Die Stiftskirche in Klosterneuburg: Hier gibt es viel zu entdecken, wenn man sich die Zeit nimmt, ganz genau zu schauen.
Die Stiftskirche in Klosterneuburg: Hier gibt es viel zu entdecken, wenn man sich die Zeit nimmt, ganz genau zu schauen.
Ein Neunjähriger entdeckt gemeinsam mit seiner Mama, Redakteurin Andrea Harringer, verschiedene Plätze in der Erzdiözese Wien. In dieser Woche geht es in das Stift Klosterneuburg.
Klosterneuburg an einem sonnigen Freitagvormittag: Die Stiftskirche steht heute auf unserem Programm. Tobias hat dieses Ziel selbst vorgeschlagen.
Vergangenen November nämlich hat er als Ministrant bei der Ministrantenwallfahrt die Stiftskirche kennengelernt – jetzt will er wissen, wie das Stift im Sommer aussieht.
Von Heiligenstadt aus fahren wir direkt bis Klosterneuburg-Weidling. Ein schmaler Weg und einige Stufen führen uns direkt hinauf zum Stift. Dass das große Tor der Stiftskirche verschlossen ist, erstaunt mein Kind. Ist er da doch bei der Ministrantenwallfahrt noch gemeinsam mit hunderten anderen Ministranten eingezogen.
Aber die für „normale Tage“ übliche Eingangstür ist schnell gefunden. „Klein, aber sehr schön“, sagt mein Sohn.
Schön? Ich schaue genauer, um zu sehen, was er sieht und tatsächlich hat er recht: Das Tor, das in die Stiftskirche hineinführt ist aus Holz, Butzenscheiben statt einfachem Glas steckt in den Türflügeln und auch das schmiedeeiserne Gitter ist einen zweiten Blick wert. 40 kleine Kreuze zählt mein Sohn.
Hinter der Tür stehen wir nicht gleich im Hauptraum der Stiftskirche, sondern in einer Art Kapelle. Besonders die Malerei hier fasziniert mein Kind. „So viel Gold, so viele Farben und so viele verschiedene Muster“, freut er sich: „Als hätte es demjenigen, der das gemalt hat, so richtig Freude gemacht, es zu tun.“ Ich muss lächeln über diesen schönen Gedanken, dass der Maler die Arbeit hier genossen haben könnte.
„Wer ist der Heilige da?“, fragt Tobias. „Ich weiß es leider nicht“, muss ich gestehen: „Aber ich werde mich schlau machen, mein Schatz. Ich denke, es könnte der hl. Augustinus sein – so mit Bischofsmütze, Buch und Feder.“ „Und das wäre hier im Augustinerstift ja auch noch sehr passend“, sagt Tobias: „Wenn gerade er die Menschen am Eingang der Stiftskirche begrüßen würde.“
Wir gehen weiter, durch die nächste Tür. Jetzt stehen wir im Hauptraum der Kirche. „So still kann es hier also sein“, schmunzelt Tobias wohl in Erinnerung an das letzte Mal, als er bei der Ministrantenwallfahrt hier war.
Ein schmiedeeisernes Tor macht es uns unmöglich, weiter in die Kirche hinein zu gehen. Dass immer mehr Kirchen so eine Absperrung haben, ist für Tobias nichts Neues mehr und er weiß, warum das manchmal notwendig ist. „Lieber wäre es mir trotzdem, wenn es anders wäre“, sagt er.
Das, was Tobias mir heute hier aber ganz besonders dringend zeigen will, kann er mir auch so zeigen, mit Gitter, nämlich, wo er bei der Ministrantenwallfahrt gesessen ist.
Auch wo er mit seinen Freunden aus der Pfarre und den Ministrantenleitern gerne beim nächsten Mal sitzen würde, zeigt er mir. „Weißt du Mami, so viele Ministranten auf einem Haufen, das ist schon etwas ganz Besonderes“, sagt er dann: „So feierlich, aber auch lustig.“
Einmal mehr erzähle ich ihm, dass sein Papa und ich vor gut 20 Jahren auch mit unseren Ministranten auf Wallfahrt hier waren und wie sehr wir es genossen haben – zuerst die Messe und dann noch der Rundgang am Leopoldi-Kirtag. Manche Ministranten von damals sind heute Tobias Ministrantenleiter.
Aber egal. Weg von der Vergangenheit in die Gegenwart. Was gibt es denn hier in der Stiftskirche noch zu sehen. Tobias lockt natürlich wieder weniger das Offensichtliche.
„Schau, da ist noch eine Tür“, sagt er und zieht mich hinein in eine weitere Kapelle an der Seite. Der mit blauen Säulchen verzierte Tabernakel gefällt Tobias auf Anhieb und die Figur, die auf dem Türchen zu erkennen ist: Jesus als der gute Hirte.
Wir verlassen die Stiftskirche wieder – es geht zurück nach Hause. Bevor wir wirklich den Stiftsplatz verlassen, inspiziert mein Sohn noch genau die beiden Kirchtürme. Ist ein Kreuz oben drauf? Oder ein Wetterhahn? „Schön wars“, sagt Tobias dann: „Ich freu‘ mich jetzt schon auf die nächste Ministrantenwallfahrt und wenn mir kalt ist, werde ich ganz fest daran denken, wie heiß mir heute war und dann ist mir bestimmt gleich viel wärmer.“
Im Anschluss an die Stiftskirche lohnt es sich übrigens mit Kindern auch noch die Schatzkammer des Stiftes zu erkunden.
Die bietet eine Menge sehenswerter Ausstellungsstücke und auch die Möglichkeit für Kinder, die Materialien, die für die Schmuckstücke verwendet worden sind, anzugreifen.
Artikel der Serie:
Teil 1 der Serie: Schau doch mal! Da!
Teil 2 der Serie: Ruprechtskirche
Teil 3 der Serie: Von Bullaugen, sichtbaren Glocken und einer Arche Noah
Teil 4 der Serie: So viel Leben am Zentralfriedhof
Teil 5 der Serie: Wir sind dann mal geocachen
Teil 6 der Serie: Die andere Seite einer Erzählung
Teil 7 der Serie: Schatzkiste Stephansdom
Teil 8 der Serie: Nach Klosterneuburg - einmal nicht zur Ministrantenwallfahrt
Teil 9 - Ende der Serie: Ein Sommer voller Einblicke
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