Nicht zuletzt im gesellschaftlichen Diskurs über bioethische Fragen zeigt sich, dass sich Katholiken in einem pluralistischen Umfeld oft in einer Minderheitenposition wiederfinden.
Nicht zuletzt im gesellschaftlichen Diskurs über bioethische Fragen zeigt sich, dass sich Katholiken in einem pluralistischen Umfeld oft in einer Minderheitenposition wiederfinden.
Beim Einsatz für humane Sterbebegleitung oder bei Vorbehalten gegenüber Präimplantationsdiagnostik (PID) geht es nicht um die "Verteidigung von Kirchenprivilegien", sondern um Humanität der Gesellschaft.
Nicht zuletzt im gesellschaftlichen Diskurs über bioethische Fragen zeigt sich, dass sich Katholiken in einem pluralistischen Umfeld oft in einer Minderheitenposition wiederfinden; hier sind nach der Überzeugung von Kardinal Christoph Schönborn Argumente von hoher Qualität ebenso gefordert wie das Zeugnis, dass Christen bestimmte Dinge eben nicht machen.
Beim Einsatz für eine humane Sterbebegleitung durch Hospizversorgung und Palliativmedizin oder bei Vorbehalten gegenüber Präimplantationsdiagnostik (PID) oder In-vitro-Fertilisation gehe es nicht um die "Verteidigung von Kirchenprivilegien", sondern darum, dass die Gesellschaft eine humane bleibt. Das betonte Schönborn am Freitag, 6. März 2015, im Pressegespräch nach der Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz am Bodensee.
Als deren Vorsitzender stellte der Wiener Erzbischof die Erklärungen der Bischofskonferenz vor - eine davon ist dem Thema "Unantastbare Würde am Ende des Lebens" gewidmet, das zuletzt auch im Rahmen einer parlamentarischen Enquete-Kommission behandelt wurde. Die Bischöfe hätten sich zwar gewünscht, dass die mit Vertretern aller Parteien bestückte Kommission das gesetzliche Verbot der Suizidbeihilfe auch als explizite Verfassungsbestimmung empfohlen hätte. Aber auch so könne man sagen, dass Österreich mit dem parteiübergreifenden Konsens, dass der humanen Sterbebegleitung Vorrang einzuräumen sei, "ein Vorbild für Europa" sei. Die in Österreich im Verfassungsrang befindliche Europäische Menschenrechtskonvention müsste - so Schönborn - "im Normalfall genügen", um bedenkliche Entwicklungen bei der Sterbehilfe hintanzuhalten.
Zur Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt, die sich heuer gegen die Stimmen ihrer kirchlichen Mitglieder für eine Suizidbeihilfe-Straffreiheit in Ausnahmefällen ausgesprochen hatte, merkte der Kardinal an, dass es in diesem Gremium dennoch gelinge, "hervorragend argumentierte" Positionen zu formulieren. Auch hier würden nicht "konfessionelle Standpunkte" vertreten, sondern im Sinne der Menschenrechte und des Naturrechtes argumentiert, so Schönborn.
Vergleichbar sei diese Ausrichtung auch im Falle des Gleichbehandlungsgesetzes, ergänzte er. Einem möglichen "levelling up" stehe die Bischofskonferenz nach wie vor ablehnend gegenüber. "Wir wollen nicht, dass aus ideologischen Gründen die Vertragsfreiheit eingeschränkt wird", sagte der Kardinal. Die Kirche sei in diesem Punkt "für die zivilen Freiheiten".
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz erinnerte an seine vielbeachtete Rede vor dem Bundestag in Berlin, wo er sich ebenfalls mit der Frage katholischer bzw. christlicher Positionierung in er Minderheitensituation befasst hatte. Statt wie bei Salamischeiben Stück für Stück Abstriche von glaubensbegründeten Überzeugungen zu machen, gelte es sich auf Stärken zu besinnen, so Kardinal Schönborn: Und das sei eben die Kraft von Argumenten, die auch Menschen außerhalb der Kirchen überzeugen könnten, bzw. eine glaubwürdige Lebenspraxis, die auf dem Gewissensschutz fußt. Niemand und auch kein kirchliches Krankenhaus dürfe gezwungen werden, Praktiken wie die PID anwenden zu müssen, betonte Schönborn, der auf Aussagen von Kardinal Walter Kasper verwies. Demzufolge werde man Christen in Zukunft daran erkennen, was sie nicht tun - etwa vorgeburtliche Selektion durch PID oder Beihilfe zum Selbstmord von Sterbenskranken. "Der Hospiz-Weg ist der humanere", unterstrich Schönborn.
Zur langen Nachfolgesuche für den nunmehr emeritierten Grazer Bischof Egon Kapellari sagte der Kardinal, die "schon sehr lange" Wartezeit sei bedingt durch den Pontifikatswechsel und den damit verbundenen Rückstau an Bischofsbestellungen, aber auch durch die Ernennung des vormaligen Grazer Weihbischofs Franz Lackner zum Salzburger Erzbischof. Lackners Ernennung für Graz sei "eigentlich ein aufgelegter Elfer" gewesen, dass dieser nun in Salzburg sei, sei eine sehr gute Lösung. Jene für Graz befindet sich nach seiner Einschätzung aber "jetzt in der Zielgeraden".
Zum Hauptthema der Bischofskonferenz-Vollversammlung, der Familiensynode im Oktober in Rom, erklärte Kardinal Schönborn, Familie sei als "die" Erfolgsgeschichte der Menschheit auch ein Kernanliegen des Pontifikats von Papst Franziskus. Die Sehnsucht nach gelungenen Familienbeziehungen sei - wie alle Umfragen zeigten - ungebrochen, auch wenn die Realisierung im heutigen Umfeld schwer geworden sei.
Auf Nachfrage bestätigte Schönborn, dass die derzeit in den österreichischen Diözesen behandelten 46 vertiefenden Fragen aus den "Lineamenta", den Ergebnissen der letztjährigen Synodenversammlung, vom Feldkircher Bischof Benno Elbs in einer zusammenfassenden Antwort an das römische Synodensekretariat gebündelt werden. Wie schon bei der ersten Befragung vor einem Jahr werden die Diözesen die Ergebnisse der Befragung veröffentlichen.
Kardinal Christoph SchönbornSeine Texte, Predigten und Vorträge. |
Bischofssynode zur Familienpastoral 250 Bischöfe tagen zum Thema: "Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Rahmen der Evangelisierung". |