Der imposante Innenraum der neugotischen Votivkirche in Wien.
Der imposante Innenraum der neugotischen Votivkirche in Wien.
In der Erzdiözese gibt es in den drei Vikariaten je eine Propstpfarre, deren Seelsorger einst nur auf Vorschlag des Monarchen ernannt werden konnte. In allen drei Fällen ging es bei der Ernennung ums Geld – wenn auch aus sehr unterschiedlichen Motiven.
Das Bistum Wiener Neustadt bestand von 1469 bis 1785.
Dann wurde es durch Kaiser Joseph II. und Papst Pius VI. aufgehoben und an seiner Stelle in St. Pölten ein Bistum für die beiden westlichen Landesviertel Niederösterreichs errichtet.
Sitz des neuen Bistums wurde das aufgehobene Augustinerchorherrenstift St. Pölten.
Der letzte Propst („Vorsteher“) dieses Stiftes, Ildefons Schmidbauer, wurde im Gegenzug Pfarrer der bisherigen Dompfarre Wiener Neustadt. Natürlich wurde er weiter als „Propst“ angesprochen.
Pfarrer Schmidbauer starb 1791. Anlässlich der Wiederbesetzung der Pfarre verlieh Kaiser Leopold II. – er war als Landesfürst nun der Patron der Dompfarre Wiener Neustadt – 1792 der Pfarre die Propsteiwürde (wohl auch ein wenig als Ausgleich für den verlorenen Bischofssitz).
Seither heißt sie also „Propstei- und Hauptpfarre“ und kann 2017 das Jubiläum „225 Jahre Propsteipfarre“ feiern.
Der Grund für den Bau der Votivkirche in Wien war ein blutiger – die Erhebung zur Propsteikirche hatte allerdings wieder finanzielle Gründe: Am 19. Februar 1853 verübte der ungarische Anarchist Johann Libenyi einen Mordanschlag auf den 23jährigen Kaiser Franz Josef, der allerdings fehlschlug.
Einige Tage darauf erließ dessen Bruder, Erzherzog Max Ferdinand, einen Aufruf an die österreichischen Völker zur Errichtung einer Gedächtniskirche.
Schon zwei Jahre später wurde am 2. Jahrestag der Vermählung des Kaisers der aus „dem Felsen Jerusalems geschlagene“ Grundstein gelegt.
Die nach einem Entwurf von Heinrich von Ferstel – der auch die benachbarte Universität plante – erbaute Votivkirche wurde am 24. April 1879, dem 25. Hochzeitstag von Kaiser Franz Joseph und Elisabeth, feierlich geweiht.
Sie sollte aber nicht nur als Garnisonskirche für militärische Feiern bzw. als Universitätskirche zur Verfügung stehen. Deshalb wurde sie 1880 auch zur Pfarre und durch Papst Leo XIII. zur Propstei erhoben.
Auf Vorschlag des damaligen Kardinals Kutschker allerdings mit der Einschränkung, dass der jeweilige Propstpfarrer ein Domherr des Domkapitels von St. Stephan sein muss.
Kutschker war seit 1857 Ministerialrat im Ministerium für Kultus und Unterricht gewesen und wusste, dass es sehr schwierig war, dem Religionsfonds alle Kosten für die Besoldung der Seelsorger einer neuen Pfarre zuzuweisen.
Mit dem Vorschlag, jeweils einen Domherrn, der als solcher ohnehin schon ein Einkommen bezog, zum Pfarrer der Propsteipfarre an der Votivkirche zu ernennen, blieben für den Religionsfonds nur mehr die Gehälter für die Kapläne („Kooperatoren“).
Erst 1946 wurde diese Einschränkung aufgehoben, die „Pontifikalien“ (Mitra, Brustkreuz, Ring und Stab), die dem ersten Propstpfarrer Gottfried Marschall erstmals verliehen wurden, wanderten jedoch erst später Stück für Stück in die kirchliche Schatzkammer.
Erster Propstpfarrer der kleinen Weinviertler Pfarre Staatz wurde 1766 Hieronymus von Colloredo, der damals auch Bischof von Gurk war.
Patron der Pfarre und Besitzer der Herrschaft Staatz war zu dieser Zeit just dessen Vater, Rudolf, Reichsfürst von Colloredo und Besitzer zahlreicher weiterer Herrschaften.
Dieser ehrgeizige Adelige hatte als Österreichs Vizekanzler und Du-Freund des späteren Kaisers Franz I. durchgesetzt, dass sein Sohn Hieronymus bereits im Alter von 15 Jahren vom Papst zum Kanonikus von Salzburg (später auch Passau und Olmütz), mit 30 durch Kaiserin Maria Theresia zum Bischof von Gurk und mit 40 Jahren zum Erzbischof von Salzburg gewählt wurde.
Schon 1763 betrieb sein Vater das Projekt, die an Pfründen reiche Pfarre Staatz, für die er seinen Sohn als Pfarrer vorgesehen hatte, zu einer Propsteipfarre erheben zu lassen.
Trotz des anhaltenden Widerstandes durch das Passauer Konsistorium in Wien (das Weinviertel gehörte ja bis April 1785 zur Diözese Passau) erreichte der ehrgeizige Vater sein Ziel: die Erhebung von Staatz zur Propsteipfarre. –
Gut in Erinnerung ist den Staatzern allerdings ein anderer Geistlicher, der hier gleich zu Beginn seiner Kaplanszeit mehr als zwei Jahre lang als Seelsorger wirkte: Prälat Ignaz Seipel, der spätere Obmann der Christlichsozialen und zweifacher Bundeskanzler der Ersten Republik.
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Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien