Es wird nie einen wahren Frieden geben, wenn wir nicht in der Lage sind, ein gerechteres Wirtschaftssystem aufzubauen. So schrieb vor zehn Jahren Benedikt XVI. in der Enzyklika "Caritas in veritate".
Es wird nie einen wahren Frieden geben, wenn wir nicht in der Lage sind, ein gerechteres Wirtschaftssystem aufzubauen. So schrieb vor zehn Jahren Benedikt XVI. in der Enzyklika "Caritas in veritate".
Auszüge aus der Botschaft von Papst Franziskus zum Weltfriedenstag am 1. Jänner 2020.
In seiner Botschaft zum Weltfriedenstag am 1. Jänner 2020 ruft Papst Franziskus zu internationalem Dialog und zu einem Ende der Abschreckungspolitik auf. Zudem mahnt er für eine globale Friedenssicherung auch soziale, wirtschaftliche und ökologische Reformen an. Die Nachrichtenagentur "Kathpress" dokumentiert Auszüge der am Donnerstag veröffentlichten Botschaft "Der Friede als Weg der Hoffnung" nach einer Arbeitsübersetzung des Vatikan:
Unsere menschliche Gemeinschaft trägt im Gedächtnis und am eigenen Fleisch die Zeichen der Kriege und Konflikte, die mit wachsender Zerstörungskraft aufeinander gefolgt sind und die nicht aufhören, vor allem die Ärmsten und die Schwächsten zu treffen. Selbst ganze Nationen haben Mühe, sich von den Fesseln der Ausbeutung und der Korruption zu befreien, welche Hass und Gewalt schüren. Auch heute noch bleiben vielen Männern und Frauen, Kindern und alten Menschen die Würde, die physische Unversehrtheit, die Freiheit einschließlich der Religionsfreiheit, die gemeinschaftliche Solidarität und die Hoffnung auf Zukunft versagt. Viele unschuldige Opfer müssen die Qual der Demütigung und des Ausgeschlossenseins, der Trauer und der Ungerechtigkeit ertragen, wenn nicht sogar Traumata, die von der systematischen Feindseligkeit gegen ihr Volk und ihre Angehörigen herrühren.
Die schrecklichen Prüfungen nationaler und internationaler Konflikte, die oftmals durch erbarmungslose Gewalt verschlimmert werden, zeichnen Leib und Seele der Menschheit auf lange Zeit. Denn jeder Krieg entpuppt sich in Wirklichkeit als Brudermord, der das Projekt der Brüderlichkeit selbst zerstört, das der Berufung der Menschheitsfamilie eingeschrieben ist.
Der Krieg beginnt, wie wir wissen, häufig mit einer Unduldsamkeit gegen die Verschiedenartigkeit des anderen, die das Verlangen nach Besitz und den Willen zur Vorherrschaft schürt. Sie entsteht im Herzen des Menschen aus Egoismus und Stolz sowie aus dem Hass, der dazu verleitet, zu zerstören, den anderen allein negativ zu sehen, ihn auszuschließen oder auszulöschen. Der Krieg speist sich aus einer Verkehrung der Beziehungen, aus hegemonialen Ambitionen, aus Machtmissbrauch, aus der Angst vor dem anderen und vor der Verschiedenartigkeit, die für ein Hindernis gehalten wird; und zugleich nährt der Krieg dies alles. (...)
"Der Frieden und die internationale Stabilität sind unvereinbar mit jedwedem Versuch, sie auf der Angst gegenseitiger Zerstörung oder auf der Bedrohung einer gänzlichen Auslöschung aufzubauen; sie sind nur möglich im Anschluss an eine globale Ethik der Solidarität und Zusammenarbeit im Dienst an einer Zukunft, die von der Interdependenz und Mitverantwortlichkeit innerhalb der ganzen Menschheitsfamilie von heute und morgen gestaltet wird." (Botschaft über Atomwaffen, Nagasaki, 24. November 2019)
Jede Bedrohung nährt das Misstrauen und fördert den Rückzug auf die eigene Position. Misstrauen und Angst erhöhen die Brüchigkeit der Beziehungen und das Risiko der Gewalt; es handelt sich um einen Teufelskreis, der niemals zu einem Verhältnis des Friedens wird führen können. In diesem Sinne kann auch die nukleare Abschreckung nur eine trügerische Sicherheit schaffen.
Daher dürfen wir uns nicht einbilden, dass wir die Stabilität in der Welt durch die Angst vor der Vernichtung aufrechterhalten können; ein solches höchst instabiles Gleichgewicht steht am Rande des nuklearen Abgrunds und ist in den Mauern der Gleichgültigkeit eingeschlossen, wo man sozioökonomische Entscheidungen trifft, die dazu führen, dass Mensch und Schöpfung dramatisch herabgewürdigt werden, anstatt dass man einander behütet. (...)
Wir müssen eine echte Brüderlichkeit anstreben, die auf unserem gemeinsamen Ursprung in Gott gründet und im Dialog und im gegenseitigen Vertrauen gelebt wird. Der Wunsch nach Frieden ist tief in das Herz des Menschen eingeschrieben, und wir dürfen uns mit nichts Geringerem als diesem abfinden. (...)
Der Friedensprozess ist also eine Aufgabe, die Zeit braucht. Er ist eine geduldige Arbeit der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit, die das Gedächtnis an die Opfer ehrt und schrittweise eine gemeinsame Hoffnung eröffnet, die stärker ist als die Rache. In einem Rechtsstaat kann die Demokratie ein bedeutendes Paradigma dieses Prozesses sein, wenn sie auf Gerechtigkeit und auf dem Einsatz für den Schutz der Rechte aller in der beständigen Suche nach Wahrheit gründet, insbesondere, wenn sie schwach oder ausgegrenzt sind. Es geht um den sozialen Aufbau und um eine wachsende Ausgestaltung, in der jeder verantwortlich seinen Beitrag auf allen Ebenen der lokalen, nationalen und weltweiten Gemeinschaft beisteuert. (...)
Was für den Frieden im sozialen Bereich zutrifft, das stimmt auch im politischen und wirtschaftlichen Bereich, weil die Frage des Friedens alle Dimensionen des gemeinschaftlichen Lebens durchdringt: Es wird nie einen wahren Frieden geben, wenn wir nicht in der Lage sind, ein gerechteres Wirtschaftssystem aufzubauen. So schrieb vor zehn Jahren Benedikt XVI. in der Enzyklika "Caritas in veritate": "Die Überwindung der Unterentwicklung erfordert ein Eingreifen nicht nur zur Verbesserung der auf Gütertausch beruhenden Transaktionen, nicht nur im Bereich der Leistungen der öffentlichen Hilfseinrichtungen, sondern vor allem eine fortschreitende Offenheit auf weltweiter Ebene für wirtschaftliche Tätigkeiten, die sich durch einen Anteil von Unentgeltlichkeit und Gemeinschaft auszeichnen" (Nr. 39).
"Wenn ein falsches Verständnis unserer eigenen Grundsätze uns auch manchmal dazu geführt hat, die schlechte Behandlung der Natur oder die despotische Herrschaft des Menschen über die Schöpfung oder die Kriege, die Ungerechtigkeit und die Gewalt zu rechtfertigen, können wir Glaubenden erkennen, dass wir auf diese Weise dem Schatz an Weisheit, den wir hätten hüten müssen, untreu gewesen sind." (Enzyklika "Laudato si", 200)
Angesichts der Folgen unserer Feindseligkeit den anderen gegenüber und der Auswirkungen der fehlenden Achtung für das gemeinsame Haus und der missbräuchlichen Ausbeutung der natürlichen Ressourcen - einzig als Mittel für schnellen Profit heute gesehen, ohne auf die Gemeinschaften vor Ort, das Gemeinwohl und die Natur zu achten - brauchen wir eine ökologische Umkehr.