Im Mittelpunkt stehen die Lage der Menschen im Amazonasgebiet und die Herausforderungen für unsere katholische Kirche.
Im Mittelpunkt stehen die Lage der Menschen im Amazonasgebiet und die Herausforderungen für unsere katholische Kirche.
Die Amazonas-Synode findet vom 6. bis 27. Oktober in Rom statt. Die Rechte von Indigenen sollen gestärkt und die ökologische Situation der arten- und rohstoffreichen Urwaldregion in Lateinamerika soll in den Blick genommen werden. Auch will die Synode über neue Formen von Seelsorge in Gebieten mit wenigen Priestern beraten.
Papst Franziskus lädt zu diesem Treffen ein. Das Motto der Synode: „Amazonien – neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“. Es handelt sich um eine sogenannte Spezialsynode für eine bestimmte Weltregion. Ähnliche Sonderversammlungen gab es 2010 für den Nahen Osten oder 2009 für Afrika.
Die Beratungen umfassen Plenardebatten, an denen auch der Papst teilnimmt, und Kleingruppenarbeit. Eine wichtige Rolle als Moderator spielt der Generalrelator, der brasilianische Kardinal Claudio Hummes. Synodenmitglieder von Amts wegen sind die Ortsbischöfe der betreffenden Region – also Amazonas-Bischöfe aus Bolivien, Brasilien, Ecuador, Peru, Kolumbien, Venezuela, Französisch-Guayana, Guayana und Suriname sowie die Spitzen von sieben Bischofskonferenzen, Vertreter der römischen Kurie und die Leitung des Panamazonien-Netzwerks REPAM sowie die Mitglieder des Vorbereitungsgremiums.
Hinzu kommen 15 Ordensdelegierte. Etwa 20 Indigene werden bei der Synode ihre Interessen vertreten. Die Synodenteilnehmer verabschieden in der letzten Sitzungswoche ein Schlussdokument, das dem Papst übergeben wird. Es steht Papst Franziskus frei, dieses Papier zu veröffentlichen. Eine rechtliche Wirkung hat das Dokument nicht. Üblicherweise stützt sich der Papst aber darauf bei der Abfassung eines eigenen nachsynodalen Schreibens.
Im Mittelpunkt stehen die Lage der Menschen im Amazonasgebiet und die Herausforderungen für unsere katholische Kirche. Das Arbeitspapier der Synode legt Akzente auf die Probleme, die sich durch die Ausbeutung der Rohstoffvorkommen wie Holz, Erdöl, Gas und Edelmetalle und durch Monokulturen vor allem für die indigene Bevölkerung ergeben. Hierzu zählen Landkonflikte und Vertreibung sowie Umweltverschmutzung durch Bergbau und Rodung. Legaler und illegaler Bergbau, Wasserkraftwerke, Straßen und industrielle Landwirtschaft zerstörten lokale Gemeinschaften und die Natur im Amazonasgebiet.
Das Amazonasbecken weist das zweitgrößte Waldgebiet der Erde auf und spielt eine wichtige Rolle für das Klima des Planeten. Die Zahl der Pflanzen- und Tierarten in dem 7 Millionen Quadratkilometer großen Areal (über 80-mal größer als Österreich) ist bis heute nicht annähernd erfasst.
Das nunmehr veröffentlichte Arbeitspapiers der Amazonas-Synode ist in die drei Hauptteile mit den Kernbegriffen der „Stimme Amazoniens“, „ganzheitlicher Ökologie“ und einer „prophetischen Kirche“ gegliedert. Nach den Worten von Synoden-Generalsekretär Kardinal Lorenzo Baldisseri soll das Dokument die Lebenssituation der Menschen umreißen, die vielfach unter Ausbeutung und Umweltzerstörung leiden, und „neue Wege für eine effektivere Glaubensverkündigung“ anbahnen.
In dem Zusammenhang geht es auch um die Frage, inwieweit die Kirche angestammte indigene Elemente in Verkündigung und Gottesdienst aufnehmen kann. Es gehe keineswegs darum, der gesamten katholischen Kirche ein „amazonisches Aussehen“ aufzuprägen, sagte Fabio Fabene, Untersekretär der Bischofssynode.
Innerkatholisch sorgt die Ankündigung für Interesse, dass auf der Synode über verheiratete Priester und Leitungsaufgaben für katholische Laien debattiert werden soll. Untersekretär Fabene betonte, Papst Franziskus habe eine allgemeine Aufhebung der verpflichtenden Ehelosigkeit für Priester ausgeschlossen. „Niemand will den Zölibat infrage stellen“, sagte Fabene. Allerdings werde der Mangel von Eucharistiefeiern aufgrund fehlender Priester als „Notstand“ empfunden.
Die Synode soll nun die Möglichkeit prüfen, in entlegenen Gegenden ältere und angesehene Familienväter zur Priesterweihe zuzulassen, um eine sakramentale Versorgung zu gewährleisten. In diesem „historischen Moment“ öffneten sich neue Räume für kirchliche Ämter, heißt es in dem Papier – auch für Frauen.
Die pastoralen Herausforderungen für die Kirche in Amazonien hat der langjährige Generalsekretär der Brasilianischen Bischofskonferenz, Bischof Leonardo Ulrich Steiner, im Interview mit der „Furche“ geschildert. So würde in vielen kleinen Gemeinden im Amazonasgebiet nur einmal im Jahr ein Gottesdienst mit einem Priester gefeiert. Es gelte zu vertiefen, „dass diese Gemeinden sich als Kirche verstehen, dass sie nicht meinen, allein zu sein“, sagte der Bischof. „Wenn Laien Wortgottesdienste feiern, soll die Gemeinde spüren: Ja, hier sind wir Kirche. Und Gott ist bei uns durch sein Wort. Aber diese Gemeinden müssen in Zukunft auch öfter Eucharistie feiern können.“
Der Wiener Pastoral-Theologe Paul M. Zulehner rechnet damit, dass die Amazonas-Synode die Weichen in Richtung Öffnung der kirchlichen Ämter für bewährte Verheiratete und Frauen stellen wird.
Entscheidend für eine wirkliche Reform der Kirche sei deren Zukunftsfähigkeit, die sich im Aufbau lebendiger Gemeinden zeigen müsse, wie Zulehner im „Kathpress“-Interview sagte. Erst danach stelle sich die Frage, welche Personen mit Verantwortung in solchen Gemeinden betraut werden. Anlass für das Gespräch war Zulehners neues Buch „Naht das Ende des Priestermangels?“ (siehe Buchtipp).
Weiters entspreche die Synode der Vorgangsweise von Franziskus, ein Problem der Peripherie ins Zentrum der Kirche zu holen und zu dessen Lösung „mutige Vorschläge“ anzuregen, ist Zulehner überzeugt.
Nicht nur eine regionale, sondern eine „weltkirchliche Herausforderung“ seien der eklatante Priestermangel und die Gleichberechtigung für Frauen in der Kirche, sagte der aus Vorarlberg stammende Amazonas-Bischof Erwin Kräutler, der am 12. Juli seinen 80. Geburtstag gefeiert hat.
Die Suche nach „neuen Zugängen zum Weiheamt“ forderte Kräutler im Kathpress-Gespräch im Blick auf den Priestermangel, der nicht nur Amazonien betreffe. Vielmehr könnten im Zuge der Amazonien-Spezialsynode „ganz sicher auch anderen Kontinenten mit ähnlichen Problemen und Realitäten neue Wege“ aufgezeigt werden.
Diskutiert werden müsse auch die Position von Frauen in der Kirche, so der Bischof. „Die äußerst zaghafte Antwortsuche auf die Fragen der Gleichberechtigung der Frauen“ sei eine weltkirchliche Herausforderung und längst zu einer existenziellen Wichtigkeit geworden. Er halte es für realistisch, dass in Folge der Bischofsversammlung künftig in der Kirche in Amazonien bewährte verheiratete Männer („viri probati“) als Priester und Frauen „wenigstens“ als Diakoninnen wirken können, sagte der langjährige frühere Bischof der brasilianischen Diözese Xingu-Altamira in einem ORF-TV-Interview.
„Tatsache ist, dass die rund 800 kleinen Gemeinden in unserer Prälatur von Laien geleitet werden und zwei Drittel sogar von Frauen“, schilderte der emeritierte Bischof von Xingu die Auswirkungen des Priestermangels in Amazonien. Einer der rund 30 Priester der Diözese komme zwei oder drei Mal im Jahr in abgelegenen Gemeinden vorbei.
Dass die Gläubigen dort deshalb zwar jeden Sonntag gemeinsame Wortgottesdienste haben, aber kaum Eucharistie feiern könnten, sei „beinahe ein Skandal“, so Kräutler: „Wir müssen uns fragen: Was können wir als Kirche tun, damit diese Leute Eucharistie feiern können?“ Das Gemeindeleben funktioniere wunderschön, „aber es fehlt am Zentrum.“
Der ehemalige Glaubenspräfekt Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat am 18. Juli die Vorbereitung der Amazonien-Synode kritisiert. In der „Tagespost“ warf Müller dem Vorbereitungsdokument zur Synode schwere theologische Mängel vor. Die hinter dem Vorbereitungsdokument stehende „Theologia indigena“ und die „Ökotheologie“ hält Müller für eine „Kopfgeburt von Sozialromantikern“.
Arbeitspapier zur Amazonas-Synode auf Deutsch
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