Brasilianische Jugendliche beim Weltjugendtag.
Brasilianische Jugendliche beim Weltjugendtag.
Heilfroh, hier zu sein – Heilfroh, dort gewesen zu sein! Die Erfahrungen von Wiener Priesterseminaristen in Lateinamerika führen zu einem Projekt, das den kulturellen und religiösen Kontakt mit Jugendliche aus Lateinameika ermöglicht.
Im August letzten Jahres brach ich als einer von sechs Wiener Seminaristen nach Brasilien auf. Zum Weltjugendtag in Rio de Janeiro. Es war eine grandiose Erfahrung, diese Tage unter Millionen von frohen Gläubigen aus der ganzen Welt zu verbringen. Hier eine Gruppe mit Trommeln und Trompeten aus Afrika, dort eine Gruppe aus Tahiti, gefolgt von Indern, Japanern, Spaniern, Chinesen… – und natürlich Scharen von Brasilianern, die tanzend und feiernd dem großen Strom der Pilger zum Papsttreffen folgten.
In diesen Tagen durfte ich erfahren, wie bunt und lebendig die Kirche Jesu Christi ist und was für eine Vielfalt in dieser einen Kirche steckt. Auf der Copacabana angekommen, schlug eine Gruppe einer Pfarre aus Belo Horizonte – einer Stadt, die ca. 500 km nördlich von Rio liegt – direkt neben uns ihr Lager auf. Obwohl keiner den anderen so richtig verstehen konnte, kamen wir schnell ins Gespräch und hatten eine tolle Zeit miteinander. Sie war voll von Freude, Geschichten und gemeinsamem Gebet. Der Höhepunkt dieses Tages war natürlich die Hl. Messe mit Papst Franziskus. Nach diesem Weltjugendtag entschied ich mich dafür, in meinem Externjahr in Brasilien zu studieren. Nur wo?
Ein paar Monate später ermöglichte mir ein sehr guter Freund, noch einmal nach Brasilien zu reisen. Ich hatte damit nicht gerechnet und beschloss spontan, in den Weihnachtsferien meine neuen Bekannten in Belo Horizonte zu besuchen. Dort angekommen, war ich ziemlich schnell mit der harten Realität Brasiliens konfrontiert, über die ich mir bis dahin nur ansatzweise Gedanken gemacht habe. Ich lebte bei einer Familie in der Vorstadt. Als wir nach meiner Ankunft durch die Vorstadtstraßen fuhren, bekam ich es, ganz ehrlich gesagt, mit der Angst zu tun. Es war ganz anders als in der Touristenhochburg Rio. Das Wort „Kulturschock“ ist hier zutreffend: der laute Verkehr, die Hitze, die vielen Menschen, die chaotisch gebauten und halbfertigen Häuser, die unbekannten Gerüche, die Sprache, die ich nicht verstand. Es waren so viele ungewohnte Eindrücke, die in den ersten Stunden auf mich einprasselten, dass ich dankbar war, dass es Menschen gab, die ich kannte und die sich um mich kümmerten.
Mit meinem Portugiesisch-Wörterbuch schlug ich mich ganz gut durch und nach einigen Tagen konnte ich mich unter Zuhilfenahme von Händen und Füßen auch schon ein wenig verständigen. Das ermutigte einige Jugendliche dazu, anzufangen, Englisch zu lernen. Als wir am dritten Tag die Pfarre besuchten, kam nach der Hl. Messe der Priester auf mich zu und stellte sich als Jesuit vor. Sein Name war João. Er erklärte mir, dass es hier eine von Jesuiten geführte theologische Fakultät gäbe, die er mir gerne zeigen würde. Ich antwortete, dass sich das gut treffe, da ich ja auf der Suche nach einer geeigneten Universität war, und so hatte ich die Hochschule für mein Externjahr gefunden.
Ich bin zutiefst dankbar für die Erfahrungen, die ich in Brasilien sammeln durfte. Die Menschen dieses Landes gehen mit den meisten Dingen ganz anders um, als wir es gewohnt sind. Die Offenheit der Menschen, denen ich begegnet bin, die Jugendlichen in der Pfarre und vor allem die Herzlichkeit meiner Gastgeber haben bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Es war offensichtlich, dass sie nicht viel hatten, aber das, was sie hatten, waren sie bereit zu teilen, und gemeinsam kümmerten sie sich darum, dass ihrem Gast aus Europa nichts fehlte.
Diese kompromisslose Hilfsbereitschaft und Geduld, die Freigiebigkeit, aber vor allem die einfache Freude dieser Menschen hinterließen bei mir einen tiefen Eindruck und gaben mir zu denken.
Der zweite Kulturschock ergab sich nach meiner Rückkehr. Wien kam mir bei meiner Ankunft vor wie ein kleines Dorf. Alles verlief wieder in geordneten Bahnen. Die Straßen waren sauber, der Verkehr geregelt und es gab keine täglichen Stromausfälle und nächtlichen Schusswechsel. Und darüber war ich heilfroh! Heilfroh, hier zu sein – und heilfroh, dort gewesen zu sein!
Genauso erging es meinem Seminarkollegen Richard Hansl, der sich zur selben Zeit in Peru aufhielt. Als wir unsere Erfahrungen austauschten, war für uns klar, dass wir denen, die uns so entgegenkommend aufgenommen hatten, etwas zurückgeben wollen. So gründeten wir den Verein „cordibus unitis“. Unser Ziel ist es, den Jugendlichen aus den Pfarren, in denen wir gelebt haben, die Reise nach Wien und danach zum Weltjugendtag 2016 in Krakau zu ermöglichen.
Wir sammeln hierfür Spenden, indem wir unterschiedliche Veranstaltungen ins Leben gerufen haben. Etwa ein Adventpunsch am 12. Dezember 2014 17:00-22:00 Uhr im Wiener Priesterseminar und am selben Tag um 19:00 Uhr ein Adventkonzert.
Der gemeinnützigen Verein „cordibus unitis“ wurde von Seminaristen des Priesterseminars ins Leben gerufen, um Pfarrgruppen lateinamerikanischer Jugendlicher zu unterstützen.
Die Initiative Cordibus unitis hat sich die sozio-kulturelle Unterstützung der Lateinamerikanischen Jugend zum Ziel gesetzt. Im Zuge beruflicher Aufenthalte der Initiatoren in dieser Region zeigte sich die Notwendigkeit eines Austauschprogrammes für bedürftige Schüler und Studenten. Mangelnde finanzielle Ressourcen sind der Grund, dass es weiten Teilen der wissenshungrigen und engagierten Jugend nicht möglich ist, ihr Land zu verlassen und internationale Erfahrungen zu sammeln.
Cordibus unitis möchte die Möglichkeit schaffen durch voll finanzierte Studienreisen den Horizont maßgeblich zu erweitern, die Schönheit der europäischen Kultur zu vermitteln und primär zumindest einen zeitweiligen Ausbruch aus der Armut zu ermöglichen.
Dieser Paradigmenwechsel soll sowohl das Engagement der Jugendlichen zur Verbesserung der sozialen Umstände in ihrem Land wecken, als auch zu einer Bewusstseinsbildung für prekäre Lebensumstände außerhalb Österreichs beitragen.
Spendenkonto Cordibus Unitis
IBAN: AT031506 0009 4336 0065 BIC: OBKLAT2L