Innsbrucker Bischof appelliert nach Besuch sozial-karitativer Projekte von Ortskirche in Region Lemberg: In vielfältiger Hilfe für vom Krieg betroffene Menschen "nicht müde werden". Österreichische Bischöfe wollen karitative Initiativen in Zusammenarbeit mit Hilfswerken und Ordensgemeinschaften weiterhin beherzt unterstützen.
Zur weiteren Stärkung der vielfältigen Hilfe aus Österreich für die vom Krieg betroffenen Menschen in der Ukraine hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler zum Abschluss eines mehrtägigen Solidaritätsbesuchs im Westen der Ukraine aufgerufen. Die Kirche in und um Lemberg betreibe mit beeindruckender Kreativität zahlreiche sozial-karitative Projekte, "die das Beste aus der schwierigen Situation machen und den Menschen Mut vermitteln", resümierte Glettler am Mittwoch, 3. Juli 2024 . Ausdrückliches Ziel seiner Reise sei es gewesen, "mit möglichst vielen Menschen, einfachen Gläubigen und kirchlichen Verantwortungsträgern Trauer und Zuversicht zu teilen."
Die Ukraine verteidige mit größter Anstrengung die Werte einer freien und demokratischen Gesellschaft, so Glettler weiter. Nach Österreich nehme er von seinem Besuch die Bitte mit, in den vielfältigen Kooperationen "nicht müde zu werden" - sei es über die Caritas in den Diözesen, über das Ordinariat der Ostkirchen in Wien oder über eigenständige Initiativen in den österreichischen Bundesländern. Die Menschen müssten in der aktuellen Bedrängnis die Gewissheit haben, dass sie nicht vergessen werden. Während seiner am vergangenen Freitag begonnenen Solidaritätsreise war der Innsbrucker Bischof vom Wiener Ostkirchen-Generalvikar Yuriy Kolasa begleitet worden.
Vor Ort sprach Bischof Glettler unter anderem mit dem römisch-katholischen Erzbischof von Lemberg, Mieczyslaw Mokrzycki. Dieser betonte, wie wichtig es sei, die schon laufenden Hilfsprojekte zu stärken. Diese umfassen Rehabilitationsmöglichkeiten, zahlreiche Angebote zur medizinischen und psychischen Versorgung von Verletzten und Traumatisierten sowie Aktionen für Kinder und Familien.
Glettler versicherte, dass die österreichischen Bischöfe in Zusammenarbeit mit Caritas, dem Hilfswerk Kirche in Not, den Vinzenzgemeinschaften und einigen Ordensgemeinschaften die karitativen Initiativen weiterhin beherzt unterstützen wollen. Ein Zeichen dafür ist auch eine besondere Einladung an Caritasmitarbeiter aus den südöstlichen Gebieten der Ukraine. Rund 40 von ihnen kommen im Herbst auf Einladung der Österreichischen Bischofskonferenz für eine Zeit zur Reha und allgemeinen Erholung nach Wien.
Wie prekär insbesondere auch die Situation der Menschen in der Ostukraine ist, wurde auch im Gespräch mit Weihbischof Jan Sobilo aus der Diözese Charkiw-Saporischschja deutlich, berichteten Glettler und Kolasa. Die Infrastruktur ist nahezu gänzlich zerstört, was eine unabsehbare Katastrophe für die kältere Jahreszeit bringen wird. Sorgenvoll blickt Sobilo auch auf die Situation um das Atomkraftwerk Saporischschja.
Gläubige aller Konfessionen fänden in der Liturgie und im gemeinsamen Gebet Zuflucht, schilderte der Weihbischof, der sich im Gespräch auch dankbar über die jüngste Freilassung der ukrainischen griechisch-katholischen Redemptoristen P. Ivan Levytskyj und P. Bohdan Heleta aus russischer Gefangenschaft äußerte. Beide hätten ein Beispiel für Mut und Glaubensstärke gegeben, das für die Menschen im Elend des Kriegsalltages enorm wichtig sei, so Weihbischof Sobilo.
Zum Abschluss ihres Solidaritätsbesuches zeigten sich Bischof Glettler und Ostkirchen-Generalvikar Kolasa gegenüber Kathpress beeindruckt vom sozialen Engagement und Zusammenhalt der Ukrainerinnen und Ukrainer in der Not des Krieges. Auf dem Programm standen unter anderem Begegnungen in Sozialeinrichtungen der Griechisch-katholischen Kirche und der Römisch-katholischen Kirche und Besuche bei kriegsvertriebenen ukrainischen Familien, die in der Westukraine Zuflucht gefunden haben. In der Stadt Nowojaworiwsk weihte der Innsbrucker Bischof am Wochenende den neuen Glockenturm einer örtlichen Pfarrkirche mit drei neuen Glocken, die in der Innsbruck Glockengießerei Grassmayr gefertigt wurden. Wirklich beeindruckend war für Glettler, dass im Erdgeschoss des Glockenturms Räume für Beratung und Counceling eingerichtet wurden.
Die Lebendigkeit der Ortskirche selbst in Kriegszeiten verdeutlichte auch der Besuch im Priesterseminar, wo über 150 Seminaristen studieren, und der Universität der griechisch-katholischen Kirche in Lviv. Es handelt sich dabei um die erste katholische Universität einer Ostkirche auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Am Uni-Campus fände zahlreiche Veranstaltungen zu den aktuellen Themen der Zeit statt; die Hochschule mit mehreren Fakultäten habe für Lviv wesentliche Bedeutung, berichteten Glettler und Kolasa.
Abschließende Programmpunkte der Solidaritätsreise von Bischof Glettler waren die Besichtigung eines pfarrlichen Sozialzentrums, das sich schwerpunktmäßig um die Betreuung von Jugendlichen mit vielfältigen Beeinträchtigungen kümmert sowie ein Besuch im "Haus der Barmherzigkeit" von Lviv. Die Weihbischof Wolodymyr Hruza unterstellte Einrichtung habe ihn zutiefst bewegt, so Glettler, der auch österreichischen "Familienbischof" ist. In dem Haus wird nicht nur die Betreuung von Waisenkindern in der gesamten Region von Lemberg koordiniert, sondern auch zahlreichen Begegnungen und Events mit Kindern und Familien Platz geboten, die aus den Kriegsgebieten vertrieben wurden. Zusätzlich wird ein eigener Kindergarten mit besonderer psychologischer Begleitung geführt sowie ein eigenes Beratungs- und Therapiezentrum für Eltern betrieben. Selbst KOPA, die bereits international erfolgreiche Fußballmannschaft von Waisenkindern, ist im Haus beheimatet.