Rede von Franziskus vor Politikern und Diplomaten in Bangkok.
Rede von Franziskus vor Politikern und Diplomaten in Bangkok.
Papst lobt Flüchtlingshilfe wie auch "Rückkehr zum normalen demokratischen Prozess" in Thailand. In seiner ersten Ansprache in Thailand zollt Franziskus der Regierung Anerkennung für deren Anstrengungen gegen die sexuelle Ausbeutung von Kinder und Frauen.
Zum Programmauftakt seiner Asienreise hat Papst Franziskus Thailand zu weiteren Maßnahmen gegen den sexuellen Missbrauch und die Ausbeutung von Kinder und Frauen aufgerufen. "Ich denke auch an all jene Frauen und Kinder unserer Zeit, die besonders verletzt und vergewaltigt werden und jeder Form von Ausbeutung, Sklaverei, Gewalt und Missbrauch ausgesetzt sind", sagte er Donnerstagfrüh, 21. November 2019 vor Politikern und Diplomaten in Bangkok. Dabei zollte Franziskus der thailändischen Regierung "Anerkennung für ihre Anstrengungen, um diese Plage auszurotten" und "dieses Übel auszumerzen und einen Weg anzubieten, ihnen ihre Würde zurückzugeben". Sextourismus und Kinderprostitution sind in Thailand verbreitet, obwohl Prostitution eigentlich verboten ist.
In seiner Rede im Regierungspalast in Bangkok dankte der Papst dem südostasiatischen Land auch für seine Aufnahme von Flüchtlingen und rief zugleich zu internationaler Hilfe auf. Das Land sei durch den Zustrom von Menschen aus den Nachbarländern mit einer Krise konfrontiert gewesen, sagte Franziskus. Die internationale Gemeinschaft müsse "mit Verantwortung und Weitsicht handeln" und die Ursachen für diesen "tragischen Exodus" lösen.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR leben in Thailand mehr als 93.000 Flüchtlinge in neun Camps entlang der Grenze zu Myanmar. Hauptsächlich handelt es sich um Angehörige der Volksgruppen Karen und Kayah, die vor jahrzehntelangen Konflikten in Myanmar geflohen sind. Laut UNHCR sind 51 Prozent der Flüchtlinge Christen.
In Bangkok ist seit einem Militärputsch 2014 der ehemalige General Prayut Chan-o-cha an der Macht. Im Frühjahr entschied die militärnahe Partei Phalang Pracharat die erste Wahl des thailändischen Abgeordnetenhauses seit dem Putsch für sich. Seitdem regiert General Prayut an der Spitze einer Koalitionsregierung. Papst Franziskus lobte die Wahlen am Donnerstag als eine "Rückkehr zum normalen demokratischen Prozess".
Weiter mahnte er zu Respekt vor ethnischen und kulturellen Unterschieden innerhalb der Gesellschaft. Als "multikulturelle, durch Vielfalt geprägte Nation" wisse Thailand, wie wichtig es sei, die Eintracht und das friedliche Zusammenleben zwischen seinen zahlreichen ethnischen Gruppen aufzubauen, so der Papst. Auf den jahrelangen Konflikt um eine Separation des islamisch geprägten Südens des Landes ging er nicht ein.
Der Papst beteuerte die Loyalität der katholischen Minderheit, die nach Vatikanangaben weniger als ein Prozent der Bevölkerung umfasst. Die Katholikengemeinschaft trete mit allen Kräften für die "typischen Eigenschaften der Thai" ein, Friedensliebe, Freundlichkeit und Mut. Hinzu komme der Einsatz für alle, die vom "Joch der Armut, der Gewalt und der Ungerechtigkeit" befreit werden wollten, so das Kirchenoberhaupt.
Thailands Ministerpräsident Prayut Chan-o-chan lobte seinerseits das Engagement des Papstes bei sozialer Gerechtigkeit, Umweltschutz und Menschlichkeit. Anschließend listete er auf, was seine Regierung in dieser Hinsicht tut. "Damit wir niemanden zurücklassen", zitierte der General eine beliebte Wendung des Papstes.
Am zweiten Tag der apostolischen Visite von Papst Franziskus in Thailand ist das südostasiatische Königreich von einem Erdbeben erschüttert worden. Das Epizentrum des Bebens der Stärke 6,1 lag etwa 92 Kilometer nordöstlich der Stadt Muang Nan im Grenzgebiet zu Laos, wie das das US-amerikanische Erdbebenforschungszentrums USGS am Donnerstag berichtete.
Die Erdstöße brachten laut thailändischen Medien selbst die Hochhäuser im 600 Kilometer südlich gelegenen Bangkok für 30 Sekunden zum Schwanken. Über mögliche Schäden oder Opfer wurde zunächst nichts bekannt. Durch den Norden Birmas, Thailands und von Laos, wo die indo-australische und die indo-chinesische Platten aufeinanderstoßen, zieht sich ein Netz von aktiven Verwerfungslinien.
In Bangkok hat Papst Franziskus um Annäherung zwischen thailändischen Buddhisten und Katholiken geworben. Er wolle "nicht nur den Respekt, sondern auch die Freundschaft" zwischen den Gemeinschaften wachsen lassen, sagte Franziskus bei seinem Empfang durch das Oberhaupt der buddhistischen Mönche Ariyavongsagatanana IX. am Donnerstagvormittag (Ortszeit). Eine "Kultur der Begegnung" sei möglich und schenke der Welt Hoffnung angesichts zunehmender Konflikte, so der Papst. Das Treffen mit dem 92-jährigen Mönchspatriarchen fand im Tempel Wat Ratchabophit im Zentrum Bangkoks statt.
Franziskus bekundete seinen persönlichen Willen und den der katholischen Kirche nach einem "offenen und respektvollen Dialog" mit thailändischen Buddhisten. Beiden Traditionen "weitgehend gemeinsam" seien Kontemplation, Barmherzigkeit und moralische Unterscheidungsgabe. Dies und ein akademischer Austausch könnten die Religionen in "guter Nachbarschaft" wachsen lassen, so der Papst. Weiter sprach er sich für karitative und ökologische Initiativen aus.
"Religionen, insofern sie Förderer und Garanten der Brüderlichkeit sind", könnten sich "immer mehr als Leuchttürme der Hoffnung erweisen", so der Papst. Gleichzeitig bedankte sich Franziskus für die Religionsfreiheit, welche die Katholiken in den knapp 400 Jahren ihrer Präsenz in Thailand genossen hätten.
Der buddhistische Mönchspatriarch seinerseits erinnerte an den Besuch Papst Johannes Pauls II. (1978-2005) im Jahr 1984 in Thailand. Auch hätten schon früher Thailands Könige die Päpste Leo XIII. (1897), Pius XI. (1934) und Johannes XXIII. (1960) besucht. Insofern sei der jetzige Besuch des Papstes "nicht der eines neuen Freundes, sondern eines langjährigen Freundes des thailändischen Volkes". Schon Buddha habe gesagt, "wer einem Freund nichts Schlechtes wünscht, wird überall verehrt".
In einer vor der Reise verbreiteten Videobotschaft hatte Franziskus erklärt, er wolle "die Bande der Freundschaft bekräftigen, die uns mit den vielen buddhistischen Brüdern und Schwestern verbinden". Diese gäben "ein beredtes Zeugnis von den Werten der Toleranz und der Harmonie".
Experten für Religionswissenschaft beurteilen den religiösen Dialog in Thailand als schwierig. Rund 95 Prozent der Bevölkerung in dem südostasiatischen Land gehören dem Buddhismus an. Der Katholikenanteil wird vom Vatikan auf 0,6 Prozent beziffert.
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