischen ihm und Benedikt hob Franziskus hervor, vieles, was geschrieben werde, sei falsch. Er wandte sich gegen eine "Mythologie von Papst Franziskus" - als würde er nächstens den Vatikan verlassen um Obdachlosen auf der Via Ottaviano Essen zu bringen. Er sei kein Star und Supermann, sondern ein "normalen Mensch, der lacht, weint, ruhig schläft und Freunde hat". Hinter Idealisierungen stecke letztlich auch eine Art Aggression.
Der Papst bestätigt, dass er mit 17 Jahren eine Freundin hatte und dass ihm im Seminar "für eine Woche ein Mädchen den Kopf verdreht hat". Für seine Heimat Argentinien empfinde er keine Nostalgie, auch wenn er gerne seine kranke Schwester besuchen würde. Allerdings stehe er telefonisch mit ihr in ständigem Kontakt.
Auf konkrete terminliche und geografische Details zu seiner Asienreise - kolportiert werden Philippinen, Südkorea und Sri Lanka - ging Franziskus in dem Interview nicht ein. Im Blick auf China sagte er, es sei "ein großes Volk, das ich gern habe", und dem die Kirche sich nahe fühle.
Der Papst berichtete, dass er dem chinesischen Präsidenten Xi Jingping zu dessen Wahl im März 2013 gratuliert und dass dieser ihm geantwortet habe. "Es bestehen Verbindungen" zwischen dem Vatikan und der Volksrepublik, betonte Franziskus im "Corriere". Der Papst wies damit gegenteilige Behauptungen zurück. Xi Jingping war wenige Tage nach der Papstwahl zum Staatspräsidenten der Volksrepublik China gewählt worden.
Zwischen dem Vatikan und Peking bestehen keine diplomatischen Beziehungen. Papst Benedikt XVI. hatte im Juni 2007 in einem Offenen Brief an die Katholiken in China zu einem neuen Dialog mit der dortigen Kirche aber auch mit den offiziellen Stellen eingeladen. Eine klare Reaktion von Regierungsseite ist bislang nicht erkennbar.
Mit Blick auf Benedikt XVI. betonte Franziskus, ein "Papa Emeritus" könne künftig allgemeine Praxis werden. Es müsse nicht Ausnahme bleiben. "Vor 60 oder 70 Jahren gab es noch keinen emeritierten Bischof. Das kam nach dem Konzil. Heute ist er eine feste Einrichtung. Das Gleiche muss im Blick auf den emeritierten Papst geschehen", sagte Franziskus.
Auf mögliche eigene Rücktrittsabsichten ging der 77-jährige Franziskus nicht ein. "Benedikt war der erste, und vielleicht gibt es weitere. Wir wissen es nicht", sagte der amtierende Papst.
Seinen Vorgänger im Ruhestand beschrieb Franziskus als bescheiden und zurückhaltend. "Er will nicht stören", so Franziskus. "Wir haben darüber gesprochen und gemeinsam befunden, es sei besser, wenn er Leute sähe, rausginge und am Leben der Kirche teilnähme." So habe er Benedikt XVI. auch zum Kardinalstreffen Ende Februar eingeladen.
"Seine Weisheit ist ein Geschenk Gottes", sagte Franziskus. "Manche wollten, dass er sich in eine Benediktinerabtei weit weg vom Vatikan zurückzieht. Ich dachte an die Großväter, die mit ihrer Weisheit, ihren Ratschlägen die Familien stärken; sie verdienen nicht, in einem Altersheim zu enden", sagte der Papst dem "Corriere".
Eine Lateinamerikareise käme für ihn vor 2016 kaum infrage, so Franziskus. Zunächst wolle er das Heilige Land, dann Asien und dann Afrika besuchen, präzisierte er.
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