Es ist der historisch erste Besuch eines römischen Kirchenoberhaupts in dem von Kriegen sowie religiösen und ethnischen Rivalitäten zerrütteten Staat.
Es ist der historisch erste Besuch eines römischen Kirchenoberhaupts in dem von Kriegen sowie religiösen und ethnischen Rivalitäten zerrütteten Staat.
Franziskus will im Irak die bedrängten Christen im Mittleren Osten stärken und seine Botschaft der Geschwisterlichkeit in die Heimat des schiitischen Islam tragen.
Papst Franziskus bricht am Freitag zu einer viertägigen Visite in den Irak auf. Es ist der historisch erste Besuch eines römischen Kirchenoberhaupts in dem von Kriegen sowie religiösen und ethnischen Rivalitäten zerrütteten Staat. Im Mittelpunkt stehen der Aufruf zu nationaler Einheit und die Stärkung der schwindenden christlichen Minderheit. Der Besuch findet unter einer schwierigen Sicherheits- und Pandemielage statt. Mit Ausnahme der autonomen Region Kurdistan gilt im ganzen Land wegen steigender Corona-Infektionszahlen eine strenge Ausgangssperre.
Bei seiner Ankunft in Bagdad am Freitagmittag wird Franziskus von Staatspräsident Barham Salih empfangen. Neben einer Unterredung mit Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi steht eine Ansprache des Katholikenoberhaupts vor der politischen und zivilgesellschaftlichen Elite des Landes auf dem Programm.
Auch an die eigenen katholischen Gläubigen wendet sich der Papst am Ankunftstag, und zwar mit einer Rede an Kleriker, Ordensleute und Katecheten bei einem Treffen in der syrisch-katholischen Kathedrale in Bagdad. Das Gotteshaus war 2010 Schauplatz eines blutigen Terroranschlags, bei dem 48 Christen ermordet wurden. An dem Treffen in der Kathedrale Unserer Lieben Frau der Erlösung wird auch der Patriarch der syrisch-katholischen Kirche von Antiochien, Ignatius Youssef III. Younan, teilnehmen.
Besondere Aufmerksamkeit richtet sich auf ein Treffen des Papstes am Samstag mit Großajatollah Ali al-Sistani in der Stadt Nadschaf. Der 90-jährige schiitische Gelehrte verkörpert die moralische Autorität des Irak. In Konflikten wirkte er auf Mäßigung und Deeskalation hin; bei den Protesten gegen Misswirtschaft und Korruption im Herbst 2019, die schließlich zum Sturz der Regierung führten, stellte er sich hinter die Demonstranten. Gegen populistische schiitische Kräfte im Land wie den Milizenführer Muktada al-Sadr fungiert er als eine Art Wellenbrecher. Zum chaldäisch-katholischen Patriarchen Louis Raphael I. Sako wird al-Sistani ein gutes Verhältnis nachgesagt.
Obwohl al-Sistani kein dem Papst vergleichbares Amt besitzt, schlägt das Treffen eine wichtige Brücke zwischen der katholischen Kirche und dem schiitischen Islam, der weltweit immerhin um die 200 Millionen Gläubige zählt.
Weiterer Höhepunkt der Papstreise ist ebenfalls am Samstag ein interreligiöses Treffen in Ur, heute Tell el-Muqayyar. Die antike Stadt im heutigen Südirak gilt als Heimat Abrahams, den Juden, Muslime und Christen als gemeinsamen Stammvater verehren. Bei den Ruinen des Stufentempels von Ur, den schon der biblische Erzvater vor 4.000 Jahren gesehen haben mochte, sollen sich Vertreter des Islam und der Kirchen, aber auch von Juden, Jesiden oder Mandäern zum Gebet versammeln. Alle beziehen sie sich auf irgendeine Weise auf Abraham; alle sind sie in eine lange Geschichte von Rivalität und Gewalt verstrickt.
Samstagmittag (Ortszeit) kehrt Franziskus nach Bagdad zurück. Dort steht am Abend eine Messe im chaldäischen Ritus mit Patriarch Sako in der Josefs-Kathedrale auf dem Programm. Es wird das erste Mal sein, dass ein Papst in diesem ostkirchlichen Ritus die Liturgie feiert.
Der dritte Programmtag der Papstreise nimmt am Sonntag den Terror des "Islamischen Staats" und das Leiden der Christen im Nordirak in den Blick. Franziskus reist in die mehrheitlich von Sunniten bewohnte Metropole Mossul und die christliche Stadt Karakosch. Von dort flohen 2014 Zehntausende vor den Terrormilizen; etwa die Hälfte der Familien kehrte zurück.
Der Besuchsplan sieht in Karakosch eine Ansprache des Papstes in der syrisch-katholischen al-Tahira-Kirche vor - sie wurde von den Islamisten verwüstet. Zuvor findet in Mossul ein "Gebet für die Opfer des Krieges" statt. Die offene Formulierung lässt erwarten, dass man bewusst auf eine konfessionelle Unterscheidung verzichten will. Unter der Vertreibung und den Gräueln des "Islamischen Staats" litten etwa die Jesiden noch stärker als die Christen.
Zum Abschluss am Sonntag will Franziskus eine Messe in der Hauptstadt der Kurdenregion Erbil feiern. Wegen der in der Kurdenregion geltenden Corona-Ausnahmeregelungen sind zu dem Gottesdienst 10.000 Teilnehmer unter zahlreichen Schutzvorkehrungen zugelassen.
Den Rückflug nach Rom beginnt der Papst mit seiner Reisedelegation erst Montagfrüh. Die Ankunft des Papstflugzeugs auf dem Flughafen Rom-Fiumicino wird am 8. März zur Mittagszeit erwartet.