Papst Franziskus hat zu Beginn der Synodenarbeit scherzhaft dazu aufgefordert, den Heiligen Geist nicht auszusperren. Nach Überzeugung der Kirche wird er die Kirche zur Einheit führen – auch bei der Amazoniensynode.
Papst Franziskus hat zu Beginn der Synodenarbeit scherzhaft dazu aufgefordert, den Heiligen Geist nicht auszusperren. Nach Überzeugung der Kirche wird er die Kirche zur Einheit führen – auch bei der Amazoniensynode.
Derzeit läuft in Rom die Amazonien-Synode, an der auch unser Kardinal Christoph Schönborn teilnimmt. Was passiert hinter den Kulissen? Wie ist die Stimmung? Welche Themen sind bisher zur Sprache gekommen?
Eine Synode ist kein Parlament. Das hat Papst Franziskus inzwischen so oft gesagt, dass es gar nicht mehr als Einstieg in einen Beitrag zur Synode taugt.
Warum das Papstzitat dennoch den vorliegenden Text eröffnet? Weil dieses Missverständnis, die Gleichsetzung von Synode und Parlament, zugegebenermaßen schon aufkommen kann bei jenen, die noch nie bei einer Bischofssynode waren - also fast allen Menschen der Welt.
Ja, die Synodenaula erinnert von der Anordnung her an ein Parlament. Ja, es wird stunden- und tagelang debattiert. Ja, gegen Ende erfolgt ein Wahlvorgang. Doch wer dabei ist, begreift ab Minute eins, dass eine Synode kein Parlament ist, sondern ein gemeinsamer Weg, und darüber hinaus ein geistliches Ereignis.
Wer dabei ist, war überdies in den meisten Fällen noch nie zuvor bei einer Synode. Denn die Amazoniensynode ist eine sogenannte Sondersynode, wie sie einzelnen Regionen der Weltkirche gilt.
184 Synodenväter nehmen teil, die meisten von ihnen sind Bischöfe, wobei sämtliche Bischöfe Amazoniens eingeladen sind. Darüber hinaus 55 Fachleute, auch Frauen, mit dem Status des Auditoren, 15 Delegierte der Männerorden, 10 Delegierte der Frauenorden, 25 Experten und 12 Ehrengäste, so viele wie noch nie.
Derselbe Primat gilt der Zahl der Frauen, ingesamt 35 Teilnehmende an der Amazoniensynode sind weiblichen Geschlechts. Und 13 sind deutscher Muttersprache, davon zwei aus Österreich: der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn und der austrobrasilianische Bischof Erwin Kräutler, der seit Jahrzehnten am Amazonas wirkt.
Noch wichtiger ist, dass zur Synode viele Indigene eingeladen wurden, teils sind sie unter den Priestern und Ordensschwestern zu finden, teils unter den Laien, zum kleineren Teil gehören sie keiner christlichen Kirche an. In der Synodenaula sind sie auch als Indigene zu erkennen, tragen etwa Federschmuck oder Bemalungen im Gesicht.
Es ist eine große Kirchenversammlung von drei Wochen Dauer mit fast 300 Teilnehmenden. Der Titel der Synode lautet „Amazonien: Neue Wege für die Kirche und für eine ganzheitliche Ökologie“. Hier greifen also zwei große inhaltliche Linien ineinander: eine ökologisch-soziale und eine kirchliche.
Die katholische Kirche braucht neue Wege, um den Menschen in Amazonien so beizustehen, wie sie es verdienen. Und sie muss sich ihrem Auftrag, die Schöpfung zu schützen, neu stellen. Sie braucht eine ökologische Umkehr.
In den Tagen der Generalversammlung war in der Synodenaula von den vielfältigen Bedrohungen zu hören, denen Amazoniens 33 Millionen Menschen ausgesetzt sind. Es sind einfache Menschen, die oft ihrer Lebensgrundlage und ihrer Rechte beraubt werden. Rücksichtslose Ausbeutung durch Bergwerke, Goldgräber, Brandrodung für riesige Sojaplantagen ist im Begriff, ihren Lebensraum für immer zu zerstören.
In den Städten wie im Urwald geht es um Unterdrückung, Kolonialismus, Mord, Migration, Menschenhandel, Drogen, massive Gewalt. Zwei große ökologisch-soziale Themen überspannen dieses Gemenge: der globale Klimawandel und eine dringend gebrauchte neue Form des Wirtschaftens auf der Welt. Und alles hängt mit allem zusammen, wie Papst Franziskus in seiner Sozialenzyklika „Laudato Si“ verdeutlichte.
Einer der markantesten Eindrücke aus der Synodenaula ist die häufig betonte Tatsache, dass die katholische Kirche mit ihren Ordensleuten schon lange und unverbrüchlich auf der Seite der Unterdrückten am Amazonas steht. Bischöfe, Priester und Schwestern verteidigen die Menschenrechte der Indigenen, der Flussanrainer, der Kleinbauern.
Die Seelsorge allerdings bietet große Herausforderungen, denn die Distanzen sind riesig und die Priester wenig. Der deutsch-brasilianische Bischof Johannes Bahlmann steht dem Amazonas-Bistum Obidos vor, das gut doppelt so groß ist wie Österreich. Er hat acht Pfarreien, 31 Priester, ebensoviele Ordensschwestern und rund 190.000 katholische Gläubige. In nicht wenigen Gemeinden Amazoniens können die Menschen nur einmal im Jahr die Eucharistie feiern, weil einfach kein Priester da ist.
Wie groß der Hunger vieler Getaufter nach den Sakramenten ist, kommt bei der Synode eindrucksvoll zur Sprache. Die Menschen wünschen sich eine „Seelsorge der Präsenz“ statt wie bisher „Seelsorger auf Besuch“. Wie dieser Sehnsucht am besten nachzukommen ist, darüber gibt es eine Reihe von Vorschlägen.
Die Weihe bewährter, verheirateter Männer, Diakoninnen oder die Schaffung ganz neuer Ämter für Laien, insbesondere Frauen, sind einige von ihnen. So gut wie alle, die die Ämterfrage bei der Synode ansprechen, befürworten eine institutionalisierte und kirchlich geregelte Präsenz von Frauen in der Seelsorge – auch als eine Anerkennung der Realität. Denn Frauen sind schon heute in Amazonien Säulen der Kirche, ist in Rom andauernd zu hören.
Die Synode läuft in drei verschiedenen Gangarten ab. Bei den Vollversammlungen in der großen Synodenaula, die übrigens unter dem Dach der vatikanischen Audienzhalle sitzt, geht es um das Zuhören.
30 bis 40 Redebeiträge pro Tag – ein dichtes Programm. Jede Rede darf höchstens vier Minuten dauern, nach je vier Reden folgt eine Gebetspause von ebenfalls vier Minuten, dieser Rhythmus hatte sich schon bei den früheren Synoden unter Franziskus als sinnvoll erwiesen.
Die zweite Gangart ist die Arbeit in Sprachgruppen. An die 25 Personen vertiefen die Impulse aus den Vollversammlungen, diskutieren, argumentieren, versuchen eine erste Ordnung und erstellen einen Text.
Kardinal Schönborn ist einem der beiden italienischen Zirkel zugeordnet; in der Vollversammlung sprach er am Montagabend, worüber, bleibt geheim, das ist eines der Gesetze der Synode, wobei es allen Synodenvätern freisteht, ihren eigenen Redebeitrag zu veröffentlichen oder in Interviews zu erklären.
Eine Kommission aus Synodenvätern erstellt am Ende aus den Texten der Sprachgruppe das Schlussdokument. Eine herausfordernde Arbeit. Über ganzheitliche Ökologie und gerechtes Wirtschaften kann man sich ohne weiteres einigen, aber die „neuen Wege für die Kirche“ liegen jetzt, mitten in der Synode, noch im Dunst. Der Freimut, die neuen Wege anzusprechen, ist aber da.
Papst Franziskus hat zu Beginn der Synodenarbeit scherzhaft dazu aufgefordert, den Heiligen Geist nicht auszusperren. Nach Überzeugung der Kirche wird er die Kirche zur Einheit führen – auch bei der Amazoniensynode.
die Autorin
Gudrun Sailer
Redakteurin Vatican News.
Berichtet von der Amazonien-Synode
weitere Artikel zur Amazonas-Synode
Vatikan stellt Einzelheiten zur Amazonas-Synode vor
Kardinal Schönborn: "Diese Synode darf nicht für die Katz sein"
Bei Amazonien-Synode auch "viri probati" und Diakoninnen Thema
Mehr über Papst Franziskus