Wortlaut der Presseerklärungen der Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz vom 8.-11. November 2021 in Wien.
In allen Ländern, die eine Beihilfe zur Selbsttötung straffrei gestellt haben, zeigt sich dieselbe besorgniserregende Entwicklung: Innerhalb kürzester Zeit wird aus dem Ausnahmefall eine gesellschaftlich akzeptierte Normalität und aus der Straffreiheit ein einklagbares Anspruchsrecht. Damit dies in Österreich möglichst nicht passiert, beteiligt sich die Österreichische Bischofskonferenz an der aktuellen Gesetzesbegutachtung, ohne dabei die Beihilfe zur Selbsttötung gutzuheißen.
Der breite gesellschaftliche Konsens, dass das menschliche Leben bis zu seinem natürlichen Ende zu schützen ist, wurde durch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom Dezember 2020 schmerzlich zur Disposition gestellt. Damit ist ein wirksamer und notwendiger Schutz vulnerabler Personengruppen weggefallen, der wichtig ist, weil das menschliche Leben immer mehr nur nach Attraktivität, Nützlichkeit und Ertrag für die Gesellschaft bemessen wird. Die österreichischen Bischöfe setzen sich deshalb mit allen Kräften für den umfassenden Schutz des Lebens ein.
Der vorliegende Entwurf eines "Sterbeverfügungsgesetzes" zeigt das Bemühen, die vom Verfassungsgerichtshof straffrei gestellte Suizidassistenz vor Irrtum, Übereilung und Missbrauch zu schützen. Das sieht man etwa im Versuch einer Einschränkung des Personenkreises, der von einer Suizidbeihilfe Gebrauch machen darf, oder auch im Verbot der Bewerbung und Geschäftemacherei. Ebenso notwendig ist die im Entwurf vorgesehene strukturierte Beratung und Aufklärung des Suizidwilligen, bei der alle palliativmedizinischen Alternativen zur Selbsttötung aufgezeigt werden müssen. Noch deutlicher als bisher muss aber im künftigen Gesetz das Benachteiligungsverbot formuliert werden, das privaten Trägerorganisationen die Freiheit garantiert, in ihren Häusern Suizidassistenz weder anbieten noch dulden zu müssen.
Der Gesetzesentwurf enthält jedoch Mängel, die nicht akzeptabel sind: So wurde verabsäumt, die äußerst notwendige Bedenkfrist von zwölf Wochen und die darauffolgende Errichtung einer Sterbeverfügung zwingend vorzuschreiben. Damit missachtet der Gesetzesentwurf die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes.
Dieser hat gefordert, dass für die Straffreiheit der Beihilfe zum Suizid die Dauerhaftigkeit des Suizidwunsches und die tatsächliche Entscheidungsfähigkeit des Suizidenten festgestellt werden müssen. Beides garantiert der vorliegende Gesetzesentwurf nicht, solange die Errichtung einer Sterbeverfügung - besser wäre die Bezeichnung "Suiziderklärung" - nicht strafrechtlich verpflichtend ist.
In der detaillierten Stellungnahme der Bischofskonferenz zum Gesetzesentwurf werden auch noch andere Punkte benannt, die einer drohenden lebensfeindlichen Dynamik Einhalt gebieten sollen. Insbesondere setzen sich die Bischöfe für ein verfassungsrechtliches Verbot der "Tötung auf Verlangen" ein. Dafür gab es bislang unter allen maßgeblichen politischen und gesellschaftlichen Kräften bis hin zur Ärzteschaft einen breiten Konsens.
Aus Sicht der Österreichischen Bischofskonferenz ist die Legalisierung der Suizidbeihilfe Teil eines schleichenden Kulturbruchs, der sich der Illusion einer totalen "Machbarkeit" des Lebens verschrieben hat. Jede Form von Mangel, Beeinträchtigung, Leiderfahrung und Krankheit wird als nicht zu duldendes Versagen gewertet. Gemäß dieser Logik ist nun auch das Sterben technisch und juristisch "korrekt" machbar geworden. Leider geht mit diesem Zugriff auf das Leben, der von einer einseitig verstandenen Autonomie geleitet wird, auch eine gefährliche Entsolidarisierung in unserer Gesellschaft einher. Wie können wir dieser Entwicklung begegnen? Mit Sicherheit brauchen wir mehr Achtsamkeit füreinander und die Bereitschaft zu einer vielfältigen "Assistenz zum Leben". Sie ist ein Dauerauftrag!
Besonders besorgniserregend ist eine gefährliche Werteverschiebung in unserem Sprachgebrauch, wenn im aktuellen Diskurs von einem "Sterben in Würde" die Rede ist, das scheinbar alternativlos nur durch eine Selbsttötung möglich sein soll. Diese manipulative Rede verkennt nicht nur die Tatsache, dass jeder Suizid eine menschliche Tragödie bleibt. Sie tut auch all jenen Unrecht, die bisher menschenwürdiges Sterben durch eine verlässliche und achtsame Begleitung ermöglicht haben und dies auch in Zukunft tun werden - sei es im familiären Umfeld, in Krankenhäusern, in den Hospizeinrichtungen oder in den vielen Pflege- und Wohnheimen unseres Landes. Die Bischöfe begrüßen in diesem Zusammenhang den dringend notwendigen Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich. Auf sie muss es einen Rechtsanspruch geben und die dafür nötige Finanzierung ist zeitnah sicherzustellen.
Mit einem Gottesdienst am 10. Oktober im Petersdom hat Papst Franziskus die Bischofssynode zum Thema "Eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation, Mission" eröffnet. Eine Woche später hat weltweit in allen Diözesen die erste Phase der Weltsynode begonnen. In einem vorab veröffentlichten "Einladenden Wort" haben die österreichischen Bischöfe die Bedeutung des weltkirchlichen Synodalen Prozesses unterstrichen und zur Beteiligung eingeladen.
Im ersten Jahr soll auf der Ebene der Diözesen und innerhalb jedes Landes ein breiter Prozess des Zuhörens stattfinden. Papst Franziskus bringt ihn so auf den Punkt: "Mit Freimut sprechen und in Demut zuhören." Sprechen wir daher miteinander ehrlich über die Erfahrungen, die uns innerlich berühren. Ebenso wichtig ist die Bereitschaft, einander aufrichtig zuzuhören. Lassen wir uns dabei weder lähmen noch hetzen, sondern machen wir uns gemeinsam auf den Weg. Das Ziel ist eine Kirche, die innerhalb einer verunsicherten, vielfach verwundeten Zeit und Gesellschaft besser als bisher Gemeinschaft aufbauen kann, Teilhabe ermöglicht und ihre Sendung im Sinne der Frohbotschaft Jesu mit neuer Freude lebt.
Aufgrund zahlreicher Rückmeldungen aus der ganzen Welt wurde inzwischen der Zeitplan für die Weltsynode so geändert, dass ihre erste Phase ausgeweitet wurde. Konkret wurde die Abgabefrist für die Zusammenfassungen der diözesanen Ergebnisse durch die jeweiligen Bischofskonferenzen bis zum 15. August 2022 verlängert. Die österreichischen Bischöfe haben daher beschlossen, ihre ursprünglichen Planungen zu ändern, um der Erfahrung von gelebter Synodalität mehr Zeit und Raum zu geben.
Konkret wird die Abgabefrist für die diözesanen Synthesen auf Palmsonntag, den 10. April 2022 verlängert. Um Synodalität auch untereinander zu praktizieren und zu vertiefen, werden die Mitglieder der Bischofskonferenz am 7. April 2022 in Salzburg einen Studientag dazu und zu synodalen Methoden durchführen. Nach Abgabe der diözesanen Synthesen wird ein erster Entwurf einer österreichweiten Synthese vorbereitet, die im Zuge der Sommervollversammlung der Bischofskonferenz im Juni in Mariazell begutachtet und diskutiert wird. Dazu wird in Mariazell eigens eine "vorsynodale Beratung der Bischofskonferenz" einberufen. Neben den Mitgliedern der Bischofskonferenz werden jeweils zwei diözesane Verantwortliche für den synodalen Prozess und insgesamt zehn Vertreter österreichweiter Initiativen daran teilnehmen.
Danach erfolgt die Endredaktion der österreichweiten Synthese, die bis 15. August im vatikanischen Generalsekretariat der Synode einzubringen ist. Die Synthesen der verschiedenen Bischofskonferenzen wiederum bilden die Grundlage für ein erstes Instrumentum Laboris des Generalsekretariats der Synode sowie den Beginn des Synodalen Prozesses auf kontinentaler Ebene.
Weiters haben die Bischöfe das nationale Synodenteam erweitert. Ihm gehören an: der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, Pastoral-Bischof Josef Marketz, Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka sowie Prof. Regina Polak von der Theologischen Fakultät der Universität Wien und Elisabeth Rathgeb, Caritas-Direktorin der Diözese Innsbruck.
Wie leben vom Ja Gottes zu uns Menschen, von seinem verlässlichen Ja zu allem, was er geschaffen hat. Aus dieser Zusage zu unserem Dasein erwächst ein antwortendes und vertrauensvolles Ja von uns Menschen zum konkreten Lebensumfeld, in dem wir uns zu bewähren haben. Natürlich wird ein Ja unglaubwürdig und oberflächlich, wenn es nicht auch ein kritisches Nein und ein bewusstes Dagegenhalten gibt - gerade dort, wo in einer Wohlstandsgesellschaft mit einer unersättlichen Gier Menschen und Schöpfung ausgebeutet werden.
Getragen vom Ja Gottes konnten viele Menschen zu allen Zeiten trotz vieler Bedrängnisse und Entbehrungen am Aufbau einer humanen Gesellschaft mitwirken. Unser Bundespräsident appellierte in seiner Ansprache am Nationalfeiertag mit Recht an uns alle: "Suchen wir doch das Gute im Nächsten, damit wir die vielen Risse in unserem Land heilen können!"
Diesem Ja zu einem bewussten Miteinander inmitten einer nervösen und gereizten Gesellschaft müssen wir neuen Raum geben. Wir erleben eine Vielzahl von Belastungen und neuen Unsicherheiten, die uns durch die schwer einzudämmende Pandemie zugemutet werden. Wir sind allerorts mit einer Unzahl von raschen Empörungen konfrontiert, oftmals sind sie übertrieben und verletzend. Mitunter werden jedoch mit Recht offensichtliche Mängel benannt, die es bei den Verantwortungs- und Entscheidungsträgern gibt, auch bei uns in der Kirche. Gerade deshalb braucht es Menschen, die aus einer anderen Quelle leben und sich für Versöhnung einsetzen. Der Glaube an den Gott und Vater aller Menschen kann uns innerlich mit einem unerwarteten Frieden beschenken.
Wagen wir kleine Schritte des Glaubens, der Vergewisserung und Verwurzelung im Ewigen! Stille tut uns allen gut, und jeder Versuch eines einfachen Gebetes bringt Frieden. Öffnen wir uns dabei der inspirierenden Herzensenergie Gottes.
Als Kirche versuchen wir mit dem Synodalen Prozess ein neues Ja zu einer bunten, vielstimmigen Weggemeinschaft zu sagen, die wir uns nicht selbst ausgesucht haben. Wir sind mit höchst unterschiedlichen Berufungen inmitten einer pluralen Gesellschaft gemeinsam unterwegs. Vermutlich müssen wir es neu lernen, vielfältige, scheinbar auch divergierende Meinungen, Überzeugungen und Glaubenserfahrungen auszuhalten, ja mehr noch, diese wertzuschätzen. Sie können uns aus einem bequemen Kreisen um das Eigene herausreißen und ein Anruf Gottes an uns sein. Jesus, der mit uns und allen Menschen mitgeht, möchte uns viel öfter überraschen und durch das konkrete Du beschenken. Bleiben wir sowohl der Vielfalt als auch der Einheit verpflichtet. Versuchen wir das, was uns geschenkt wurde, miteinander zu teilen - auch so manche Unsicherheit. Lernen wir von Neuem miteinander und füreinander zu beten. Jede echte solidarische Weggemeinschaft braucht eine innere Verbundenheit. Sie wird uns durch die Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott geschenkt.
Knapp 40 Religionsführer fast aller Weltreligionen haben am 4. Oktober, dem Gedenktag des hl. Franz von Assisi, im Vatikan erstmals gemeinsam mit Wissenschaftlern dazu aufgerufen, weltweite Klimaschutzmaßnahmen umgehend zu intensivieren. Adressat des Appells, den die österreichischen Bischöfe unterstützen, ist der COP26-Klimagipfel, der in diesen Tagen zu Ende geht.
Noch stehen die Ergebnisse des Klimagipfels nicht endgültig fest, aber schon jetzt ist klar, dass noch entschiedenere Schritte nötig sind, um - wie von Papst Franziskus und den Repräsentanten der Weltreligionen gefordert - so schnell wie möglich einen Netto-Kohlendioxid-Ausstoß von Null zu erreichen. Nur wenn wir die globalen Treibhausgasemissionen in den kommenden neun Jahren halbieren, kann der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf maximal 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden.
Reiche Länder dürfen daher nicht weitermachen wie bisher. Sie müssen sich vermehrt engagieren - durch sehr viel striktere Maßnahmen und technische sowie finanzielle Unterstützung für andere Staaten. Deutlich sprach der Heilige Stuhl bei der Konferenz in Glasgow von einer "ökologischen Schuld" jenen Ländern gegenüber, die von den Auswirkungen der Klimakrise besonders betroffen sind, ohne selbst deren Hauptverursacher zu sein.
Die Kirchen und Weltreligionen sind überzeugt, dass "mit dem Wissen der Wissenschaft und der Weisheit der Religion" die drohende Klimakatastrophe noch abwendbar ist, wenn den Worten auch in den nächsten ein bis zwei Jahren mutige Taten folgen. Gleichzeitig haben sie sich verpflichtet, die eigenen Klimaschutzmaßnahmen zu verstärken und vor allem das entsprechende Wissen und Engagement unter ihren Gläubigen zu fördern.
Mit der Enzyklika Laudato Si´ hat Papst Franziskus 2015 ein christliches Lebensprogramm und ein Überlebensprogramm für die Menschheit vorgelegt. Die Österreichische Bischofskonferenz hat noch im selben Jahr mit der Umsetzung der Enzyklika begonnen und sich für eine nachhaltige und klimafreundliche Führung und Ausrichtung der Diözesen entschieden. Damit verbunden ist eine Wende hin zu erneuerbarer Energie. Dazu gehören auch konkrete Vorgaben für die Veranlagung kirchlicher Finanzmittel, damit diese keine zerstörerische Wirkung auf das Klima haben. Die Katholische Kirche in Österreich wird ihre Maßnahmen in diesem Bereich weiter intensivieren. Die auch in Österreich immer spürbareren Auswirkungen der Erderhitzung und die damit verbundenen Schäden und Gefahren machen deutlich: Die "Sorge für das gemeinsame Haus" ist eine Überlebensfrage und duldet keinen Aufschub mehr.
Die Theologischen Fakultäten an den staatlichen Universitäten sind ein selbstverständlicher und nicht mehr wegzudenkender Teil der universitären Bildungs- und Forschungslandschaft. Die Theologie ist untrennbar mit der Gründung der Universität im europäischen Raum verbunden und somit gleichsam in das Erbgut der europäischen Geistesgeschichte und unseres Bildungskanons eingeschrieben.
Das Studium der Fachtheologie an staatlichen Theologischen sowie an den kirchlichen Theologischen Hochschulen und Universitäten bildet dabei die unverzichtbare Mitte und der Referenzpunkt ihrer Studienprogramme. Die Fachtheologie bleibt die Grundlage für die akademische Ausbildung für viele Berufsbilder, Ämter und Dienste im kirchlichen Bereich, einschließlich der Priesterausbildung. Die Theologie war und bleibt ein anspruchsvolles Studium, das den christlichen Glauben mittels der Vernunft reflektiert, durchdringt und vermittelt. Auf diese Weise befähigt die Theologie zum gesellschaftlichen Diskurs und zum interdisziplinären wissenschaftlichen Dialog. Theologische Fakultäten sind daher unverzichtbare Orte der christlichen Präsenz und des Gesprächs in und mit einem säkularen Umfeld.
Theologie öffnet den geistigen Horizont hin zur Transzendenz und ist daher immer auch Anwältin des Menschen und der religiösen Dimension des Menschseins. Auf diese Weise ist Theologie ein Ort der Hoffnung, die eine rein immanente Logik überbietet. Zugleich übernimmt Theologie auch eine kritische Funktion gegenüber allen Versuchen, den Menschen funktionalistisch zu reduzieren und zu instrumentalisieren. Christliche Theologie hat eine umfassende Orientierungsfunktion und dabei ein starkes Sensorium für Marginalisierte und Leidende. Nicht zuletzt stützt Theologie das kulturelle Gedächtnis in einer weltkirchlich-globalen Weise und leistet damit einen unverzichtbaren Beitrag gegen einen drohenden religiösen und somit auch kulturellen Analphabetismus.
Theologische Fakultäten an staatlichen Fakultäten sind eingebunden in die bewährte Kooperation von Kirche und Staat in Österreich. Die Bischöfe danken allen, die sich in den Theologischen Fakultäten, auf den Universitäten und im staatlichen Bildungsbereich dafür einsetzen, dass die Theologie ein inspirierender, sinnstiftender und vernunftbezogener Ort für Mensch und Gesellschaft ist und bleibt.
Nicht erst die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, dass Pflege und Betreuung zentrale Aufgaben für eine humane Zukunft unserer Gesellschaft sind. Umso besorgniserregender sind die seit Jahren zunehmenden Versorgungsprobleme im Bereich der Pflege. Die immer lauter werdenden Hilferufe ihrer Trägerorganisationen sind aus Sicht der österreichischen Bischöfe ernstzunehmende Warnungen. Der Pflegebereich ist systemrelevant. Er darf nicht selbst zum Pflegefall werden.
Der Personalnotstand in der Pflege wirkt sich nicht nur auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege aus, sondern auch auf die pflegenden Angehörigen und pflegebedürftigen Menschen selbst. Es brauche daher eine rasche Umsetzung der Pflegereform, auch um ein Altern in Würde zu gewährleisten. Dabei sind eine Ausbildungs- und Personaloffensive unumgänglich, um dem steigenden Bedarf an Pflege-und Betreuungspersonal in den kommenden Jahren gerecht zu werden. Auch über ein Einkommen während der Ausbildung sollte man nachdenken.
Noch immer sind pflegende Angehörige der größte und wichtigste Pflegedienst der Republik. So wird die Pflege in Österreich zu über 80 Prozent von Familienmitgliedern oder nahestehenden Personen übernommen. Diese Personen gilt es zu entlasten und ihre Situation zu verbessern, denn ohne das Engagement pflegender Angehörige würde das Pflegesystem zusammenbrechen. Die Bischöfe sind daher für erweiterte Entlastungsangebote, wie den Ausbau von Tageszentren oder den Anspruch auf pflegefreie Tage.
Hinsichtlich der Finanzierung ist der Pflegefonds langfristig sicherzustellen und es braucht aus Sicht der Trägerorganisationen - wie beispielsweise die Caritas - einheitliche Bedingungen für alle Pflegebedürftigen vom Burgenland bis Vorarlberg. Notwendige Verbesserungen betreffen die Weiterentwicklung des Pflegegeldes unter besonderer Berücksichtigung dementieller Erkrankungen mit entsprechenden Erschwerniszulagen oder eine individuellere Bedarfseinschätzung für Pflegegeldbezüge.
Der Blick auf pflegebedürftige Menschen macht auch sensibel für die stille Not der Einsamkeit, die sich in der Corona-Krise deutlich verschärft. Einsamkeit macht krank und Jung und Alt können davon betroffen sein. Wir Bischöfe sind daher für einen Pakt gegen Einsamkeit und die Kirche kann dafür selbst viel einbringen. Einsamkeit ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, der wir uns alle stellen müssen. Wer den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken will, muss die Einsamkeit in unserem Land bekämpfen.