Seit mehr als drei Wochen ist Waleed auf der Flucht. Der aus dem syrischen Homs stammende Volksschullehrer freut sich, im Notquartier der Erzdiözese Wien am Stephansplatz im „Club Stephansplatz 4" zur Ruhe kommen zu können.
Seit mehr als drei Wochen ist Waleed auf der Flucht. Der aus dem syrischen Homs stammende Volksschullehrer freut sich, im Notquartier der Erzdiözese Wien am Stephansplatz im „Club Stephansplatz 4" zur Ruhe kommen zu können.
Der Syrer Waleed verbrachte mehrere Nächte im Notquartier der Erzdiözese Wien am Stephansplatz 4. Gegenüber erzdiözese-wien.at schildert er die dramatischen Hintergründe und Umstände seiner Flucht.
Seit mehr als drei Wochen ist Waleed auf der Flucht. Der aus dem syrischen Homs stammende Volksschullehrer entschloss sich aufgrund der gefährlichen Situation in seiner Heimat zu flüchten. Zwei seiner Schwestern sind nach Großbritannien geflohen, er möchte ihnen nachfolgen. Auf dem Weg dahin kam er auch ins Notquartier der Erzdiözese am Stephansplatz im Pressesaal "Club Stephansplatz 4".
"Es ist totales Chaos" bei uns in Homs, schildert der 42-jährige Waleed zu den Auswirkungen des nun seit mehr als vier Jahren dauernden Bürgerkriegs in Syrien. Homs, seine Heimatstadt liegt im Westen Syriens und ist mit ungefähr einer Million Einwohnern die drittgrößte Stadt des Landes. Hintergrund des "Chaos" ist die militärische Auseinandersetzung zwischen Truppen der Regierung von Präsident Baschar al-Assad und den Kämpfern verschiedener Oppositionsgruppen. "Es gibt keine Hoffnung, es gibt keine Träume, die Eltern haben Angst, wenn ihre Kinder zur Schule gehen, dass sie nicht mehr lebend nach Hause kommen, in dieser Angst leben wir in Syrien", schildert Lehrer Waleed.
Die Sommerferien nützte er nun, um zu flüchten. Von Syrien ging es über den Libanon in die Türkei, dann nach Griechenland und über Mazedonien, Serbien, Kroatien, Ungarn nach Österreich. Vor allem die dramatischen Umstände auf dem Boot von der Türkei nach Griechenland bleiben Waleed in ewiger Erinnerung. Mit emotionaler Stimme schildert er: "Wir haben große Todesangst gehabt, sprichwörtlich dem Tod ins Auge geblickt, wir sind übereinander gelegen, sonst wäre in dem Boot kein Platz für uns gewesen. Vorher mussten wir unsere Taschen am Ufer ablegen, da kein Platz dafür gewesen wäre. Das Boot war schwer überfüllt. Wir haben uns gesagt: 'Wenn es sein sollte, ertrinken wir lieber, als in Syrien zu sterben'." Dabei war es schon vorher sehr schwierig aus Syrien zu flüchten.
Waleed und ein Freund nützten dabei die Dienste von Schleppern: "Wir haben sie nicht gesucht, sondern sie haben uns angesprochen. Was für sie wirklich zählt, ist das Geld. Es wird immer gewechselt, damit die Identität der Schlepper unbekannt bleibt." Für Waleed war das Wichtigste, das Boot von der Türkei nach Griechenland zu erreichen. Die Passage vom türkischen Bodrum auf die griechische Insel Kos beträgt zwar nur fünf Kilometer, aber durch die zu überfüllten Boote herrscht große Gefahr. "Mir bleibt eine Mutter in Erinnerung, die ihr Kind vor dem Einsteigen ins Boot umarmt und geküsst hat, weil sie nicht wusste, ob die Bootfahrt gut endet", schildert Waleed. Erst vor wenigen Wochen machte ein auf sozialen Netzwerken gezeigtes Foto eines kleinen Buben, der bei solch einer Überfahrt ertrank und an Land gespülte wurde, die Dramatik klar und führte zu großer Betroffenheit und Entsetzen.
Waleed unterstreicht die Freundlichkeit bei der glücklichen Ankunft in Griechenland. "Wir bekamen gleich etwas zu essen und zu trinken und auch Kleidung. Der Schlepper wurde von der Polizei dann abgeführt", erzählt er. Und er fasste auch wieder Lebensmut: "Mir war klar, jetzt fängt ein neues Leben an, nachdem ich Syrien weit hinter mir gelassen habe." Waleed hat dann auch gleich zu Hause angerufen und den Familienmitgliedern gesagt: "Sie sollen alles verkaufen und danach trachten auch zu fliehen."
Mit dem Bus ging es Tage später von Griechenland nach Mazedonien, "dort erhielten wir Verpflegung und Versorgung durch das Rote Kreuz", schildert Waleed. Weiter ging es mit dem Zug nach Serbien, weiter nach Kroatien und über Ungarn nach Österreich und Wien.
Hier imponiert Waleed "die Hilfe und Gastfreundschaft" die er erfährt. Er bekam im Club 4 auch medizinische Hilfe, da er erst vor wenigen Monaten einen Herzinfarkt hatte und ihm die Flucht körperlich sehr zusetzte. "Nach 22 Tagen kann ich zum ersten Mal in Ruhe schlafen", freut sich Waleed, dass er zu neuen Kräften kommen kann, "denn oft haben wir auf der bisherigen Flucht im Freien übernachtet". Sein Ziel ist Großbritannien, "dort leben seit sechs Monate zwei meiner Schwestern, wenn ich es nicht schaffe, komme ich nach Österreich zurück", fasst der syrische Lehrer Waleed auf seinem Fluchtweg neuen Lebensmut.
Für allgemeine Fragen zu Asylrecht, Integration und Hilfsangeboten:
www.caritas-wien.at/hilfe-angebote/asyl-integration/beratung-fuer-asylwerberinnen/