Für eine "selbstlose" Glaubensverkündigung an Jugendliche hat sich "Jugendbischof" Stephan Turnovszky ausgesprochen. Die Frage "Was können wir tun, um die Jugendlichen kirchlich zu binden?" als Ansatz von Jugendpastoral sei zwar "verführerisch", gehe jedoch "nicht tief genug". Ausgangspunkt müsse vielmehr sein, wie es heutigen jungen Menschen geht und was sie zu einem geglückten Leben brauchen, so der in der Österreichischen Bischofskonferenz für die Jugend zuständige 47-jährige Wiener Weihbischof.
Turnovszky sieht die Gesellschaft - wie auch die Kirche - in einem Umbruchprozess. Auch unter Jugendlichen herrsche vielerorts Unsicherheit und Neuorientierung. Ihre Lebenswelt sei von großem Konsum- und Konformitätsdruck geprägt, durch den etwa suggeriert werde, ein teures Handy mache "glücklich". Zugleich scheuten heute viele Verbindlichkeit, was nicht nur der Kirche, sondern auch vielen Vereinen Nachwuchssorgen bereiteten, wies der Bischof hin.
Für die Kirche dürfe in dieser Situation nicht vorrangig sein, einen Zustand wiederherstellen zu wollen, den man in der Vergangenheit gewohnt war. Vielmehr gelte es die christliche Frohbotschaft - nämlich "vor aller Leistung trotz aller Schuld von Gott geliebt" zu sein - zu verkündigen, ohne von den Jugendlichen gleich Verbindlichkeit und Engagement zu erwarten. Turnovszky: "Ich glaube, dass die kirchliche Verkündigung gewinnen wird, wenn sie selbstlos ist" und nicht auf Mitgliederzahlen, Messbesuch, Kirchenbeitrag oder Kandidatensuche für den Pfarrgemeinderat schaut.
Dass auch "kirchendistanzierte" junge Leute dafür ansprechbar sind, erfahre er z.B. bei Schulvisitationen. Berufsschüler lägen ihm bei diesen Begegnungen besonders am Herzen, weil sie allgemein wenig Aufmerksamkeit bekämen. In ihren oft "guten und tiefen Fragen" werde oft eine Sehnsucht nach einem erfüllten und glücklichen Leben erkennbar.
Jugendliche bräuchten es laut dem Wiener Weihbischof auch, "gebraucht zu werden". Das zeige sich z.B. in der auch heuer wieder geplanten Aktion "72 Stunden ohne Kompromiss", bei der Junge in einem überschaubaren Zeitrahmen in sozialen Projekten engagiert sind und Erfahrungen in Lebensbereichen machen, die sonst vielfach jenseits ihres Horizonts liegen. "Da merkt man, Jugendliche haben wirklich eine Freude daran, sich zu engagieren, Arbeitszeit, Kraft, Energie zu schenken, weil sie - oder die meisten von ihnen - wirklich einen Beitrag zur Verbesserung der Welt leisten wollen", sagte Turnovszky. Sie bräuchten dafür "Kristallisationspunkte", die ihnen dies ermöglichen, und wo sie sich mit ihrer Haltung nicht als allein erleben.
Als Jugendbischof wolle er gerade auch das Internet weiterhin nützen, um Brücken zu Jugendlichen zu schlagen, kündigte Turnovszky an. Schon beim Weltjugendtag im Madrid im Sommer 2011 und zuletzt im Advent war er mit einem Blog auf www.jugendbischof.at präsent; da werde es sicher in geeigneter Form eine Fortsetzung geben. Für die Kirche sieht Turnovszky durchaus Chancen in den neuen sozialen Medien, viele Kirchenvertreter nützten diese auf vielfältige Weise.
Die Jugendpastoral in Österreich ist laut Turnovszky "auf einem guten Weg". Es gebe viele positive Ansätze wie die Wiener "Jugendkirche", das katholische Magazin "You!" und davon ausgehend die "Key2life"-Events, Volontariate von "Jugend Eine Welt" in den Ländern des "Südens". Aber auch der Jugendkatechismus "YouCat" stoße auf großes Interesse nicht nur bei Jugendlichen: Der Versuch, dogmatische Inhalte in einfacher Sprache zu vermitteln spreche viele an.