An den Sitzungen im Petersdom nahmen rund 2.800 katholische Bischöfe und mehr als 100 Beobachter nichtkatholischer Kirchen und Gemeinschaften teil.
An den Sitzungen im Petersdom nahmen rund 2.800 katholische Bischöfe und mehr als 100 Beobachter nichtkatholischer Kirchen und Gemeinschaften teil.
Papst Johannes XIII. lud am 25. Dezember 1961 alle katholischen Bischöfe zur Kirchenversammlung.
Johannes XXIII. fand zu Weihnachten 1961 noch nicht so prägnante Worte wie bei seiner Konzilseröffnung knapp zehn Monate später, bei der er erklärte, er wolle den "Unglückpropheten" der Zeit "entschieden widersprechen" und sich furchtlos an die Aufgaben begeben, die das Jahrhundert an die Kirche stelle. In "Humanae salutis" heißt es, das Konzil werde "die Mutter Kirche in immerwährender Lebenskraft und Jugend zeigen", so dass die Kirche "neues Licht ausstrahlt".
Viele hatten in den Jahrzehnten zuvor die Idee allgemeiner Konzilien bereits für tot erklärt: zu aufwendig, zu ineffizient, zu unwägbar. Johannes XXIII. wollte kein Verurteilungs- oder Lehrkonzil mit neuen Dogmen, sondern ein von der Seelsorge geprägtes; dialogisch, nicht autoritär: eine Denkfabrik für die Fragen, die die Christen im 20. Jahrhundert bewegten. Bedenken gab es freilich viele. Es sei unmöglich, die umfangreichen Vorbereitungen - Arbeitsdokumente, Unterkunft für Konzilsväter - bis 1963 ins Werk zu setzen. "Dann werden wir eben schon 1962 beginnen", entgegnete der Papst ungerührt. Weniger aus Naivität, die man ihm unterstellte, als vielmehr mit realistischem Blick auf die knappe Zeit, die dem damals 77-Jährigen noch blieb.
So wurde, mit den Worten des Konzilienforschers Giuseppe Alberigo, "das gewaltige Räderwerk der römischen Kirche in Gang gesetzt", dessen Umwälzungen bis heute zu spüren sind. Johannes XXIII. machte freilich für "sein" Konzil keine konkreten inhaltlichen Vorgaben und Vorschriften - mit dem Ergebnis, dass die römischen Kurienbehörden - und vor allem deren eher auf Bewährtes setzenden Führungskräfte - das Heft des Handelns ergriffen. Das "Gesicht" dieser Strömung war Kardinal Alfredo Ottaviani (1890-1979), Sekretär des Heiligen Offiziums und Präsident der theologischen Vorbereitungskommission des Konzils.
Zu einem natürlichen kirchenpolitischen Antipoden wurde der deutsche Kurienkardinal Augustin Bea (1881-1968), den Johannes XXIII. im Juni 1960 zum Präsidenten des neu geschaffenen Sekretariates zur Förderung der Einheit der Christen, also sozusagen zum "Staatssekretär für Ökumene" gemacht hatte - ein Anliegen, das dem Papst selbst mehr am Herzen lag als dem konservativen Flügel um Ottaviani. Noch bevor das Konzil begann, zeigten sich die Konfliktlinien zwischen "Bewahrern" und "Reformern", die sich später bei den entscheidenden Sitzungen des Konzils vertiefen sollten. Wohl niemand - auch nicht Johannes XXIII. selbst - konnte noch zu Weihnachten 1961 ahnen, wie viel Aktenstudium, wie viel theologisches und kirchenpolitisches Ringen und wie viel Gebet und "Wehen des Heiligen Geistes" dafür noch notwendig sein würden.
Das Konzil machte Geschichte und führte zu tiefgreifenden Veränderungen. Im Zentrum der Beratungen der im Petersdom versammelten Konzilsväter stand die Frage, wie die katholische Kirche ihre Botschaft in der modernen Welt und des weltanschaulichen Pluralismus angemessen verkünden kann.
In den vier Sitzungsperioden erarbeiteten die Konzilsväter 16 Dokumente: vier Konstitutionen, neun Dekrete und drei Erklärungen. Schlüsseldokumente sind die Konstitutionen. Die dogmatische Konstitution "Lumen gentium" formulierte mit dem Bild der Kirche als dem pilgernden Volk Gottes ein neues Kirchenverständnis, wonach jeder Einzelne Mitverantwortung trägt. Aus der Konstitution über die Liturgie erwuchs die 1970 umgesetzte Erneuerung des Gottesdienstes und der Sakramente sowie die Einführung der Volkssprache. Diese Reform wurde von Konservativen und Traditionalisten scharf kritisiert und führte später zu Abspaltungen.
In der Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute äußerte sich das Konzil zu den Problemen der Moderne. Die vierte Konstitution ebnete einer modernen Erforschung der Bibel den Weg. Das "Dekret über den Ökumenismus" begründete den Dialog mit den christlichen Konfessionen mit dem Ziel der Einheit der Kirche. In der Erklärung "Dignitatis humanae" bekannten sich die Konzilsväter zur Religionsfreiheit. In der Erklärung "Nostra aetate" öffnete sich die Kirche für den Dialog mit den nichtchristlichen Religionen.