Die Kirche müsse sich immer erneuern, sonst trete sie auf der Stelle. Manche in vergangenen Zeiten nützliche Dinge müsse man neu ordnen. "Die Kirche ist dynamisch und reagiert auf die Dinge des Lebens.
Die Kirche müsse sich immer erneuern, sonst trete sie auf der Stelle. Manche in vergangenen Zeiten nützliche Dinge müsse man neu ordnen. "Die Kirche ist dynamisch und reagiert auf die Dinge des Lebens.
In seinem ersten Interview als Papst hat Franziskus gegenüber dem brasilianischen Fernsehsender "Globo" seine Sichtweise über die geplante Kurienreform, über die Kirche und den ökumenischen Dialog dargelegt.
Das Interview war am Sonntagabend, 28. Juli 2013, ausgestrahlt worden. Der TV-Kanal stellte das komplette Interview online zur Verfügung.
Wie Franziskus darin darlegte, sei der Impuls für die von ihm bestellte Beraterkommission für die Kurienreform aus dem Konklave im März gekommen: "In der Generalkongregation wurden eine Woche lang die Probleme klar angesprochen, um zu sehen, wie ist die Realität und welches Profil braucht der nächste Papst." Schon damals sei über einige notwendige Reformen gesprochen worden. "Man bat, dass der neue Papst eine Kommission von Externen bilden solle, damit diese die Probleme der Neuordnung der römischen Kurie erhebe", so der Papst.
Tatsächlich hat Papst Franziskus nicht einmal einem Monat nach seinem Amtsantritt am 13. April eine Kardinalskommission zur Kurienreform eingesetzt. Diese habe bereits ihre Arbeit aufgenommen und hole Meinungen von Bischöfen und Bischofskonferenzen ein, erklärte Franziskus. "Man sucht Reformideen - in der Dynamik des Synodalen." Die Mitglieder der Kommission hätten bereits viele Dokumente erhalten, "die wir unter uns austauschen", so der Papst.
Allerdings forderte Franziskus auch Geduld für den Reformprozess ein. Zur ersten öffentlichen Sitzung der Kommission, die vom 1. bis 3. Oktober 2013 stattfinden soll, sagte er: "Wenngleich man da einiges an Richtungweisendem sehen wird, glaube ich nicht, dass bei dieser Sitzung bereits etwas Definitives herauskommt, denn die Reform der Kurie ist eine sehr ernste Angelegenheit." Die vorliegenden Vorschläge müssten noch reifen: "Ich rechne damit, dass wir zwei oder drei weitere Sitzungen abhalten müssen, bevor man eine Reform bemerken wird."
Inhaltlich gehe es dabei nicht nur um die "Vatileaks-Skandale, die die ganze Welt kennt", betonte der Papst: Die Kirche müsse sich immer erneuern, sonst trete sie auf der Stelle. Manche in vergangenen Zeiten nützliche Dinge müsse man neu ordnen. "Die Kirche ist dynamisch und reagiert auf die Dinge des Lebens." Wie in jeder Organisation würden auch in der Kurie "einige Dinge gefallen, andere wiederum nicht". Es gebe hier auch viele Heilige - "heilige Kardinäle, Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien - Leute Gottes, die die Kirche lieben. Das sieht man nicht."
Er selbst glaube, "dass Gott uns in diesem Moment um mehr Einfachheit bittet". Die Kirche solle "schlichter, einfacher, auch ärmer" sein, so der Papst, der auch auf den Hinweis seines Konklave-Sitznachbarn Kardinal Claudio Hummes hinwies, der ihm unmittelbar nach der Wahl gesagt habe "Vergiss nicht auf die Armen!" - "Eine Phrase, die mir so gut tat."
Weites müsse sich die katholische Kirche heute um mehr Nähe zu den Menschen bemühen. Die Kirche sei wie eine Mutter, die ihre Kinder liebe. "Wenn sie in tausend Dingen beschäftigt ist und nur noch Dokumente produziert, vernachlässigt sie das Mütterliche. Das ist dann wie eine Mutter, die mit ihren Kindern nur in Briefform kommuniziert." Ein Problem sei der Priestermangel in vielen Gegenden, in denen die Menschen dennoch auf der Suche seien und das Evangelium brauchten.
Zum Dialog zwischen den Konfessionen betonte der Papst, es sei weltweit eine "Kultur der Begegnung" notwendig, die "Nähe und das aus sich Herausgehen" beinhalte, um dadurch die großen Probleme der Gegenwart zu lösen. "Wichtig ist, dass sich alle für die anderen einsetzen und den Egoismus überwinden, gemäß den Werten ihres eigenen Glaubens. Wir müssen uns alle treffen, um für die anderen zu arbeiten". Die Konfessionen dürften sich untereinander nicht auf Kosten anderer streiten. Zuerst komme der Einsatz für andere, "erst dann sprechen wir über Glaubensthemen und suchen nach gegenseitigem Verständnis."
Sei etwa ein Jugendlicher in Not - durch Hunger oder fehlenden Zugang zu Bildung - müsse das Interesse vorrangig darin liegen, "dass er keinen Hunger mehr hat und Bildung bekommt. Ob ihm dies Katholiken, Protestanten, Orthodoxe oder Juden geben, interessiert mich nicht", und weiter: "Ich glaube, die verschiedenen Konfessionen können nicht ruhig schlafen gehen, wenn ein einziges Kind an Hunger stirbt und ohne Bildung ist oder ein alter Mensch keine Gesundheitsversorgung bekommt." Zwar seien die Konfessionen keine Wohltätigkeitsvereine, doch "zumindest in unserem christlichen Verständnis werden wir für unsere Werke der Nächstenliebe gerichtet werden".
Auch die Sozialproteste in Brasilien, das Papamobil, sein Leben im vatikanischen Gästehaus und die Vernachlässigung alter Menschen sprach der Papst in dem insgesamt 43-minütigen Gespräch mit dem Journalisten Gerson Camarotti an. Franziskus sprach dabei Spanisch, wie zuletzt mehrmals bei den Ansprachen am Weltjugendtag, und seine Antworten endeten immer wieder mit Phrasen wie "Sind Sie zufrieden mit dieser Antwort?", einmal auch: "Kann ich darüber noch ein bisschen länger sprechen?" Wie Camarotti gegenüber "GlobeNews" bekanntgab, habe sich der Papst vor keiner Frage gedrückt.
Laufend Aktuelle Meldungen über die Predigten Papst Franziskus in Santa Marta und weitere Zitate von Audienzen und Empfängen des Heiligen Vaters.