Franziskus vor der Kurie.
Franziskus vor der Kurie.
Papst zeichnet nüchternes Bild: "Keine christliche Leitkultur mehr" .
Kurz vor Weihnachten hat Papst Franziskus die katholische Kirchenleitung auf durchgreifende Veränderungen eingeschworen. Das Christentum sei keine dominante Größe mehr, sagte das Kirchenoberhaupt in seiner traditionellen Ansprache vor Kurienleitern am Samstag, 21. Dezember 2019. Nötig seien ein Wandel in der Seelsorge und ein missionarischer Neuaufbruch, aber auch neue Formen der Kommunikation in der Kirche.
"Wenn wir wollen, dass alles bleibt wie es ist, dann ist nötig, dass alles sich verändert", zitierte Franziskus aus dem Roman "Der Leopard" von Giuseppe Tomasi di Lampedusa (1896-1957). Der Papst verteidigte die von ihm unternommene Kurienreform. Sie maße sich nicht an, so zu tun, also ob vorher nichts existiert hätte, sondern ziele im Gegenteil darauf, "all das Gute zu würdigen, das in der komplexen Geschichte der Kurie getan worden ist".
Der Papst verlangte eine Rückbesinnung auf die "erste und wichtigste Aufgabe der Kirche: die Evangelisierung". Die Erneuerung der Kurienstrukturen solle dazu dienen, "dass sie alle missionarischer werden". Franziskus warnte vor den Versuchungen, "sich in die Vergangenheit zurückzuziehen" und zu erstarren. Zugleich wandte er sich gegen eine "relativistische Pastoral" oder einer Orientierung am "Zeitgeschmack".
Von der Kirche forderte der Papst einen verstärkten Dienst an Armen, Ausgegrenzten und besonders Migranten; diese stellten "einen Schrei in der Wüste unserer Menschheit" dar. Es gehe um "Brüder und Schwestern", die von der globalisierten Gesellschaft ausgesondert würden. Die Kirche müsse Zeugnis dafür zu geben, "dass es für Gott niemanden gibt, der fremd oder ausgeschlossen ist". Das Mittelmeer sei für "zu viele zu einem Friedhof geworden".
Von der Situation des Christentums zeichnete der Papst ein nüchternes Bild. "Wir haben keine christliche Leitkultur, es gibt keine mehr! Wir sind heute nicht mehr die Einzigen, die Kultur prägen, und wir sind weder die ersten noch die, denen am meisten Gehör geschenkt wird", sagte er. "Das Christentum ist keine dominante Größe mehr, denn der Glaube - vor allem in Europa, aber auch im Großteil des Westens - stellt keine selbstverständliche Voraussetzung des allgemeinen Lebens mehr dar".
Auf mögliche Faktoren für einen Glaubwürdigkeitsverlust wie den Missbrauchsskandal, mangelnde Transparenz und fehlende Mitbestimmungsmöglichkeiten ging der Papst nicht ein.
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