Franz Grabenwöger, von 1975 bis 1986, Sekretär von Kardinal König, erhielt 1984 den Titel „Monsignore“: Hier bei der Überreichung durch den Kardinal in der Andreaskapelle des Palais.
Franz Grabenwöger, von 1975 bis 1986, Sekretär von Kardinal König, erhielt 1984 den Titel „Monsignore“: Hier bei der Überreichung durch den Kardinal in der Andreaskapelle des Palais.
Msgr. Franz Grabenwöger war ab 1975 elf Jahre lang Sekretär von Kardinal König. Er lernte dessen „große Fragen und Anliegen“ ebenso kennen wie die Sorgen, Freuden und Kraftquellen.
Im SONNTAG schildert Franz Grabenwöger Erinnerungen an diese Zeit, in die er als junger Priester „vom Land“ zunächst mit gemischten Gefühlen hineinging.
Am Fronleichnamstag 1975 hatte ich ein Gespräch in Wien mit Kardinal König. Sekretär Anton Berger wollte sich verändern und hat mich, seinen Jahrgangskollegen, als Sekretär und Zeremoniär vorgeschlagen.
Mit gemischten Gefühlen saß ich dem Erzbischof gegenüber. Ich hatte mir einige Fragen überlegt, warum ich mich außer Stande sähe, in dieses Amt einzusteigen: Ich hatte keine Ahnung von Liturgie, Sekretariatsarbeit und anderen damit verbundenen Tätigkeiten.
Der Herr Kardinal widerlegte mir eine Frage nach der anderen: Das kann man lernen, da gibt es Mitarbeiter usw. Als er mir von seiner Raxpartie am Tag vorher für den ORF erzählte (ich denke, es war zu seinem 70. Geburtstag), habe ich „ja“ gesagt.
Der Wechsel vom Land in die Stadt fiel mir schwer – die laute Wollzeile war mein Quartier nach den ruhigen ländlichen Posten (Kaplan in Oberaspang und Studienpräfekt in Sachsenbrunn). So begannen meine erlebnisreichen und wertvollen Jahre in der Nähe des Erzbischofs von Wien.
Interessant waren immer wieder die Kontakte mit dem „Volk“, der Erzdiözese und mit den „Großen“ aus Politik, Gesellschaft und Kirche. Etwa die Ostkontakte des Kardinals – Besuche in Prag, Esztergom und Split, die Reisen mit ihm ins Heilige Land mit dem Besuch des Katharinenklosters am Sinai, dem Gespräch mit dem Bürgermeister von Jerusalem, Teddy Kollek oder dem Oberrabbiner der Heiligen Stadt.
In besonderer Erinnerung ist mir das Konklave zur Papstwahl 1978. Als Kardinal König von diesem wichtigen Romtermin wieder heimkam, entdeckten wir im umfangreichen Gepäck einen Messtext für das Konklave mit einer handschriftlichen „Stricherlliste“. Gott sei Dank war nicht erkenntlich, wo der Herr Kardinal mitgezählt hat.
Kardinal König hat immer wieder davon gesprochen, dass er unmittelbar vor der Wahl mit Kardinal Wyszynski ins Gespräch kam und einen „polnischen Kardinal“ als Kandidat vorschlug.
Worauf Wyszynski antwortete, er sei schon zu alt! König erwiderte: „Es gibt doch einen zweiten Kardinal von Polen.“
Ein besonderer Höhepunkt war der erste Papstbesuch in Österreich durch Johannes Paul II. im Anschluss an den Österreichischen Katholikentag 1983.
Was mich persönlich bewegt hat in dieser Zeit waren die Höflichkeit und die vorsichtigen Fragen: Haben Sie noch Zeit für diese oder jene Autofahrt oder für notwendige Dienste außerhalb der normalen Arbeitszeit?
Beeindruckend war für mich auch das angebotene Du-Wort in späteren Jahren. In seiner aktiven Zeit waren nicht einmal alle Bischöfe Österreichs untereinander per Du: Über dem Arbeitsplatz der Sekretärin hing ein Foto mit einigen Bischöfen, die nach Exerzitien bei P. Lombardi zum gegenseitigen Du-Wort verpflichtet worden waren.
Innige Freundschaften verband Kardinal König mit Karl Berg, dem Erzbischof von Salzburg und seinem langjährigen Koadjutor Franz Jachym. Von Kindheit an befreundet war er mit Mutter Elmara Schnabl, Generaloberin der Vöcklabrucker Schulschwestern, einem „Nachbarskind“aus seinem Heimatort Warth. Richard Barta, Erich Leitenberger sowie Anton Fellner vom ORF zählten ebenso zu seinem Freundeskreis wie Einzi und Robert Stolz, Prälat Leopold Ungar und Msgr. Hugo Unterberger. Ein gern gesehener Gast in der Wollzeile war zudem der „Lebensretter“ nach dem schweren Autounfall bei Varaždin 1960, Dr. Vahtaric.
Kraft für die tägliche Arbeit holte sich Kardinal König aus den Messfeiern in der Andreaskapelle mit anschließender Anbetung bzw. Stundengebet wechselweise in den ihm geläufigen Sprachen Latein, Französisch und Englisch und gelegentlich auch im Gebet in der Hauskapelle unmittelbar neben den Audienzräumen.
Der Kardinal betrieb gerne Sport, vor allem Schwimmen und Tischtennis, das er besonders liebte. Er machte fast wöchentlich eine Wandertour auf den Kahlenberg. Die Urlaubswochen verbrachte er in Vorarlberg und Mariazell.
Der Priestersprechtag am Donnerstag war die einfachste Möglichkeit, mit dem Oberhirten ohne Anmeldung zu sprechen. Stets begleitete den Kardinal die Sorge für die kranken Mitbrüder in den Spitälern, die zumindest einen Telefonanruf bekamen.
Mit Sorge sah er auch die steigende Zahl der Kirchenaustritte. Im Schematismus entnahm er immer wieder die Katholikenzahl dieser oder jener Pfarre. Darauf ging er zumindest öffentlich in der Sitzung des PGR (und ich nehme an, auch im persönlichen Gespräch mit dem Seelsorger) sehr besorgt ein und erbat Lösungsvorschläge.
Bemerkenswert war sein Umgang mit Laien bei den Pfarrbesuchen, angefangen von den oft mühsamen Gesprächen mit den Pfarrgemeinderäten in Abwesenheit des Pfarrers bis zu seiner Schlagfertigkeit bei ungewöhnlichen Anfragen. Um mit gutem Beispiel voranzugehen, hat der Kardinal eine vietnamesische Flüchtlingsfamilie bei sich aufgenommen (siehe Der Kardinal und „seine“ Vietnamesen).
Auf die heutige Flüchtlingssituation in Österreich angesprochen, kann ich mir gut vorstellen, dass er ähnlich wie Papst Franziskus sichtbare Zeichen setzen würde wie Lagerbesuche und Lob den Pfarren, die Familie aufnehmen, aussprechen würde.
Betroffen habe ich 2004 einige Zeit an der Totenbahre des Verstorbenen in St. Stephan gestanden und daheim in der Pfarre Krumbach eine Totenandacht gehalten mit persönlichen Erinnerungen meinerseits und durch Pfarrmitglieder, die mit dem Verstorbenen auf verschiedene Weise verbunden waren.
Das Bild vom Stephansdom mit seiner Widmung zum Dank für „gemeinsame Jahre im Stephansdom“ hängt bis heute in allen meinen nachfolgenden Wohnungen.
Kardinal König war für mich und viele andere Menschen der „Lebensmensch“.
zur Person
Msgr. Franz Grabenwöger, 76, lebt als Pfarrer i. R. in Krumbach. Er war auch im Canisiuswerk in bedeutender Funktion sowie Rektor im Seminar Hollabrunn.
Serie
"Kirche in bewegten Zeiten": Die Erzdiözese Wien unter Kardinal König; 1956 bis 1985.
Folge 1:
Es begann, als es noch kein Fernsehen gab von: Der SONNTAG / Michael Prüller
Folge 2:
Der richtige Mann zur richtigen Zeit von: Der SONNTAG / Annemarie Fenzl
Folge 3:
„Die gesamte Diözese reflektierte das Konzil“ Gespräch mit Emer. Univ. Prof. Josef Weismayer,
erstellt von: Der SONNTAG / Agathe Gansterer
Folge 4:
„Viele unterschätzen die Bedeutung des 68er Jahres“ - Interview mit Pastoraltheologe Paul M. Zulehner, erstellt von: Der SONNTAG / Agathe Gansterer
Folge 5:
"Ich bin der Bischof aller Katholiken" - Prof. Erich Leitenberger erzählt über die Neugestaltung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche.
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50 Jahre 2. Vatikanisches Konzil
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Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien