Gemeinsam mit allen österreichischen Bischöfen, Vertreterinnen und Vertretern anderer Glaubensgemeinschaften, Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Alexander Schallenberg sowie weiteren Personen aus Politik und Gesellschaft, feierte Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn im Stephansdom unter dem Zeichen des gegenseitigen Danks und Segens des Erzbischofs und seiner Erzdiözese. Es war das voraussichtlich letzte öffentliche Auftreten von Kardinal Schönborn als Erzbischof.
Predigt: unverbesserlich hoffend - grenzenloses Wohlwollen
In seiner Predigt bedankte sich Erzbischof Schönborn bei allen, mit denen er in den letzten 30 Jahren zusammenarbeiten durfte und denen er begegnet ist: „Ohne das gute, gelebte Miteinander hätte ich nie meinen Dienst tun, mein Amt aktiv ausüben können, aus dem ich mich nun bald verabschiede.“ Dankbar sei Schönborn auch für das gute Miteinander der Religionen in Österreich. Es sei wichtig, voneinander und auch von der eigenen Religion zu wissen, denn „wir geraten mehr und mehr in einen religiösen Analphabetismus.“
Dank für Flüchtlinge und den Religionsfrieden
Kardinal Schönborn blickte zurück auf seine eigene Geschichte: Als Kleinkind ist er im Herbst 1945 als Flüchtling nach Österreich gekommen und er sehe mit Dankbarkeit, „wie Jahr für Jahr Menschen - wie ich damals - hier Sicherheit, Arbeit und oft ein neues Leben finden.“ Diese Menschen brächten ihre Sprachen, Kulturen und Religionen mit. „Das Gelingen dieses Miteinanders von Eingesessenen und Dazugekommenen ist entscheidend für unsere Zukunft,“ so Schönborn weiter. Er erinnerte die Mitfeiernden daran, dankbar dafür zu sein, „dass wir in Frieden leben dürfen. Es ist keine Selbstverständlichkeit. Ein Herz für Flüchtlinge zu haben, gehört zur Menschlichkeit.“
Er empfinde am heutigen Tag einen starken Kontrast „zwischen dem freudigen Fest des Dankes, das wir feiern, und dem großen Abschied, den in unserem Land so viele Menschen meist stillschweigend von der Kirche vollziehen.“ Obwohl die katholische Kirche in Österreich schrumpfe, die Menschen ohne Bekenntnis mehr würden und andere Religionsgemeinschaften wachsen, sagen zwei Drittel der Menschen, dass sie sich wünschen, dass Österreich ein christliches Land bleibe. „Wie soll das zusammengehen?“ Und weiter: „Wird das Europa der Kathedralen ein großes Freilichtmuseum für Touristen aller Welt?“ Aber die Tatsache, dass nach dem 2. Weltkrieg der Stephansdom und kürzlich Notre-Dame wieder aufgebaut wurden, stimme ihn hoffnungsvoll.
Menschen erfahren den Ruf Gottes
Zu den Dingen, die ihm Hoffnung machten, gehöre „ein neues, stärkeres religiöses Interesse bei der jungen Generation.“ Auch er habe in der ersten Klasse Gymnasium den Ruf Gottes erfahren „Folge mir nach“. Gott ruft - das sei „die unerschöpfliche Ressource, aus der der Glaube sich in allen Generationen neu und frisch erweist. Sonst wäre er längst erloschen, an seinen Traditionen und Institutionen erstarrt und an seinem Versagen erstickt und erfroren.“
Schönborn stellte in seiner Predigt eine Verbindung zum Tagesevangelium (Mk, 2,13-17) her: Levi, ein Zöllner, folgt dem Ruf Jesu und wird in die Gemeinschaft der Jünger geführt. Schönborn betonte, dass die Jünger, die Apostel und alle Christen eine Gemeinschaft aus ganz verschiedenen Menschen seien. „In den 70 Jahren meines bewussten Lebens in der Kirche habe ich eine große Bandbreite erlebt, das spannende, oft spannungsreiche Miteinander großer Unterschiede, auch in der Kirche in Österreich, in unserer Erzdiözese Wien. Ich habe - vielleicht anders als andere - die Kirche als große Weite erlebt."
Und: „Jesus hat nicht moralisiert.“ Er habe Levi, den Zöllner nicht vorgehalten, dass er einen unmoralischen Beruf habe, sondern ein Fest mit ihm gefeiert. „Die Sünde zu benennen, ohne zu verurteilen und zu richten, das ist die tiefste Quelle der Hoffnung. Es ist wohl das, was am tiefsten ein Leben verändern kann, zur Umkehr bringt und neu macht.“
Schließlich stellte Schönborn noch die Frage „Warum bin ich auch nach 30 Jahren im Amt des Erzbischofs unverbesserlich hoffnungsvoll?“ Um dann die Antwort zu geben: „Sicher zuerst, weil ich selber erlebt habe und erlebe, dass, wie es in der Lesung hieß, das Wort Gottes lebendig ist.“
Am Ende seiner Predigt wünschte sich Schönborn, dass das gegenseitige Wohlwollen nie verloren gehe, "auch wenn wir Konflikte miteinander haben. Wenn es stimmt, dass Gott die Liebe ist, dann kann ER nur Wohlwollen sein, grenzenloses Wohlwollen."
Ansprache Bundespräsident: Schönborn als „Pontifex austriacus“
Bundespräsident Alexander Van der Bellen würdigte in seiner Ansprache den fast 30-jährigen Dienst als Erzbischof: „Gemessen an der zweitausendjährigen Geschichte der Kirche ist das eine kurze Zeit. Gemessen an der Lebenszeit eines Menschen ist das eine sehr beeindruckende Zeitspanne.“
Schönborn sei ein „Pontifex austriacus“, also ein Brückenbauer, auch zu anderen Religionsgemeinschaften: „Sie sind ein Mann des Zuhörens, des Dialogs, des Friedens.“ Van der Bellen erinnerte daran, dass sich Schönborn immer für die Menschen am Rand eingesetzt habe, besonders für Flüchtlinge. „Wann immer nötig, standen Sie auf Seite der Schwachen, der Ausgegrenzten, der Benachteiligten nicht immer zur Freude der politisch mächtigen.“
Zum Abschluss dankte Van der Bellen Schönborn für sein vielfältiges Engagement, „für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit, die Sie immer mit den staatlichen Institutionen gepflegt haben.“ „Und ich möchte Ihnen auch persönlich danken für unsere Gespräche über Gott und die Welt, wie man so sagt, etwa bei unseren vorweihnachtlichen Mittagessen unter vier Augen.“
Sendschreiben und Segen
Im Anschluss verlasen eine Vertreterin und ein Vertreter der Erzdiözese ein Sendschreiben an den Erzbischof. Darin drückte sich der große Dank der Diözese für den gemeinsamen Weg aus. „Gott hat Dich gerufen und so viele von uns hast Du gerufen – eingeladen, bestätigt, getauft, gefirmt, ermächtigt, geweiht, gesalbt. Mit Dir versuchten wir, die Welt-Muttersprache Mitgefühl zu erlernen: ein offenes Ohr und ein offenes Herz für alle zu haben, die Zuflucht suchen.“
Und sendeten den Erzbischof: „Als Katholikinnen und Katholiken der Erzdiözese Wien senden wir Dich, unseren Bischof und Bruder Christoph, in den Dienst der Mitsorge, des Zeugnisses für die Liebe Christi und wir erbitten Dir Gottes Beistand. Bitte bete weiter für uns…und wir versprechen weiter für Dich zu beten.“
Nach dem Verlesen des Sendschreibens bildeten elf Männer und Frauen aus der Diözese stellvertretend für alle, einen Kreis um den Erzbischof und segneten ihn mit den Worten: „In Weinen und Lachen, in Freude und Schmerz, in Tatkraft und Ratlosigkeit, in Kraft und Ohnmacht segne Dich Gott, der Herr.“
Über 600 Helfende
Mehr als 600 Menschen haben in den verschiedensten Bereichen wie zum Beispiel Blumenschmuck, Musik (Ein großer Chor aus 110 Erwachsenen und zwei Kinderchören), Elektrik, Ordnerdienste, Ministranten (130 Jugendliche) zum Gelingen der Feierlichkeiten beigetragen. Auch für die Agape, die im Anschluss an den Dankgottesdienst stattfand, waren zahlreiche Helfende im Einsatz. Bei Würstel, Brot und Chilli con sowie sin carne, konnten sich die Mitfeiernden stärken.
Fotos: Making of und Dankgottesdienst
Fotos vom Dankgottesdienst finden Sie hier: https://www.picdrop.com/erzdioezesewien/LD6uZcWcaz
Auch von den Vorbereitungen gibt es Fotos: https://www.erzdioezese-wien.at/unit/30jahre/fotos/fotosmakingof/gallery/10330.html
Weitere Informationen zum Dankgottesdienst finden Sie hier.
Rückfragehinweis
Dr. Michael Prüller, Pressesprecher
m.prueller@edw.or.at, 0664 515 52 58
Mag. Katharina Mayr, Presseteam
k.mayr@edw.or.at, 0676 717 78 19
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