Seit Jahren ist Manuel Baghdi als Flüchtlingsbetreuer im Verein Bewegung Mitmensch – Maria Loley tätig.
Seit Jahren ist Manuel Baghdi als Flüchtlingsbetreuer im Verein Bewegung Mitmensch – Maria Loley tätig.
Manuel Baghdi, Flüchtlingsbeauftragter des Wiener Erzbischofs: "Europa braucht eine humane EU-weite Flüchtlingspolitik, es darf nicht alles an ein paar Ländern hängen bleiben".
Die gegenwärtige Krise bei der Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen in Europa kann nur auf internationaler Ebene gelöst werden. Das betonte der gebürtige Syrer und Flüchtlingsbeauftragte von Kardinal Christoph Schönborn, Manuel Baghdi. "Europa braucht eine humane EU-weite Flüchtlingspolitik, es darf nicht alles an ein paar Ländern hängen bleiben", so Baghdi am Dienstag, 18. August 2015 in einem Interview mit der "Wiener Zeitung". Zur Zeit fehle dazu "der Wille bei der politischen Führung".
Baghdi, ein Christ, ist 1989 aus Syrien nach Österreich geflohen. Er engagiert sich seither im Verein "Bewegung Mitmensch - Maria Loley" für Menschen auf der Flucht.
Der Flüchtlingsbeauftragte plädiert für eine nachhaltige Lösung, die den "Kern des Problems und nicht nur die Schale" behandelt. Innenpolitische Debatten in den europäischen Ländern alleine reichten nicht aus. Es brauche vielmehr die direkte Hilfe vor Ort, "in den Lagern im Libanon oder in Jordanien".
Manuel Baghdi spricht sich für Auffanglager aus, "sofern sie vom UNHCR oder von NGOs geleitet werden". So könne vor Ort festgestellt werden, "wer am meisten Hilfe braucht beziehungsweise in größter Gefahr ist". Diese Menschen sollte man "dann durch humanitäre Korridore nach Europa bringen". Das würde auch europäische Länder entlasten, "damit könnte man sich das ersparen, was jetzt in Traiskirchen passiert", so Baghdi.
Die aktuelle innenpolitische Debatte und das Vorgehen der Politik mache, so der Asylexperte, einen "fehlenden Willen in der Spitzenpolitik" sichtbar. Seine jahrelange Erfahrung mit Beamten habe gezeigt: "Das sind Menschen wie Sie und ich, die sich bemühen und halt manchmal auch überfordert sind. Aber an denen liegt es nicht, sondern an den Spitzenpolitikern." Der Unterschied zu früheren Flüchtlingswellen bestehe darin, "dass die Bereitschaft der Politiker, eine Lösung zu finden, heute geringer ist als damals".
Grundsätzlich sehe er aber, "dass wir nicht alle ungeschaut aufnehmen können". Die Trennung zwischen "echten" Flüchtlingen und Wirtschaftsflüchtlingen mache Sinn. "Wenn jemand in einer solchen Krise die humanitäre Hilfe ausnutzt, finde ich das unerträglich. Wir sind ein Rechtsstaat und müssen das Sozialsystem vor Missbrauch schützen, gerade in Krisenzeiten, in denen wir jede Kraft benötigen." Andererseits sei auch jeder zu verstehen, der nach Europa flüchten wolle, wenn man nur die schlechte humanitäre Lage im Libanon, in Jordanien und in der Türkei bedenke.