Kirchenerneuerung ist ohne Eucharistie nicht möglich.
Kirchenerneuerung ist ohne Eucharistie nicht möglich.
Vor 60 Jahren, am 29. Juni 1954, wurde Weihbischof Helmut Krätzl im Stephansdom zum Priester geweiht. Der emeritierte Weihbischof über Priester-Werden und Priester-Sein und welche zentrale Bedeutung die Eucharistie hat.
Sie sind seit bald 60 Jahren Priester. Waren und sind Sie gern Priester?
Krätzl: Ich bin sehr gerne Priester geworden und war es immer gern alle sechzig Jahre, obwohl sich das Priesterbild in der Kirche so geändert hat und ich mich auch. Durch meine unterschiedlichen Aufgabengebiete ist mein Priester-Sein immer bewegender und spannender geworden.
Die Kirche hat Sie schon in ganz jungen Jahren geprägt... Sie gingen mit nicht ganz fünf Jahren zur Erstkommunion...
Krätzl: Ja, am 21. Juni 1936, da bin ich erst im Oktober fünf Jahre alt geworden. Der damalige Kaplan von St. Ulrich hat gemeint, ich könnte zur Frühkommunion gehen, die damals üblich gewesen ist. Das war ein Nachklang von Papst Pius X., der die häufige Kommunion und die Frühkommunion propagiert hat. Ich muss gestehen, dass das für mich ein tiefes Erlebnis war. Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass man Kindern, wenn sie in einem richtigen Milieu aufwachsen, diese Liebe zu Christus schon in frühen Jahren nahe bringen kann. Auch ich habe später versucht, das weiterzugeben, dass die Eltern den Kindern diese Liebe zu Jesus nahe bringen. Was da in den Kinder- und Jugendjahren grundgelegt wird, ist doch meist bleibend für das ganze Leben.
Sie haben auch viel Erfahrung als Firmspender: Was hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert?
Krätzl: Geändert hat sich, dass die Vorbereitung zur Erstkommunion und auch zur Firmung viel besser ist, als sie früher gewesen ist. Dass heute in den Pfarren Tischmütter und manchmal auch Tischväter monatelang die Erstkommunion vorbereiten, ist ein ganz großer Fortschritt. Allerdings sage ich den Priestern immer, dass sie diese Tischmütter nicht allein lassen dürfen. Sondern mit ihnen selber diese Stunden geistlich vorbereiten. Bei der Visitation predige ich fast immer: Nützt dieses Erstkommunion-Jahr. Das könnte eine eucharistische Katechese sein, dass auch die Eltern über die Bedeutung der Eucharistie nachdenken. Tatsache ist ja, dass bei der Erstkommunionfeier mindestens drei Generationen vertreten sind. Genauso ist es ein Fortschritt bei der Firmung, dass die Firmkandidaten durch Helferinnen und Helfer vorbereitet werden. Für diese selber ist diese Firmvorbereitung wie eine Glaubensreflexion: Mit 14-Jährigen ein ganzes Jahr zu versuchen, über den Glauben zu reden, ist überaus schwer. Die Jugend ist überaus kritisch und erkennt sofort, ob diese etwas Angelerntes sagen oder ob sie es selbst glauben. Für die Firmhelfer ist dies eine neue Form des Apostolats, die sich – wie die Firmkandidaten – auf diese Weise ihres Glaubens vergewissern müssen. Dadurch sind die Firmkandidaten viel besser vorbereitet. Dass die Firmung heute dezentralisiert ist, also in fast allen großen Pfarren gefeiert wird, ist wunderbar. Es kommen auch viele zur Firmfeier, die nicht so häufig kommen. Auch die Firmung ist eine Möglichkeit der Missionierung der Fernstehenden.
Was waren die Motive, dass Sie vor mehr als 60 Jahren ins Priesterseminar eingetreten sind?
Krätzl: Ich habe eigentlich schon von ganz klein an immer gedacht, Priester zu werden. Das war meine große Freude am Ministrieren und damit an dem, was am Altar geschieht. Prägend war sicher auch das Beispiel der Priester von St. Ulrich, damals Steyler Missionare. So bin ich nach der Matura schnurstracks ins Priesterseminar gegangen und bin 1954 nach dem Theologiestudium mit 22 Jahren – mit einer großen römischen Dispens, man musste 24 Jahre alt sein bei der Priesterweihe – zum Priester geweiht worden.
Aus welchen geistlichen Quellen schöpfen Sie für Ihr Priester-Sein?
Krätzl: Sicher ganz viel aus der Eucharistie. Und aus einer Jugendgruppe, die wir damals in St. Ulrich hatten. Diese Jugend war sehr lebendig, wir treffen uns heute noch. Beherrschend war die Freude am Leben, an der Kirche, die nach dem Krieg ja aufgeblüht ist. Von den daraus hervorgegangenen Ehen halten die meisten bis heute. Aus dieser Pfarre sind nach dem Zweiten Weltkrieg aber auch zehn Priester hervorgegangen. Ich war und bin überzeugt, dass die Verkündigung des Evangeliums und die Sakramente ganz wichtige „Lebensmittel“ sind, um das Leben der Menschen zu vertiefen und es in Fülle zu bekommen.
Das vom Konzil wieder entdeckte gemeinsame Priestertum wurde vor wenigen Jahren nochmals wiederentdeckt (u. a. durch das Buch von P. Elmar Mitterstieler SJ)... Was heißt es, in der Taufe durch Salbung zu einem königlichen Priestertum „geweiht“ und damit teilhaftig am dreifachen Amt des einen Hohenpriesters Jesus Christus selbst zu sein?
Krätzl: Das heißt zunächst, dass uns die Taufe, die Taufweihe verbindet und dass sie die Grundlage bildet für alle anderen Dienste und Aufgaben in der Kirche. Das ist auch das Kirchenbild des Zweiten Vatikanischen Konzils: Dass die Kirche – nicht so wie vor dem Konzil – so besonders hierarchisch geprägt ist – sondern Kirche ist das Volk Gottes. Das ist der Begriff, den das Konzil so gern gebraucht. Im neuen Kirchenrecht beginnt das Personen-Recht mit den Getauften, mit dem Volk Gottes, mit den Rechten und Pflichten, die die Getauften haben. Damit wurde auch die Messe neu gesehen: Die Messe war vor dem Konzil fast ausschließlich eine Priester-Liturgie, noch dazu in einer Sprache, die die Leute nicht verstanden haben. Und die Messe nach dem Konzil ist die Feier des Gottesvolkes mit einer tätigen Teilnahme. Auch das ist eine Folge des gemeinsamen Priestertums. Es feiern alle gemeinsam, aber jeder in seiner besonderen Aufgabe. Der Priester mit seiner Weihe ist als Vorsitzender und Leiter in der Liturgie unersetzlich.
Prägend für Ihr Priesterleben war auch das Zweite Vatikanische Konzil. Papst Johannes Paul II. sagte: „Ich bin überzeugt, dass es den jungen Generationen noch lange aufgegeben sein wird, die Reichtümer auszuschöpfen, die dieses Konzil des 20. Jahrhunderts uns geschenkt hat.“ Kennt die jüngere Generation die Reichtümer dieses Konzils?
Krätzl: Sie sieht das nicht als Reichtümer des Konzils, sondern vieles ist ihnen eine Selbstverständlichkeit, weil sie die Kirche vor dem Konzil nicht erlebt haben. Es ist schwer, ihnen alles klar zu machen, was sich verändert hat und was sich in dieser Richtung, die das Konzil vorgegeben hat, noch weiterentwickeln sollte. Für die Jugend ist das Konzil tiefe Geschichte. Unsere Generation hat erlebt, welchen Sprung das Konzil der Kirche zugemutet hat. Und dass die Kirche diesen Sprung auch getan hat. Von der Liturgie angefangen über die Verwendung der Bibel, die Ökumene, das neue Verhältnis zum Judentum, die neue Sicht der Ehe, verantwortete Elternschaft bis hin zur positiven Sicht der Welt und eines so positiven Menschenbildes, dass von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen ausgeht. Für die Jugendlichen ist das alles selbstverständlich. Sie wissen nicht, wie defizitär es vorher war, wie vieles nach einer Erneuerung gedrängt hat.
Die Heilige Schrift ist „die Seele der ganzen Theologie“ (OT 16). Was heißt das für den priesterlichen Dienst?
Krätzl: Das heißt, dass auch die Wortverkündigung überaus ernst genommen werden muss. Die Heilige Schrift ist das Fundament jeglicher Theologie. Durch das Konzil und durch Papst Franziskus in „Evangelii gaudium“ wird etwa die wichtige Aufgabe der Homilie, also die Erklärung der Schrift in der Messe, erneut herausgestrichen. Heute gibt es in manchen Pfarren, wo aufgrund des Priestermangels nicht jeden Sonntag Eucharistie gefeiert werden kann, eine Wort Gottes-Feier. Das Konzil hat betont, dass „der Herr“ auch im Wort Gottes gegenwärtig ist. Und daher ist diese Wort Gottes-Feier nicht eine billige Notlösung, sondern auch eine Art der Versammlung der Gemeinde um den Herrn, der gegenwärtig ist.
Stichwort Wort Gottes-Feier mit oder ohne Kommunion. Was empfehlen Sie?
Krätzl: Die Liturgiewissenschaftler waren zuerst für „mit Kommunion“, dann für „ohne Kommunion“. Ich bin eher für „ohne Kommunion“. Mit einer Kommunionspendung hat es einerseits manchmal zur irrigen Auffassung geführt, dass die Leute gedacht haben, eine Wort Gottes-Feier sei eine kleine Messe. Auf der anderen Seite soll diese Tatsache, dass „der Herr“ auch im Wort gegenwärtig ist, deutlich gemacht werden. Grundsätzlich bin ich für Wort Gottes-Feiern ohne Kommunion.
Sie wundern sich in ihrem Eucharistie-Buch, dass Papst Franziskus in „Evangelii gaudium“ kein Wort über den Priestermangel und die Gefahr der „Austrocknung der Eucharistie“ in weiten Gebieten schreibt. Müsste nicht, wenn von Evangelisierung die Rede ist, in erster Linie auch an die Eucharistie gedacht werden?
Krätzl: Ich habe da ein eigenes Kapitel geschrieben: Kirchenerneuerung ist ohne Eucharistie nicht möglich. Der Papst sagt in „Evangelii gaudium“, dass die Neuevangelisierung bei der sonntäglichen Versammlung der Gläubigen um Wort und Brot beginnt. Und da kommen auch andere dazu, die nicht immer kommen. Für den Papst ist hier schon ein Anknüpfungspunkt für die Neuevangelisierung oder Mission. Was ich kritisiere, ist, dass er es so hinstellt, als ob sie überall so selbstverständlich wäre, diese sonntägliche Versammlung. Wir wissen, dass in weiten Teilen Brasiliens und anderer lateinamerikanischer Länder die sonntägliche Eucharistie eine sehr seltene geworden ist. Da hätte ich gerne gehabt, dass der Papst dies erwähnt und gesagt hätte: Aber da müssen wir schauen, dass diese sonntägliche Versammlung zur Eucharistie auch in diesen Gebieten möglich ist. Allerdings hat Papst Franziskus jetzt, ich konnte das noch nicht in meinem Buch schreiben – dem Bischof Kräutler, der in Brasilien für 800 Pfarren nur 26 Priester hat, gesagt, die Bischöfe und die Bischofskonferenzen sollten doch kreative und mutige Vorschläge zu dieser Frage machen. Und auf diese Vorschläge warte ich. Dass die Bischöfe aus diesen Ländern und auch bei uns sagen, welche Vorstellungen sie von erweiterten Zugängen zum Priestertum haben, sodass die sonntägliche Eucharistie gesichert ist. Es geht dabei nicht um eine billige Abschaffung des Zölibats wegen des Priestermangels, sondern es geht um die eucharistische Not, um die Austrocknung der Eucharistie, wie Paul Zulehner sagt. Das ist gefährlich, weil die Eucharistie Quelle und Zentrum des christlichen Lebens und des Gemeindelebens ist. Und das muss gesichert werden.
Sie haben 1978 im Wiener Priesterrat zur Frage der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion referiert. Seit damals verstehen Sie sich als „Anwalt“ dieser Betroffenen, die Sehnsucht nach der Kommunion haben. Was erhoffen Sie sich von den beiden kommenden Bischofssynoden?
Krätzl: Ich hoffe, dass an das erinnert und dass das realisiert wird, was der junge Theologe Joseph Ratzinger 1971 in der Katholischen Akademie in Bayern prophetisch gesagt hat: Dass natürlich die Unauflöslichkeit der Ehe nicht in Frage gestellt wird. Dass aber doch in Einzelfällen der Pfarrer selber mit den Betroffenen zu einem Gewissensentscheid kommen kann, ob sie nicht auch in dieser zweiten, nicht kirchlich geschlossenen Ehe zu den Sakramenten gehen können. Das hat Ratzinger damals als möglich erachtet. Das ist später fast vergessen worden. Wie dann die oberrheinischen Bischöfe Lehmann, Saier und Kasper Mitte der 90er Jahre für ihre Diözesen eine ähnliche Lösung vorgeschlagen haben, sind sie vom Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Ratzinger, sogar deswegen gerüffelt worden. 1994 gab es einen Brief an alle Bischöfe der Welt, dass dieser Gewissensentscheid gegen das Kirchenrecht und gegen den Brauch der Kirche ist. Interessant ist, dass Kardinal Kasper kürzlich vor dem Papst und einem ausgewählten Kardinalskollegium eine aufsehenerregende Rede über „Das Evangelium von der Familie“ gehalten hat, und am Schluss kommt genau wieder diese Frage zur Sprache und er zitiert Ratzinger aus den 70er Jahren. Es kommt mir vor wie eine späte Rechtfertigung dessen, was Kasper als Bischof von Rottenburg damals gesagt hat. Es gibt viele Hinweise des gegenwärtigen Papstes, dass die Kirche einen Gewissensentscheid der Gläubigen zu respektieren hat. Auch das ist eine Folge der neuen Sicht der Messe, wenn ich die Messe stärker als Mahl sehe, dann gehört zur vollen Mitfeier der Messe auch der Empfang der Eucharistie. Und wenn man den geschiedenen Wiederverheirateten sagt, sie sollen die Messe mit feiern, dürfen aber nicht zum Tisch des Herrn treten, dann ist das tatsächlich ein Ausschluss aus der vollen Gemeinschaft.
Stichwort „geistliche Kommunion“: Sie schreiben formuliert: „Der Herr hat die Seinen zum Mahl geladen, nicht zur Sehnsucht danach.“ Warum ist die geistliche Kommunion für geschiedene Wiederverheiratete kein richtiger Ausweg?
Krätzl: Es wird den geschiedenen Wiederverheirateten angeraten, sie können zur geistlichen Kommunion gehen. Und da sagt wieder Kardinal Kasper: Wenn sie zur geistlichen Kommunion gehen können, ist es ein Zeichen, dass sie eine Verbindung mit Christus haben. Warum können sie dann nicht auch zur sakramentalen Kommunion gehen? Die geistliche Kommunion ist dafür da, wenn man sonst nicht zur Eucharistie gehen kann. Wenn einer krank ist oder in Gebieten ist, wo keine Kommunion gespendet wird. Sie ist aber kein Ersatz für jene, die nicht ganz reif oder nicht vorbereitet sind.
„Die Eucharistie stärkt die Liebe und diese neue belebte Liebe tilgt die lässlichen Sünden.“ (KKK 1394). Wer bedarf besonders des Empfangs der Eucharistie? Nicht gerade auch die Sünder/innen?
Krätzl: Die Eucharistie ist selbst ein sündentilgendes Sakrament. Ich denke, man müsste neu über die Sünde reden. Die jetzige Einteilung in schwere und lässliche Sünde ist dergestalt, dass wir unter schwerer Sünde immer die Todsünde verstehen, die das Leben mit Gott völlig abgebrochen hat. Und die Kirche hat unter dieser schweren Sünde bis jetzt sehr viel verpflichtet. Man müsste die Sünde dreifach sehen: Eine Todsünde, dieses Trennen von Gott, und dem Verlust der heiligmachenden Gnade, kommt wahrscheinlich viel seltener vor, als man bisher angenommen hat. Dann müsste man unterscheiden zwischen schweren und lässlichen Sünden. Und da sage ich immer: Man müsste heute die Jugend fragen, was die Jugend als Sünde oder schwere Sünde ansieht. Wahrscheinlich würde dann die Reihenfolge und auch die Ordnung anders sein. Wir haben nicht zuletzt in der Moraltheologie sehr oft beim sechsten Gebot angefangen. Die Jugend fängt sicher bei ganz anderen Verpflichtungen und Geboten an. Wir haben seinerzeit Kardinal Ratzinger bei einem Ad-limina-Besuch in der Glaubenskongregation in Rom gefragt, ob er meine, dass alle geschiedenen Wiederverheirateteten in einer schweren Sünde leben. Und er hat damals sehr diplomatisch gesagt: Da müsse man über schwere Sünde neu nachdenken.
Welche Voraussetzungen verlangt die Kirche noch für einen würdigen Empfang der Eucharistie?
Krätzl: Die innere Haltung und die Reflexion. Und ich zitiere gerne aus der Bergpredigt: „Wenn du deine Gabe zum Altar bringst, und dabei draufkommst, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, dann gehe nach Hause, versöhne dich mit deinem Bruder und dann komm und bringe deine Gabe.“ Das ist ein sehr schönes Beispiel dafür, dass, wenn wir zum Tisch des Herrn treten, wir uns innerlich aussöhnen müssen mit dem, was vorher falsch war, und andererseits – gerade von diesem gemeinsamen Mahl zurückkehrend – Versöhnung in die Welt hinaustragen. Im dritten Hochgebet heißt es: „Dieses Opfer unserer Versöhnung bringe der ganzen Welt Frieden und Heil.“ Wenn diese vielen Millionen Messen mit Bedacht und Konsequenz gefeiert werden, und alle etwas aus der Gesinnung Jesu in den Alltag mitnehmen, dann wäre das ungeheuer stark welt- und gesellschaftsverändernd.
Sie beklagen in Ihrem Eucharistie-Buch, dass „man“ zur Kommunion gehe, weil alle gehen. Was sind die Wege, um die Gläubigen für diese Liebesbegegnung mit Christus zu befähigen?
Krätzl: In der Liturgieerneuerung ist soviel geschehen und da bin ich sehr glücklich darüber, vieles ist bewusstgemacht worden. Das Näherbringen der Gläubigen zur persönlichen Begegnung mit Christus, besonders in der Eucharistie, ist uns weitgehend noch nicht gelungen. Man müsste den Menschen zeigen, dass Messe diese innige Begegnung ist. „Wer mein Fleisch ist und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm“, heißt es im Johannesevangelium. Daran denke ich oft. Das ist der Höhepunkt der Eucharistiefeier. Das Brot zu empfangen, in dem Christus ganz da ist, damit er in mir und ich in hm bleibe. Das ist vielen nicht bewusst. Die Kommunion ist viel häufiger, leider auch manchmal zur Routine geworden. Es müsste auch nach der Kommunion unbedingt Platz für mehr Stille sein.
Wozu befähigt das Geheimnis der Eucharistie? Gibt es eine Beziehung zwischen Eucharistie und sozialem Engagement?
Krätzl: Die Messe – richtig mitgefeiert – drängt einen zu einer Mystik der Eucharistie, die eine soziale ist, wie Papst Benedikt XVI. einmal gesagt hat. Nach der Wandlung hören wir: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ Dann denken viele, dass der Priester gemacht hat, was Jesus im Abendmahlssaal getan hat – über Brot und Kelch die Einsetzungsworte gesprochen. „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ heißt, sich hinzuversetzen in die Gesinnung Jesu, seiner völligen Hingabe für die Menschen. Es geht darum, nach der Messe etwas von dieser Gesinnung des „Für-andere-da-Sein“ in die Welt zu bringen. Das ist eine Art der Missionierung im besten Sinn des Wortes. Dazu braucht es die Begegnung mit dem Herrn in der Eucharistie.
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