"Fliegende" Pressekonferenz von Papst Franziskus.
"Fliegende" Pressekonferenz von Papst Franziskus.
In Sachen vatikanischer Finanzaufsicht gebe es Hinweise, dass die Behörde ihrer Kontrollaufgabe nicht nachgekommen sei, so Franziskus bei der "Fliegenden Pressekonferenz" auf dem Rückweg aus Japan.
Die vatikanische Finanzaufsicht steht nach Aussage von Papst Franziskus wegen des Verdachts auf unsauberes Verhalten im Fokus von Ermittlungen. Es gebe Hinweise, dass die Behörde ihrer Kontrollaufgabe nicht nachgekommen sei, sagte der Papst auf dem Rückflug von Japan am Dienstag, 26. November 2019 im Gespräch mit mitreisenden Medienvertretern zu den laufenden Untersuchungen. Der vergangene Woche Präsident der Behörde für Finanzinformation (AIF), Rene Brülhart, wiederum habe versucht, Druck auf die vatikanische Staatsanwaltschaft zur Rückgabe beschlagnahmter Unterlagen auszuüben.
Im Zusammenhang mit einer Immobilienanlage des vatikanischen Staatssekretariats hatte nach Anzeigen der Vatikanbank und der Antikorruptionsstelle Anfang Oktober eine Razzia in Büros des vatikanischen Staatssekretariates und der AIF stattgefunden. Dabei wurden Materialien beschlagnahmt und vier Mitarbeiter des Staatssekretariates sowie AIF-Direktor Tommaso Di Ruzza suspendiert. Franziskus nannte als Grund für die Maßnahme gegen Di Ruzza den Verdacht auf schlechte Amtsführung. "Das AIF hat, so sieht es zumindest aus, die Delikte der anderen nicht kontrolliert", sagte der Papst: "Das war aber seine Aufgabe."
Die Durchsuchungen der Büros im Vatikan habe er angesichts des Verdachts auf Korruption genehmigt, gab Franziskus weiters an. Es gebe einen "Skandal": "Wir haben Dinge gemacht, die anscheinend nicht sauber waren", sagte Franziskus. Ob das auch für den Fall jener verlustreichen Investition in eine Londoner Immobilie gelte, die zuletzt für Schlagzeilen sorgte, sei "noch nicht klar". Die fünf suspendierten Vatikanmitarbeiter würden jedenfalls in nächster Zeit einvernommen, so der Papst. Für sie gelte "das Menschenrecht der Unschuldsvermutung".
Dass die Ermittlungen nach Hinweisen aus dem Vatikan selbst begonnen hätten, wertete er als Zeichen für ein Funktionieren der unter seinem Vorgänger Benedikt XVI. eingeführten Warn- und Kontrollmechanismen.
Weiter verteidigte der Papst eine befristete Verwendung von Spenden an den Vatikan, den sogenannten Peterspfennig, für Investments. Es gehe um den Werterhalt augenblicklich nicht benötigter Mittel; man könne das Geld ja nicht in einen Sparstrumpf stecken. Die Anlagen müssten diversifiziert, sicher und und ethisch einwandfrei sein und das Geld anschließend dem Zweck entsprechend eingesetzt werden.
Den Rücktritt von AIF-Präsident Brülhart vor einer Woche brachte Franziskus auf Nachfrage in Zusammenhang mit der Egmont Group, einem Netzwerk staatlicher Finanzinformationsdienste. Nach Darstellung des Papstes versuchte Brülhart, Druck auszuüben, um an die bei den jüngsten Durchsuchungen beschlagnahmten Akten zu kommen. Nach der Razzia hatte die Egmont Group den Vatikan von ihrer internen Informationsplattform ausgeschlossen; dies ist ein schwerer Schlag für die Vertrauenswürdigkeit des Vatikan als Finanzplatz.
Franziskus betonte, die Egmont Group sei keine Behörde, sondern nur ein freier Zusammenschluss. Die internationale Kontrolle der Finanztransparenz hänge nicht von ihr ab.
Papst Franziskus will ein Verbot von Kernwaffen in der amtlichen katholischen Lehre verankern. Das kündigte er am Dienstag im Gespräch mit Journalisten während seines Rückflugs aus Japan nach Rom an. Dabei bekräftigte Franziskus, nicht nur der Gebrauch, sondern schon der Besitz von Atomwaffen sei unmoralisch. Es genüge ein Unfall oder die Verrücktheit eines Einzelnen, um die ganze Menschheit zu zerstören.
Auch die Nutzung von Kernkraft zur Energiegewinnung lehnt der Papst ab. Man könne dafür "noch immer keine absolute Sicherheit gewährleisten", sagte er. Im Vergleich zu anderen Technologien mit ihren jeweiligen Risiken seien die Folgen bei einem Atomunfall viel größer. "Ich persönlich würde Kernkraft nicht nutzen, solange es keine absolute Sicherheit gibt", so der Papst wörtlich vor den mitreisenden Journalisten. Er erinnerte an die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, wo es 1986 zu einer Kernschmelze gekommen war.
Bei seinen Besuchen in Nagasaki und Hiroshima hatte Franziskus am vergangenen Sonntag eindringlich zu atomarer Abrüstung aufgerufen. An den Orten der Atombombenabwürfe vom August 1945 sprach er von einem "perversen Widerspruch, Stabilität und Frieden auf der Basis einer falschen, von einer Logik der Angst und des Misstrauens gestützten Sicherheit verteidigen und sichern zu wollen".
Nuklearwaffen kosteten Menschenleben allein schon durch ihre Entwicklung, den Bau und ihre Bereithaltung. Die dafür verwandten Summen fehlten andernorts für wichtige Aufgaben, so der Papst.
Schon im November 2017 hatte Franziskus den Besitz von Atomwaffen als unmoralisch verurteilt. Diese Äußerung bei einer Tagung im Vatikan zum Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen trug ihm teils harsche Kritik auch aus katholischen Kreisen ein. Vor der jetzigen Japan-Reise versuchten Diplomaten aus den USA und Frankreich offenbar, im Vatikan eine Abschwächung von Formulierungen in den päpstlichen Redeskripten für Nagasaki und Hiroshima zu erreichen.
Gefragt, ob er vorhabe, eine Enzyklika über das von ihm forcierte Thema Gewaltlosigkeit zu schreiben, winkte Franziskus während der "Fliegenden Pressekonferenz" zunächst ab. "Vielleicht schreibt der nächste Papst sie", meinte er, um dann aber zuzugeben: "Es gibt entsprechende Projekte in der Schublade. Auch eines zum Frieden. Das reift allmählich. Wenn ich das Gefühl habe, jetzt ist der richtige Moment gekommen, dann werde ich sie schreiben."
Mit vorsichtigen Worten sprach sich der Papst auch dafür aus, das Veto-Recht im Weltsicherheitsrat abzuschaffen. Dies könnte eine Maßnahme sein, damit die Vereinten Nationen wie die UNO effektiver für Friedensvermittlungen wirken können, meinte er. Dies sei vorerst nur eine Überlegung, die weiter durchdacht werden müsse.
Nach Meinung des Papstes wäre es besser, wenn alle Mitglieder des Sicherheitsrates die gleichen Rechte hätten. Bislang reiche das Nein eines der Veto-Länder, um mögliche Lösungen zu blockieren.
Etliche internationale Organisationen, auch einzelne Länder wie etwa Norwegen, unternähmen sehr viel, um Konflikte zu lösen und Spannungen abzubauen, so Franziskus. Leider sei die Menschheit aber über die alte Weisheit der Römer "Wenn du Frieden willst, rüste dich für den Krieg." nicht hinausgekommen.
Dagegen gelte es, so der Papst, "immer und immer wieder alles zu tun, um die Produktion von Waffen zu stoppen, Kriege zu beenden und sich auch mit Hilfe von Vermittlern an den Verhandlungstisch zu setzen" - und schließlich auch Ergebnisse zu liefern.
Auch die aktuelle Lage in Hongkong war Thema der an den Papst gerichteten Journalistenfragen. Franziskus setzt dabei auf einen friedlichen Dialog der beteiligten Fraktionen und Gruppen, wie er schilderte. "Aber nicht nur Hongkong, auch andere haben derzeit Probleme", sagte der Papst. Er verwies auf Länder wie Nicaragua und andere lateinamerikanische Staaten, aber auch Frankreich mit den Protesten der Gelbwesten. Er könne die aktuelle Situation nicht genau beurteilen, hoffe aber auf Frieden für all diese Länder.
Nach dem ersten Teil seiner einwöchigen Asienreise in Bangkok hatte der Papst am Samstag auf seinem Flug in die japanische Hauptstadt Tokio neben Grußtelegrammen an die Volksrepublik China und Taiwan auch eines an Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam gesandt. Dies sei eine übliche Höflichkeitsgeste, die quasi automatisch erfolge, erklärte Franziskus während der "Fliegenden Pressekonferenz". Anders als zu den Unruhen in Chile, Bolivien, Nicaragua und Irak hat sich der Vatikan zu den seit Monaten andauernden Demonstrationen in der chinesischen Sonderverwaltungszone bislang nicht geäußert.
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